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Geliebte Feindin

Geliebte Feindin

Titel: Geliebte Feindin
Autoren: Julie Garwood
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machte. Die beiden Freunde waren fast gleich groß, aber Colin war schmaler gebaut – dafür konnte er, wenn es die Situation erforderte, mindestens genauso arrogant auftreten wie Nathan. Die Tatsache, daß Colin infolge eines Unfalls ein wenig hinkte, schien seine Anziehungskraft nur zu verstärken.
    Im Vergleich zu Colin war Nathan von der Natur weniger begünstigt worden. Er glich eher einem finsteren Ritter aus vergangenen Tagen als einem Adonis. Er band sein langes kastanienbraunes Haar nie im Nacken zusammen, wie Colin es zu tun pflegte, sondern ließ es auf seine mächtigen, muskulösen Schultern fallen. In seinen lebhaften grünen Augen lag meistens ein so düsterer Ausdruck, daß die Frauen ihm ängstlich aus dem Weg gingen, wenn er sie ansah.
    Für Außenseiter verkörperte Colin das Gute, während sie Nathan für einen Schurken hielten, aber in Wahrheit ähnelten sie sich in ihrem Wesen sehr. Beide waren, wenn es um ihre innersten Empfindungen ging, ziemlich verschlossen. Nathan bevorzugte die Einsamkeit und schützte sich durch sein mürrisches Auftreten vor Auseinandersetzungen und unangenehmen Erlebnissen, und Colin gab sich aus dem gleichen Grund oberflächlich.
    Colins freundliches Lächeln war ebenso eine Maske wie Nathans düsterer Gesichtsausdruck. Der Verrat, den sie erlebt hatten, hatte sie beide gleichermaßen geprägt, und sie hatten den Glauben an die hübschen Märchen von der reinen Liebe oder vom glücklichen Leben verloren. Nur Gecken und Narren glaubten an solche Hirngespinste.
    Als Nathan mit seinem üblichen finsteren Blick das Büro betrat, fand er Colin auf einem der hochlehnigen Stühle sitzend vor.
    »Jimbo hat zwei Pferde besorgt, Colin«, verkündete Nathan. »Habt ihr beide noch etwas zu erledigen?«
    »Du weißt genau, wofür wir die Pferde brauchen. Wir, das heißt du und ich, werden zum Anwesen der Winchesters reiten und einen Blick auf Lady Sara werfen. Heute nachmittag gibt die junge Lady eine Gartengesellschaft, und es herrscht sicher ein solcher Betrieb, daß uns niemand bemerkt, wenn wir uns bei den Bäumen auf dem Hügel aufhalten.«
    Nathan sah aus dem Fenster. »Nein«, entgegnete er barsch.
    »Jimbo hat ein Auge auf das Büro, während wir weg sind.«
    »Colin, es ist nicht nötig, daß ich sie vor heute abend sehe.«
    »Verdammt, du solltest sie dir wirklich vorher anschauen.«
    »Warum?« fragte Nathan erstaunt.
    Colin schüttelte den Kopf. »Damit du dich auf alles vorbereiten kannst.«
    »Aber ich brauche keine weiteren Vorbereitungen«, wehrte Nathan ab. »Alles, was getan werden mußte, ist bereits erledigt. Ich weiß, welches Fenster zu ihrem Schlafzimmer gehört, und der Baum, der direkt davorsteht, hält mein Gewicht – das habe ich selbst ausprobiert. Außerdem bin ich sicher, daß mich niemand bei dieser Aktion beobachten kann, und das Schiff ist längst abfahrbereit.«
    »Du hast also an alles gedacht, wie?«
    Nathan nickte. »Natürlich.«
    »So?« Colin grinste. »Und was ist, wenn sie nicht durch das Fenster paßt? Hast du diese Möglichkeit auch schon in Erwägung gezogen?«
    Die Frage hatte genau die Wirkung, die Colin sich erhofft hatte. Nathan starrte ihn verwirrt an und schüttelte nach einer Weile den Kopf. »Es ist ein breites Fenster, Colin.«
    »Vielleicht ist Sara noch breiter.«
    Nathan war nicht anzusehen, ob ihn diese Möglichkeit abschreckte. »Wenn das der Fall sein sollte, dann werde ich sie die Treppe hinunterrollen«, erwiderte er gedehnt.
    Colin lachte, als er sich die Szene vorstellte. »Bist du denn kein bißchen neugierig, wie sie aussieht?«
    »Nein.«
    »Aber ich bin neugierig«, gestand Colin. »Wenn ich euch schon bei euren Flitterwochen Gesellschaft leisten soll, ist es nur recht und billig, daß ich vorher erfahre, was auf mich zukommt.«
    »Du weißt genau, daß diese Reise nichts mit Flitterwochen zu tun hat«, versetzte Nathan. »Hör auf, mir auf die Nerven zu gehen, Colin. Sara ist eine Winchester, verdammt noch mal, und der einzige Grund für dieses Unterfangen ist, sie von ihren Verwandten wegzuholen und die Klauseln des Ehevertrags zu erfüllen.«
    »Ich frage mich wirklich, ob du diese Sache durchstehst«, sagte Colin. Sein breites Lächeln war einem ernsten, nachdenklichen Ausdruck gewichen. »Gütiger Himmel, Nathan, du mußt das Bett mit ihr teilen und einen Erben zeugen, wenn du jemals wieder nach England zurückkehren willst.«
    Bevor Nathan etwas darauf erwidern konnte, fuhr Colin fort: »Du bist nicht
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