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Geier (German Edition)

Geier (German Edition)

Titel: Geier (German Edition)
Autoren: Peter J. Kraus
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wo ich mein altes Polizeizeug liegen habe.“
     
    Nun danket alle Gott, dass die Missionare solche Angst vor ihren indianischen Schützlingen hatten.
     

44 Epilog
     
     
    Rick legte das schwere Schiff elegant an den Steg und verabschiedete sich von seinen Passagieren. Die Walsaison war in hohem Schwung, und unsere “Eschrichtius” war auf Tage hinaus ausgebucht. Amerikaner, hauptsächlich, aber immer mehr Europäer kamen, um die Grauwale in ihrer Winterheimat zu beobachten.
    Ich wartete, bis sich die letzte Passagierin von ihm losgerissen hatte, ehe ich an Bord ging. Er stand an der Reling, braun gebrannt, muskulös und fettarm. Ganz der Abenteurer. Am Revers trug er den Namen, unter dem er in weiblichen Touristenkreisen schon eine Art Berühmtheit erlangt hatte. Javier Palacios. Rick hieß er schon lange nicht mehr. Nichtmal bei mir.
    „Also, Javier, komm. Die Fete beginnt in einer halben Stunde. Ich wollte dir aber erst noch privat gratulieren.“ Er bleckte die schneeweißen, ziemlich neuen und ziemlich teuren Zähne. Original Schweizer Fabrikat. Sah gut aus im dunkelbraunen Umfeld.
    Ich zog eine winzige Schachtel aus der Tasche und drückte sie ihm in die Hand. Er wollte das rote Samtband aufknoten, aber ich sagte ihm, er solle es nachher machen. Nach dem offiziellen Teil.
    „Ist ja schon lange fällig, aber heute sage ich dir endlich - ohne dich wäre ich nicht mehr. Ohne dich hätte ich aufgegeben. Und ohne deinen cleveren kriminellen Zug wären wir beide nicht so reich wie wir´s sind. Ich danke dir. Wir danken dir. Denn wir beide verdanken dir unser Leben.“ Ihm wurde ganz feucht ums Auge. Ich wollte nicht, dass er meint, ich würde auf meine alten Tage noch seltsam, also fiel die Umarmung lange nicht so leidenschaftlich aus wie sie eigentlich hätte ausfallen sollen. Der Kuss auch nicht. Eher, wie es sich unter Freunden gehört.
     
    Wir feierten die zweite Weihnacht in San Felipe. Misty – die schon ewig nicht mehr Misty hieß – hatte die heruntergekommene Klitsche zum führenden Hotel im mittleren Baja California gemacht. Rick, als Javier Palacios sogar Hollywooder Industriewitwen ein Begriff, hatte gerade ein zweites Schiff dazugekauft. Er würde die “Xiphias” im April von der Werft in Holland holen, mitten in der Schwertfischsaison.
    Bei der Gelegenheit wollte er als Erbe des allzu früh verstorbenen Sam Sheerstein bei unserer Bank in Belgien vorbeischauen und mit seinen wirklich edlen neuen Papieren, die Bob vor Kurzem lieferte, das Anwaltsanderkonto etwas erleichtern. Die Banker freuten sich schon darauf, Mister Javier Sheerstein kennenzulernen, schrieben sie.
    Und ich war glücklich. Ich machte, zusammen mit einem wirklich cleveren Jung-DJ aus dem Dorf eine gut eingeführte Internetradiosendung, die uns neben flotten Werbeeinnahmen und täglich eintrudelnden Promo-CDs Fanpost aus aller Welt einbrachte. Nebenher brachte ich jungen und alten Kids das Surfen bei. Jeden Tag jeder Woche jeden Monats. Ich saß auf meinem Brett, wartete auf eine gute Welle – jede dritte war hier unten sagenhaft – und ritt oft zweihundert Meter und mehr knapp unterhalb des Brecherkamms, ehe Land kam.
    So herrlich hatte ich´s noch nie. Die beiden verdienten zwar das Zehnfache von dem, was ich mit heimnahm, aber mir ging´s ja nun wirklich nicht mehr ums Geld. Auch das war eine feine Sache.
    Und ich hatte meinen Durst an den Nagel gehängt. Seit unserem ersten gemeinsamen Tag in Baja. Ich war hier unten noch nie besoffen. Würde ich auch nicht sein. Der Suff fehlte mir nicht. Die neue Freiheit war mir manchmal direkt unheimlich. Hätte ich viel früher haben können. Aber der Mensch braucht Zeit, um sich zu entwickeln.
     
    Wir gingen den Landungssteg entlang und übers giftgrüne Gras. Auf der ausgedehnten Rasenfläche war ein riesiges, von der schräg stehenden Wintersonne angestrahltes Zelt aufgebaut, zwischen dem frisch geschminkten alten Hotel, den neuen Hotelbungalows daneben und dem weiten, weißen Sandstrand. Wo übrigens mein schwarzes 1976er Cadillac Cabrio stand – Mistys Hochzeitsgeschenk an mich. Die Hotelgäste konnten von dem alten Ding nicht genug kriegen. Ich auch nicht.
    Javier und ich fielen auf - die Gäste trugen alle feierlich, während ich barfuß in meiner überm Knie abgeschnittenen Surferjeans und im T-Shirt mit einem sexistischen Spruch auf der Brust steckte und Javier in seinen Ausflugsdampferklamotten. Weißes Hemd, weiße Hose, Goldtressen und goldbesetzte weiße
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