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Geier (German Edition)

Geier (German Edition)

Titel: Geier (German Edition)
Autoren: Peter J. Kraus
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gezählt hatte, um auch ganz sicher zu sein, dass ich haargenau achthundertdreizehntausend, vierhundert Dollar aus der trockenen Erde des Tepusquet gebuddelt hatte, legte ich die Kohle – bis auf eine Winzigkeit, die niemanden etwas anging – in ihre Behälter zurück und fuhr die kurze Strecke bis zum Fuß der Hügelkette. Es war halb drei, Rick hatte noch nicht angerufen, und ich wurde langsam sehr müde.
    Unter dem breiten Dach einer verkrüppelten Goldeiche, einer der selten gewordenen, grub ich ein ordentliches Loch. Dort hinein versenkte ich die Kisten, nachdem ich mich versichert hatte, dass wirklich niemand in der Nähe wohnte, dass sich nichts Geschütztes oder touristisch Wertvolles in unmittelbarer Umgebung befand, und dass der Fleck ebenso unauffällig wie der traurige Rest dieses Wüstentales war. Hier würde unser Vermögen gut ruhen, unser Notnägelchen. Unser Unverhofftes.
    Ich hatte das Geld noch mal eingewickelt, hatte die Plastikplanen halbiert, ausgebreitet, die Bündel draufgeschichtet und die Planen an den Seiten hochgefaltet, sorgfältig, die Enden oben zusammengebunden und das Ganze penibel mit einer Schnur gesichert.
    Sie wurden in ihre Kisten gesteckt, die vielen Scheine, die Kisten zugeklappt und mit Klebeband abgedichtet – ich hatte noch Ignacio um eine oder zwei Rollen dieses silberglänzenden Superklebebandes gebeten, duct tape, mit dem jeder Musiker der Welt seine Anlage auf der Bühne sichert, und Ignacio gab mir eine ganze Packung von dem Zeug, das offenbar auch für das Werk des Herrn unabdingbar ist – hatte sie Abschied nehmend getätschelt, die Kisten, und dann der kalifornischen Erde übergeben.
    Ich hatte die Stelle ausgesucht, weil sie mir trocken schien. Hier regnete es sowieso höchst selten, und das Regenwasser würde den leichten Abhang hinunterfließen, ohne einzusickern. Höchstens Tropfwasser von der Eiche könnte unser Geld schimmeln lassen, aber ich glaubte eigentlich nicht, dass wir es lange genug in seinem Versteck lassen würden. Vor Dezember würde es hier sowieso nicht regnen.
    Typisch. Kaum hatte ich die Kohle, schon machte ich mir Sorgen.
     
    Mit viel Sorgfalt passte ich die Stelle ihrer Umgebung an. Da konnte man von Moreno was lernen. Als ich endlich ging, war ich überzeugt, dass aus zwei Metern Entfernung kein Mensch sehen würde, dass hier einer gegraben hatte. Also gut. Mehr kann man nicht tun. Ich stieg in den Truck, drehte um und fuhr nach San Luis Obispo.
    Ich war allein auf dem schmalen Sträßchen, das in diesen spärlich bevölkerten Landstrichen als Highway gilt. War auch ganz gut so, denn ich war hundemüde. Denke an den Film, Junge! Immer wieder riss ich meinen Kopf hoch und meine Augen auf – lange würde ich das nicht aushalten.
    Ich kam mir vor wie ein aufgedröselter Luftballon, der düsengetrieben an die Zimmerdecke hochfurzt. Die Anspannung der letzten Wochen war gewichen, ich merkte im Laufe des Abends und der Nacht wie ich lockerer wurde. Die Luft entwich. Vermutlich war ich deshalb plötzlich so müde.
     
    In San Luis fuhr ich zum BuddyBurger, der seine Bratfettbude nie zumacht, und kaufte mir von einer völlig übermüdeten Großmutter am Autoschalter die größte Bulette, die ich kriegen konnte. Dazu einen Sixpack Cola und natürlich Pommes. Kein Bürger ohne Pommes.
    Ich verlangte und bekam die größte Papiertüte, die sie hatten. Den Mist warf ich raus, stopfte auf dem leeren Hamburgerparkplatz meine BuddyBurgertüte voller Geldscheine – siebenundvierzigtausend Dollar gingen rein, und die Tüte gerade noch zu – verklebte sie, damit sie nicht aufgeht und irgendeiner einen Anfall kriegt, und fuhr weiter Richtung San Miguel.
    Ich hatte noch dreißigtausendvierhundert Dollar auf dem Sitz neben mir. Die würde ich brauchen – immerhin musste ich noch einiges erledigen, ehe ich mich davonmachte. Ein großes gebrauchtes Auto kaufen, und jede Menge Klamotten. Ich hatte buchstäblich nichts mehr zum Anziehen, Bart und Haare wuchsen mir wieder, weil ich ständig vergaß, mich zu rasieren, und ich wollte unbedingt noch ein paar Computersachen dazukaufen, denn die waren in Mexiko schwer zu kriegen und daher unglaublich teuer.
    Ich musste mich immer wieder daran erinnern, dass ich mir eigentlich keine Sorgen um Geld oder Preise machen brauchte – so viel, wie wir eingenommen hatten, konnten wir im Leben nie verbraten. Aber so bin ich nun mal; geizig bis zum Exzess. Wenn ich was billiger kriegen kann, fahre ich wer weiß wie weit,
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