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Geier (German Edition)

Geier (German Edition)

Titel: Geier (German Edition)
Autoren: Peter J. Kraus
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Beine auf dem Tisch, Arsch auf dem Stuhl.
     
    Der Schlag auf meine Rippen schreckte mich auf. Instinktiv wollte ich meine Hand auf den Schmerz legen, aber ich konnte sie nicht rühren. Ich schlug die Augen auf und starrte in das bösartige Gesicht des Dritten.
    „Na, du Drecksau?“ grinste Harold Lauterbach III, dessen Riecher fast mein Gesicht berührte. Kleine, gelbe Augen leuchteten maliziös, beim Sprechen sprühte er Speichel. Er richtete sich wieder auf. In seiner Faust steckte der größte Colt, den ich mir jemals vorstellen konnte.
    „Da steht die alte Schlabberschnauze still, was? Kriegst das Maul vor Staunen nicht zu, he? Hast wohl gemeint, ich wäre draufgegangen, du Sau?“ fragte der Killer scheißfreundlich. In meiner Verblüffung nickte ich, und er schlug mir mit offener Hand auf die Backe. Ich sah Sterne und spürte, wie sich einer der unteren Backenzähne lockerte. Ich konnte den Horrorcop nur anstarren.
    „Du hast uns ja ganz schön durchgefickt, du Hurenbock“, sprach Harvardabsolvent Lauterbach. „Wegen dir sind meine beiden Freunde draufgegangen. Gestern Abend, in Morenos Scheune. Hab´ Glück gehabt, dass ich fahren musste. Als ich sah, dass die beiden in einen Hinterhalt liefen, habe ich aus lauter Pietät noch ein paar Handgranaten in den Schuppen gerollt, ehe ich losgefahren bin. Der verdammte Bohnenfresser Moreno stand mit offenem Maul da, als die Granate vor ihm hinplumpste. Und jetzt bist du dran. Das bin ich meinen Kollegen schuldig.“
    Dramatisch hielt er seinen Ballermann in die Höhe und lud klatschend nach. Er zielte einäugig auf mich und ließ die Pistole grinsend sinken. „Kleiner Vorgeschmack, Süßer. Aber erst muss ich noch ein paar Auskünfte haben. Wie bist du an die Bänder gekommen?“
    „Welche Bän.....“ fragte ich, aber ich hätte mich an das Theater in meiner Strandbude erinnern sollen. Klatsch! machte es, und der Zahn flog mir in hohem Bogen aus dem Mund.
    „Wie?“ wollte er wissen.
    „Hat einer von Morenos Leuten geliefert, für einen Haufen Geld“, log ich.
    „Welcher?“
    „Einer, der unter einer Telefonnummer in Santa Paula zu erreichen war“, schmückte ich die Erfindung mit Fakt, und er schien zufrieden.
    „Na, siehst du. So ist´s doch besser. Auch wenn du dadurch keinen Moment länger lebst, aber weniger schmerzlich.“
    Er setzte sich mir gegenüber, legte den Colt vor sich auf den Tisch, und strahlte mich an. Der Neid musste ihm die schönsten Zähne zugestehen, die ich seit Langem gesehen hatte. Sicheres Zeichen einer wohlhabenden Jugend, solche Zähne. Die sind bei uns scheißteuer.
    Ringsum stimmte auch alles. Er hatte ausgesprochen androgyne Lippen, einen Satz Mick-Jagger-Dinger, gut durchblutet. Nur die winzigen Speichelbläschen im linken Winkel störten, aber nobody is perfect, wie man weiß. Schöne, glatte, leicht gebräunte Haut, kräftige Nase, großartig geschnittenes blondes Haar, ein Bild gelungener Männlichkeit.
    Und der Anzug, der Anzug! Hauchzarte Seide, mit Mohair gemischt, IBM- und Bullendunkelblau, wunderschön nach neuester Mode geschnitten. Hemd, Krawatte, Patentlederslipper, alles stimmte. Alles leicht angeschmuddelt und zerknittert, aber seine Nacht war auch nicht besser als meine, schätzte ich. Verblüffend, wie das Wissen vom nahen Tod die Dinge in Perspektive rückt, Winziges wichtig und Wichtiges nichtig werden lässt. Morituri te salutant, Lauterbach Drei.
     
    „Was war denn gestern los?“ fragte ich, und machte mich schon auf einen weiteren Zahnverlust gefasst. Aber er blieb ganz ruhig. „Weißt du doch ganz genau. Oder vielleicht nicht. Hast wohl nur die Post aufgegeben, und hast nicht mitgekriegt, was du alles angerichtet hast? Erzähle ich dir gern, aber erst will ich wissen, wo dein Kumpel, der Mönch, ist. Der ehemalige Bulle, das Schwein.“
    Ich schaute ihn an. Mein Kumpel, der Mönch, war mit Sicherheit irgendwo in der Mission, vermutlich schon in der Kanzel. Ich hoffte, dass ich das nicht verraten würde.
    „Nach Paso gefahren, wie jeden morgen. Als ich einschlief, war er schon weg.“ Er schien zufrieden. Sah aus, als glaube er mir. „Außerdem“, schob ich nach, „ist er harmlos. Hat keine Ahnung, was alles läuft.“
    „Hatte dein fetter Kumpel Dickie auch nicht“, freute sich der Jungbulle, „und ist trotzdem draufgegangen. In deinem schönen Auto. Nachdem ich ihm den Arsch wundgefickt habe und er mir trotzdem nicht sagte, wo du zu finden bist.“
    Er holte ein Täfelchen Schokolade
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