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Gelegenheit macht Diebe - Nicht alles, was schwul ist, glänzt (German Edition)

Gelegenheit macht Diebe - Nicht alles, was schwul ist, glänzt (German Edition)

Titel: Gelegenheit macht Diebe - Nicht alles, was schwul ist, glänzt (German Edition)
Autoren: Marty Tolstoy
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war.
    Dafür hatte ich dann aber Zeit genug, en ttäuscht zu beobachten, wie Marco sich nicht mal mehr nach mir umsah. Die Polizisten schienen ihn aber auch gar nicht wirklich in Ruhe zu lassen. Sie begleiteten ihn noch bis nach draußen zur Treppe, wo dann wenigstens schon mal ein paar von ihnen zu ihren Wagen gingen und wegfuhren. Mit dreien redete er aber immer noch weiter. Es sah aus, als würden sie ihm ins Gewissen reden wollen, aber Marco ließ sich davon scheinbar nicht beeindrucken. Wäre auch irgendwie eine seltsame Vorstellung, wenn der sich was sagen lassen würde.
    Trotz starkem Drang, auf die Toilette zu müssen, wa rtete ich eisern auf meine Gelegenheit. Die Gelegenheit, mit Marco zu reden. Ich musste schon die Beine zusammenpressen, damit mir kein Unglück passierte, aber ich wollte erst aufs Klo gehen, wenn ich sicher sein konnte, ihn dann nicht zu verpassen. Bei meinem Glück würde er nämlich genau in dem Moment verschwinden.
    Gerade als ich leise vor mich hinmurmelte, dass die endlich abhauen sollen, kam eine Polizistin dazu, die ihren Kollegen Regenjacken gab und dann Gott sei Dank endlich mit allen verschwand. Ich glaube, das war die, die mich an dem Tag verarztet hatte, um den es heute ging, war mir aber nicht sicher. Sie hatte zumindest dieselben Haare.
    Voller Vorfreude machte ich ein paar Schritte auf Marco zu, da folgte er den P olizisten ... warum folgte er denn jetzt den Polizisten?! Ich konnte es nicht fassen! Da hatte ich jetzt so lange gewartet und dann so was!
    Draußen regnete es mittlerweile. Erst jetzt wurde mir bewusst, warum sich die Leute um mich herum alle so hektisch Regenmäntel anzogen oder sich Zeitu ngen aus einem Zeitungsständer schnappten und draußen über den Kopf hielten. Viele hatten aber auch gar keinen Schutz und mussten, wie ich, durch den leichten Regen laufen.
    Das war mir nun aber auch egal, der R egen konnte mich mal ... Marco konnte mich mal ... Er hatte mich überhaupt nicht beachtet. Er hätte sich ja wenigstens mal umgucken können, ob ich irgendwo in der Nähe war. Ich hätte mich ja sogar schon über ein nettes Zuwinken oder so gefreut ... oder einfach nur über einen flüchtigen Blick mit einem Lächeln ... oder nur einen flüchtigen Blick ... irgendwas, womit er mir gezeigt hätte, dass er mich wahrgenommen hatte. Aber stattdessen musste ich mir – mit einem Gefühl, als würde sich meine Kehle zuschnüren – mit ansehen, wie er mit zwei von den Polizisten zu einem der Streifenwagen ging.
    Mein einziger Trost für diesen Moment war, dass er eben nicht er selbst wäre, wenn er auch nur das kleinste bisschen Freude zeigen würde.
    Um mir das Spektakel nicht länger anzutun, ging ich die breiten Stufen vor dem Haupteingang runter und latschte in Richtung Zuhause. Im ersten Moment hatte ich noch die Hoffnung, er würde mich vielleicht rufen, weil er mich doch endlich entdeckt hätte, aber das tat er natürlich nicht. Auch als ich extra nochmal die Straße überquerte, um ja Zeit zu schinden und aufzufallen, passierte nichts. Mittlerweile musste ich aber auch selbst schon genauer hinschauen beim Umgucken, weil parkende Autos die Sicht versperrten. Ein paar Meter später gab ich es dann auf und ging wieder auf die richtige Straßenseite. Der Wagen fuhr nicht mal in meine Richtung, so konnte Marco mich also auch nicht mehr beim Vorbeifahren sehen.
    Nachdem das Polizeiauto außer Sichtweite war, schlurfte ich lustlos den Heimweg entlang. So lan gsam war ich bis dahin noch nie nach Hause gegangen. Dauernd hielt ich, um ein Steinchen aus irgendeiner Rille zu scharren, oder schob einzelne Blätter vor mir her. Durch den kurzen Regenschauer war der Gehweg gerade nass genug, um mit den Blättern beim Schleifen unter meinen Schuhsohlen ein quietschendes Geräusch zu erzeugen. Ich fand sogar heraus, dass der Ton höher war, je kleiner die Blätter waren. Nach einer Weile konnte ich mit drei verschieden großen Blättern die Melodie von Jingle Bells quietschen. Das lenkte mich eine Weile ab, doch der Frust kam schnell wieder.
    Ich stellte mir immer wieder vor, wie es gewesen wäre, wenn ich am Gerichtsgebäude doch noch gewartet hä tte. Wenn sie dann gerade hätten fahren wollen, hätte Marco vielleicht gesagt, dass sie noch kurz warten sollen, er hätte da noch was zu erledigen oder so. Dann wäre er auf mich zugekommen und hätte sich ganz oft bei mir bedankt. Und dann hätte ich darauf gewartet, dass er mich umarmt ... dazu wäre es aber nicht
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