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Geisterschiff Vallona

Titel: Geisterschiff Vallona
Autoren: dtv
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Ekwall schienen zu glauben, dass ausgerechnet er viel mehr als alle anderen sehen und verstehen konnte. Irgendetwas,
     auf das die Schwarze Sara zu hoffen und das Doktor Ekwall zu fürchten schien.
     
    Wenn sich der Graue drüben am Strand undurchdringlich angefühlt hatte, dann war das nichts gegen das Gefühl hier auf dem Meer.
     Die Nebelwand war so dicht, dass Karl von Sara fast nichts erkennen konnte. Nur wenn sich für kurzeZeit die Fetzen aus schwerer weißer Luft lichteten, sah er ihre Umrisse. Aber es hätte auch jeder andere sein können. Absolut
     jeder.
    Der Motor tuckerte leise und gleichmäßig vor sich hin, während das Meer so glatt vor ihnen lag wie der Boden eines Ballsaals.
     Die Ruhe vor dem Sturm. Es fühlt sich an, als würde alles auf etwas warten, dachte Karl.
    »Wir fangen mit Krabbsjögrund an«, sagte Sara. »Vielleicht sind Opa und Ursula dort und versuchen, den Leuchtturm in Gang
     zu bringen.«
    Es war kühl und feucht im Grauen, dennoch erkannte Karl den Duft des Meeres wieder, der ihn an die Tage erinnerte, an denen
     er mit seinem Großvater zu den kleinen Schäreninseln hinausgefahren war, um die Netze einzuholen. Wie sie ganz früh am Morgen
     aufgebrochen waren, wenn die Sonne schon auf dem Wasser glitzerte und die Möwen nach Frühstück schrien. Er sah vor sich, wie
     sein Großvater am Steuerrad stand und sich lächelnd zu ihm umdrehte. Doch jetzt kam es Karl vor, als wäre dies in einer anderen
     Welt gewesen.
     
    Als sie sich den Untiefen näherten, kam plötzlich Leben ins Wasser. Es bewegte sich unruhig hierhin und dorthin. Tosend schlugen
     die Wellenübereinander, dass selbst der Motor kaum mehr zu hören war.
    Das war das, was man schwere See nannte – wenn die Wellen aus allen Richtungen gleichzeitig kamen. Als wäre das Meer im Zwist
     mit sich selbst.
    Großvater hatte das irgendwann einmal erklärt. Es hatte mit den Strömungen und Meeresböden zu tun, mit unterschiedlichen Tiefen
     und damit, wie das Wasser an manchen Stellen in neue Bahnen gezwungen wurde. Aber hier hätte es ja tief sein müssen. Die Steine
     und Felsen unter der Oberfläche rund um Krabbsjögrund waren doch vor endlosen Jahren schon weggesprengt worden – wie konnte
     das Meer hier und jetzt so unruhig sein? Wenn nicht   …
    »Sie kommen zurück«, sagte Sara, als hätte sie seine Gedanken gelesen.
    Ihre Stimme zitterte, aber sie fuhr fort.
    »Die Steine und die Unterwasserklippen. Mit dem Grauen kommen sie zurück. Wie in der Geschichte!«
    Vorsichtig steuerte sie das Boot durch die aufgewühlte See, weiter auf die Untiefen zu, während Karl über die Wasseroberfläche
     spähte.
    »Achtung!«
    Ein messerscharfer Fels schob sich wenige Meterrechts von ihnen aus dem Meer. Und dann noch einer, direkt daneben. Es war, als manövrierten sie durch ein Minenfeld. Jederzeit
     konnte ein Felsblock blitzschnell die Oberfläche durchbrechen und ein Loch in das Boot schlagen. Plötzlich waren sie wieder
     da. Dieselben Steine und Klippen, die einst die Vallona versenkt hatten.
    Unmittelbar vor ihnen verschwand gurgelnd das Wasser und aus der Tiefe schoss ein gewaltiger Felsen nach oben. Hastig legte
     Sara den Rückwärtsgang ein und um Haaresbreite gelangten sie daran vorbei. Sara machte den Motor aus und kippte ihn nach oben,
     damit der Propeller nicht an den Steinen zerschellen konnte.
    Karl kämpfte gegen die aufkommende Panik an. Sie waren draußen auf einem Meer, das ihnen Böses wollte, gefangen in einem Nebel,
     der einem Horrorfilm entnommen sein musste. Und das Meer war so groß und ihr schutzloses Plastikboot so entsetzlich klein.
     Sara berührte vorsichtig seine Hand.
    »Ruhig, Karl«, murmelte sie. »Tief durchatmen   …«
    Je länger Karl auf das Wasser starrte, umso mehr Felsen und Klippen schienen um sie herum aus dem Meer zu wachsen. Und es
     sah aus, als käme jeder neue Fels noch ein wenig näher anihrem Boot nach oben als der letzte. Karl und Sara saßen mucksmäuschenstill da und hielten sich an den Händen, voller Angst,
     dass schon der geringste Laut sie verraten würde. Sie konnten nichts tun, außer sich hilflos treiben zu lassen, während das
     Riff ihr Boot ins Visier nahm und alles daransetzte, sie zu zerschmettern.
    Da hörten sie ein leises Hämmern in der Ferne. Dumpf hallte es vom Leuchtturm zu ihnen hinüber.
    Sie trieben näher und immer deutlicher erklangen die Hammerschläge. Ein Spalt öffnete sich im Nebel, durch den sie den Leuchtturm
     von Krabbsjögrund
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