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Geliebte Feindin

Geliebte Feindin

Titel: Geliebte Feindin
Autoren: Julie Garwood
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Prolog
     
    England, 1802
     
    Es war nur eine Frage der Zeit, bis sich die Hochzeitsgäste gegenseitig umbrachten.
    Baron Oliver Lawrence hatte natürlich alle Vorsichtsmaßnahmen getroffen – schließlich hatte König George angeordnet, daß die Zeremonie in seinem Schloß stattfinden sollte. Lawrence spielte bis zur Ankunft des Herrschers von England die Rolle des Gastgebers, aber diese Pflicht lastete auf seinen Schultern. Der König persönlich hatte ihn mit dieser Aufgabe betraut, und Lawrence, der ihm stets loyal und treu ergeben war, hatte ohne zu zögern gehorcht. Beide Familien – sowohl die Winchesters als auch die rebellischen St. James – hatten sich heftig gegen diese Verbindung gewehrt, aber all ihre Proteste hatten den König nicht umstimmen können – seine Entscheidung stand fest. Baron Lawrence wußte um die Gründe für diesen Beschluß. Unglücklicherweise war Lawrence der einzige Mann in ganz England, der noch zu beiden Familien Kontakt hatte.
    Inzwischen war der Baron auf diese Stellung überhaupt nicht mehr stolz; im Gegenteil, er war sogar davon überzeugt, daß er deswegen auf dieser schönen Erde noch viele Schwierigkeiten zu erwarten hatte. Der König glaubte zwar, daß sich die Hochzeitsgäste anständig benehmen würden, weil die Zeremonie auf neutralem Boden stattfand, aber Lawrence wußte es besser.
    Die Männer, die ihn umgaben, waren in Mordlaune. Ein Wort im falschen Tonfall oder die geringste Unhöflichkeit konnten ein Blutbad zur Folge haben. Ein Blick in ihre Gesichter genügte, um zu erkennen, wie begierig sie darauf waren, sich gegenseitig den Garaus zu machen.
    Der in ein weißes Meßgewand gekleidete Bischof saß auf einem hochlehnigen Stuhl zwischen den beiden verfeindeten Familien. Er sah weder nach links zu den Winchesters noch nach rechts, wo die kriegerischen St. James Aufstellung genommen hatten. Sein Blick war starr geradeaus gerichtet. Um die Zeit zu überbrücken, trommelte der sauertöpfische Kirchenmann mit den Fingerspitzen auf die hölzerne Armlehne seines Stuhls. Von Zeit zu Zeit ließ er ein abgrundtiefes Stöhnen, das den Baron an ein altersschwaches, krankes Pferd erinnerte, hören, ansonsten störte nichts die unheilvolle Stille in der großen Halle.
    Lawrence schüttelte verzweifelt den Kopf. Er wußte, daß er vom Bischof keinerlei Hilfe erwarten konnte, wenn es wirklich Schwierigkeiten geben sollte. Braut und Bräutigam warteten ein Stockwerk höher in getrennten Zimmern auf die Ankunft des Königs – erst dann sollten sie in die Halle geführt oder geschleppt werden. Gott helfe den beiden, wenn in diesem Moment die Hölle losbrach!
    Es war wirklich ein schrecklicher Tag. Lawrence mußte sogar seine eigenen Wachmänner zwischen den königlichen Garden an den Wänden der Halle postieren, um die aufgebrachten Gäste im Zaum zu halten. Eine solche Maßnahme war für eine Hochzeit ebenso ungewöhnlich wie die Tatsache, daß die Gäste so schwer bewaffnet waren, als wäre diese Zeremonie eine Schlacht. Die Winchesters trugen so viele Waffen bei sich, daß sie sich kaum noch bewegen konnten. Ihre Überheblichkeit war geradezu beleidigend, und es war äußerst fragwürdig, ob sie dem König die Treue halten würden. Trotzdem konnte Lawrence die Männer nicht in Bausch und Bogen verdammen. Im Grunde fiel es ihm in letzter Zeit auch oft schwer, dem Monarchen immer seine Ehrerbietung entgegenzubringen, da seine Entscheidungen oft ausgesprochen töricht waren.
    Jedermann in England wußte, daß George den Verstand verloren hatte, auch wenn es niemand wagte, das laut auszusprechen, da man schlimme Strafen befürchten mußte. Die bevorstehende Hochzeit jedoch war Beweis genug, daß der Herrscher nicht mehr ganz bei sich war. Der König hatte Lawrence anvertraut, daß er entschlossen war, Einigkeit in seinem Reich herzustellen, und der Baron war entsetzt gewesen über diese kindische Hoffnung.
    Aber trotz seiner Verrücktheit war George immer noch der König, und die Hochzeitsgäste sollten ihm, verdammt noch mal, zumindest ein wenig Respekt erweisen, dachte Lawrence. Ihr schändliches Verhalten konnte nicht geduldet werden. Warum streichelten zwei der älteren Winchester-Onkel die Griffe ihrer Schwerter so offensichtlich, als würden sie jeden Augenblick eine blutige Schlacht erwarten? Die St. James-Krieger registrierten die Geste und traten sofort einen Schritt vor. Die meisten der St. James hatten keine Schwerter bei sich, deshalb lächelten sie nur. Lawrence
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