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Geliebte Feindin

Geliebte Feindin

Titel: Geliebte Feindin
Autoren: Julie Garwood
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Ihr Teint sah aus der Entfernung rein und klar aus, und Nathan fragte sich, ob sie immer noch Sommersprossen auf der Nase hatte. Sie war nicht besonders groß – etwa einen halben Kopf kleiner als Colins Schwester – aber ihre Figur war wohlproportioniert.
    »Sieh dir nur die ganzen Stutzer an«, bemerkte Colin. »Sie schwirren herum wie Haie, die ihre Beute einkreisen wollen. Offenbar ist deine Braut ihr Opfer, Nathan. Du liebe Güte, sie sollten einer verheirateten Frau nicht no unverhohlen nachstellen. Aber wenn ich’s recht bedenke, dann kann man ihnen das nicht übelnehmen. Nathan, sie ist umwerfend.«
    Nathan beobachtete die Männer, die eifrig Jagd auf seine Braut machten, mit Argusaugen und verspürte den Drang, jeden einzelnen von ihnen zu verprügeln, wie konnten sie es wagen, sich für etwas zu interessieren, was ihm gehörte? Er schüttelte den Kopf über die merkwürdigen Empfindungen, die ihn in diesem Augenblick befielen.
    »Dort kommt dein charmanter Schwiegervater«, verkündete Colin. »Mir ist noch nie aufgefallen, daß er solche Säbelbeine hat … Schau nur, wie er sie beobachtet. Er scheint sie keinen Moment aus den Augen zu lassen.«
    Nathan holte tief Luft. »Laß uns von hier verschwinden, Colin. Ich habe genug gesehen«, sagte er mit vollkommen ausdrucksloser Stimme.
    Colin drehte sich zu ihm um. »Also?«
    »Also was?«
    »Verdammt, Nathan, sag mir, was du denkst!«
    »Worüber?«
    »Lady Sara«, beharrte Colin. »Was hältst du von ihr?«
    »Willst du die Wahrheit hören?«
    Colin nickte eifrig.
    Ein Lächeln breitete sich über Nathans Gesicht aus. »Ich glaube, sie paßt durchs Fenster.«

2
     
    Die Zeit verstrich unaufhaltsam.
    Sara bereitete sich darauf vor, England zu verlassen, und vermutlich würde jedermann wieder argwöhnen, daß sie vor ihrem Bräutigam davonlief. Man hielt sie bestimmt für einen Feigling, dachte sie, und der Klatsch würde kein Ende nehmen. Trotzdem war sie fest entschlossen, ihre Pläne auszuführen – genaugenommen hatte sie gar keine andere Wahl. Sie hatte zweimal an den Marquis of St. James geschrieben und ihn um seinen Beistand gebeten, aber der Mann, mit dem sie vor dem Gesetz verheiratet war, hatte es nicht für nötig befunden, ihre Briefe zu beantworten. Danach hatte sie nicht mehr den Mut gehabt, sich noch einmal an ihn zu wenden, und für weitere Aktivitäten hatte sie keine Zeit mehr gehabt. Das Wohl und Wehe ihrer Tante Nora stand auf dem Spiel, und Sara war die einzige Person, die sie aus ihrer Zwangslage befreien konnte – oder wollte.
    Wenn die Londoner Gesellschaft glaubte, daß sie nur dem Eheleben aus dem Weg gehen wollte, konnte sie auch nichts daran ändern. Schon bei ihrer letzten Reise hatte das Gerücht die Runde gemacht, daß sie auf der Flucht vor ihrem Bräutigam sei.
    Als ihre Mutter sie vor einigen Monaten gebeten hatte, zu Nora zu reisen, hatte Sara sofort zugestimmt. Ihre Mutter hatte seit vier Monaten keine Nachricht mehr von ihrer Schwester Nora erhalten, und sie hatte Angst gehabt, daß ihr etwas passiert sein könnte. Saras Mutter war fast krank vor Sorge gewesen, und Sara war über ihren Zustand ebenso beunruhigt gewesen wie über die Tatsache, daß ihre Tante so lange nichts von sich hatte hören lassen. Irgend etwas mußte geschehen sein – es war einfach nicht Tante Noras Art, kein Lebenszeichen von sich zu geben.
    Sara und ihre Mutter waren übereingekommen, den wahren Grund für Saras plötzliche Abreise geheimzuhalten. Sie hatten behauptet, daß Sara ihrer älteren Schwester Lillian, die mit ihrem Mann und einem kleinen Sohn in den Kolonien in Amerika lebte, einen Besuch abstatten wollte.
    Ursprünglich hatte Sara ihrem Vater die Wahrheit anvertrauen wollen, aber dann hatte sie sich doch dagegen entschieden. Auch wenn er vernünftiger war als seine Verwandten, so war er doch durch und durch ein Winchester, und er verabscheute Tante Nora ebensosehr wie seine Brüder, auch wenn er es seiner Frau zuliebe nicht laut aussprach.
    Die Winchesters hatten Nora ausgestoßen, weil sie durch ihre Heirat Schande über die Familie gebracht hatte, und obwohl die Eheschließung schon vor vielen Jahren stattgefunden hatte, konnten die Winchesters die Schmach, daß sie einen Mann gewählt hatte, der weit unter ihrem Stand war, nicht vergessen. Die Winchesters waren sehr rachsüchtig und handelten stets nach dem Motto »Auge um Auge«. Sie vergaben niemandem, der sie beleidigt oder in der Öffentlichkeit lächerlich gemacht hatte,
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