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Geier (German Edition)

Geier (German Edition)

Titel: Geier (German Edition)
Autoren: Peter J. Kraus
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vergeben. Also ließ ich´s.
    Ich habe dann doch sehr ordentlich geruht, weil man derart aufgetankt eher bewusstlos als eingeschlafen ist. Bis zum frühen Morgen. Gegen neun. Die perfekte Zeit, also, schnell noch einen zu surfen. Ich stieg in den Gummianzug, griff die Planke und trabte über den Strand.
     
    Der Juni ist ja bei uns immer neblig, aber dieses Jahr war die erste Monatshälfte verblüffend sonnig und klar – schon vormittags. Also blieb ich bis kurz vor sechs am Strand, mal im Wasser, mal nicht.
    Seit meiner Kindheit liebe ich diese Bucht, dieses kalte Meer, diese meist sanften, manchmal aber übermannshohen Wellen, die ich reiten lernte ehe ich richtig laufen konnte. Mein Alter hatte lange in Hawaii gelebt, hatte dort das Surfen entdeckt und war nie wieder davon losgekommen. Deshalb der Schreck, als ich den Kerl am Strand sah – mein Erzeuger landete auch so an, nur wurde er nicht von mir, sondern von seiner Freundin gefunden. Die er sich, wie sich´s herausstellte, schon seit Jahren nebenher gönnte. Mit Strandhütte und Porsche Cabrio.
    Mir hat er einen alten Fiat Topolino zum 16. Geburtstag geschenkt und gemeint, ich könnte ihn ja zum Hot Rod umbauen. Dann hätte ich wenigstens nach der Schule was ordentliches zu tun statt immer schnurstracks heimzugehen, meine Zimmertür hinter mir abzuschließen und mir einen runterzuhobeln.
     
    Ach, da wollte ich eigentlich gar nicht hin. Fiel mir nur wieder ein. Ich kriege noch immer Magenkrämpfe, wenn ich daran denke. Doctor Betterman, my ass. Der Alte nannte sich überall Betterman – wir heißen Gutman. War ein richtiger Scherzkeks, der Herr Doktor. In beiden seiner Extremzustände - nüchtern und normal.
     
    Jedenfalls lag ich da im Sand und genoss die Sommerstrahlen, als ein Schatten über mein Gesicht fiel.
    „Du hast mir gerade noch gefehlt.“ Ich musste nichtmal die Augen öffnen, um zu wissen, dass es Patty war.
    Sie stand mir aber auch voll in der Sonne. Wenn ich was nicht leiden kann, dann das. Weiß sie doch.
    „Fuck you, Gutman. Bist ja heute der große Mann im Dorf. Endlich in sämtlichen Medien, was?“
    Sie plumpste neben mir in den Sand. Aus meiner flachen Perspektive sah ich nur Busen. War auch das beste an ihr.
    Ich richtete mich halb auf und stützte mich auf die Ellenbogen. „Ehrlich? Hat die Tribune schon die Story von dem Abgesoffenen drin?“
    „Logisch. Sag´ mal, stimmt denn was die schreiben – dass du beim Joggen über den gestolpert bist? Sähe dir ähnlich.“
    So einen Mist quatscht die immer. Will mir weismachen, dass ich ein Trottel bin. Unkoordiniert nennt sie das. Selbst im Bett hat sie ständig was zu motzen, was mich derart aufregt, dass er sich schon zwischen die Beine verkriecht wenn ich nur an sie denke.
    Ich weiß echt nicht, warum ich mich seit Jahren mit ihr abgebe. Ich meine, hübsch ist sie ja und Geld hat sie, aber leider auch eine Macke. Einen ganz gewaltigen Schuss. Kann´s Maul nicht halten, die Patricia Newell. Ich drehte mich zur Brandung hin und guckte den Pelikanen beim Tauchen zu.
     
    Sie fing an, mit den Fingernägeln zu klicken. Beißt sie ab, wenn sie nervös ist. Mir wird´s dabei immer ganz mulmig. Klick. Würg.
    „Hör auf. Komm, wir gehen was essen, ehe du mir den Appetit versaust. Und ein Bier könnte ich vertragen.“
    Ich stand auf und sammelte mein Zeug ein. Der Gummianzug war schon wieder trocken, das Brett war sonnenwarm und außer einer Strohmatte und meinem Miniradio hatte ich nichts dabei.
    Sie zog ihr Bikinioberteil straff, klopfte den Sand vom dürren Tangahintern, auf den sie so stolz war, wischte über Schenkel und Knie und schlüpfte in ihre mexikanischen Huarache-Sandalen. Wir steuerten erst mal den Hy-Tyd Market an, damit sie ein paar Sixpacks Coors kaufen konnte und für sich ein Fläschchen Gin. Dann wanderten wir am Strand zurück zu meiner Bude.
     
    Pismo Pier war voller Leute – Sommerfrischler, Touristen. Obwohl die Sonne erst gegen halb neun untergeht, war schon Hochbetrieb. Familien, Typen aus dem knallheißen Central Valley, wo die Tagestemperaturen von Mai bis Oktober kaum mal unter dreißig Grad Celsius rutschen. Dann kommt her, wer sich´s leisten kann. Von denen leben wir. Von den einheimischen Touristen, nicht von den paar Ausländern, die sich an diese breite, faule, kühle mittelkalifornische Küste verirren.
    Der Sandstrand zieht sich hier an einer zehn Kilometer langen, halbmondförmigen Bucht entlang, wird dank seiner glücklichen Lage südlich der
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