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Geliebte Feindin

Geliebte Feindin

Titel: Geliebte Feindin
Autoren: Julie Garwood
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inoffizieller Anführer, hatte seine Tochter abgeschüttelt, und befand sich aber gleich darauf in einem Kampf um etwas, das wie eine alte Pferdedecke aussah – und er verlor die Schlacht.
    Baron Lawrence riß der Geduldsfaden, er zog die holde Braut an sich und hob sie auf seine Arme, denn zerrte er dem Earl die Decke aus den Händen und marschierte auf Nathan zu. Ohne Umschweife schob er das Mädchen und die Decke in die Arme des Bräutigams.
    Während sich Nathan klarzuwerden versuchte, was er von der Situation halten sollte, bemerkte Sara, daß ihr Vater auf sie zuhumpelte. Blitzschnell schlang sie die Arme um Nathans Hals und legte die Decke um ihn. Sie spähte über seine Schulter, um festzustellen, ob ihr Vater sie einzufangen versuchte. Nachdem sie sich Gewißheit verschafft hatte, daß sie in Sicherheit war, schenkte sie dem Fremden, der sie in den Armen hielt, ihre volle Aufmerksamkeit. Sie starrte ihn lange an.
    Der Bräutigam stand stocksteif da. Er fühlte ihren Blick auf seinem Gesicht, wagte aber nicht, ihn zu erwidern. Er hatte keine Ahnung, was er tun würde, wenn sie sich entschließen sollte, auf ihn einzuschlagen. Nach kurzer Überlegung kam er zu dem Schluß, daß er jede Verlegenheit, in die sie ihn bringen mochte, ertragen mußte. Schließlich war er ein Mann und seine Braut noch ein Kind.
    Nathan hielt seinen Blick auf den König gerichtet, bis Sara Nathans Wange berührte. Schließlich drehte er sich um und schaute sie an. Sie hatte die strahlendsten braunen Augen, die er je gesehen hatte. »Papa möchte mich verdreschen«, verkündete sie und zog eine Grimasse.
    Nathan reagierte nicht auf die Bemerkung. Bald wurde Sara es müde, ihn anzusehen. Ihre Lider wurden schwer, und ihr Kopf sank auf seine Schulter. Er spürte, wie sie ihr Gesicht an seinen Hals preßte.
    »Laß nicht zu, daß mein Papa mich verhaut«, flüsterte sie.
    »Natürlich werde ich das nicht zulassen.«
    Von einer Sekunde zur andern war er zu ihrem Beschützer geworden.
    Sara, die müde von der langen Reise und den vielen Aufregungen war, schlief in den Armen ihres Bräutigams ein.
    Erst als der königliche Anwalt den Ehe vertrag vorlas, erfuhr Nathan Saras Alter.
    Seine Braut war vier Jahre alt.

1
    London, England, 1816
     
    Es schien eine saubere, unkomplizierte Entführung zu werden. Merkwürdigerweise hätte diese Entführung sogar von den Behörden als vollkommen legales Unternehmen gehalten werden können, wenn man einmal von dem Einbruch und davon, daß sich jemand gewaltsamen Zugang zu einem fremden Haus verschaffte, absah. Aber diese Einzelheiten waren im Augenblick nicht von Belang. Nathaniel Clayton Hawthorn Baker, der dritte Marquis of St. James, war darauf vorbereitet, wenn nötig auch drastische Maßnahmen zu ergreifen, um zum Ziel zu gelangen. Wenn das Glück auf seiner Seite war, dann schlief sein Opfer – andernfalls kannte er eine wirksame Methode, jeden Protest im Keim zu ersticken.
    So oder so, legal oder kriminell – er würde seine Frau mitnehmen. Nathan, wie der Marquis von seinen wenigen guten Bekannten genannt wurde, benahm sich bei diesem Unterfangen nicht gerade wie ein Gentleman, und glücklicherweise war er von Natur aus ohnehin nicht zartbesaitet.
    Vor sechs Wochen erst war Nathan die volle Tragweite des Ehevertrages, den er vor vierzehn Jahren unterschrieben hatte, klargeworden. Er hatte seine Braut seit der Hochzeit nicht mehr gesehen, aber ihr Bild hatte sich seltsam tief in sein Gedächtnis gegraben. Er machte sich keine Illusionen über das junge Ding – schließlich waren ihm schon genügend Winchester-Frauen begegnet, so daß er wußte, daß sie nicht unbedingt als Schönheiten zu bezeichnen waren. Die meisten von ihnen hatten ein birnenförmige Figur und derbe Knochen, außerdem weit ausladende Hüften und, wenn man den Geschichten, die man sich über sie erzählte, Glauben schenken konnte, einen schier unersättlichen Appetit.
    Die Vorstellung, eine Frau an seiner Seite zu haben, war für Nathan ungefähr so verlockend wie die Aussicht auf ein mitternächtliches Wettschwimmen mit einer Horde von Haifischen. Trotzdem war er entschlossen, alle Unannehmlichkeiten zu ertragen. Vielleicht fand sich ja mit der Zeit eine Lösung für sein Problem, und möglicherweise gab es einen Weg für ihn, die Bedingungen des Vertrages zu erfüllen, ohne daß er Tag und Nacht mit seiner Frau verbringen mußte.
    Die meiste Zeit seines Lebens war Nathan auf sich allein gestellt gewesen, und er hatte
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