Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geht das denn schon wieder los?

Geht das denn schon wieder los?

Titel: Geht das denn schon wieder los?
Autoren: Evelyn Sanders
Vom Netzwerk:
Mitleids – gesagt, und dort würde ich eine Pinzette finden und vielleicht auch eine kühlende Salbe, aber ich fand nur sehr viele Menschen, die sich zwecks Besichtigung der Geschenke drängten beziehungsweise selber etwas dazustellten. Zwei Tische gab es, gekennzeichnet mit den Namen der Braut … nein, der Ehepaare, und bewacht von dem auf einem Podest thronenden Nili, immer noch im Smoking, aber doch schon etwas zusammengesunken, was zweifellos auf die beiden leeren Sektflaschen zurückzuführen war, die umgekippt zu seinen Füßen lagen.
    Es gab große Päckchen und kleine Päckchen und ganz kleine Päckchen mit Schleifen und mit Kräuselband, darunter auffallend viel Grünzeug mit Wurzeln unten dran, zweifellos sehr nützlich für Paare, die noch wenig Möbel und viel Platz in der Wohnung haben; bei Tom und Katja war jedoch eher das Gegenteil der Fall.
    Auf der Suche nach einem Familienmitglied oder wenigstens nach einem bekannten Gesicht lief ich Heike in die Arme, auch eine jener Kommilitoninnen, die entweder mal bei uns auf der Terrasse gesessen oder die ich in der Heidelberger Studentenbude kennen gelernt hatte. »Na, auch schon verheiratet?«, wollte ich wissen, nachdem wir uns begrüßt hatten.
    »Noch nicht. Ich heirate ihn erst, wenn ich abgestillt habe, sonst kann ich ja gar nicht richtig mitfeiern. Also frühestens in drei Monaten.«
    Wieder was gelernt! Man richtet sich mit seiner Hochzeit nicht mehr unbedingt nach der Jahreszeit oder dem Einzugstermin in die neue Wohnung, sondern nach dem Ernährungsplan des bereits vorhandenen Nachwuchses.
    Und meine Großmutter hatte sich doch tatsächlich aufgeregt, weil Sven ein Achtmonatskind gewesen war!
    Langsam wurde es kühl. Und laut. Die inzwischen eingetroffene dunkelhäutige Band machte sehr laute Musik und auch sehr gewöhnungsbedürftige, und wenn nicht gerade die blonde Sängerin sang oder der Saxophonist ein Solo saxophonierte, dann wurde getanzt. Nur reichte die dafür vorgesehene Betonplatte, auf der normalerweise die zu reinigenden Straßensäuberungsgeräte von Herrn Sperling abgespritzt werden, bei weitem nicht aus, und so wurde auch drumherum getanzt, was wiederum den reibungslosen Zugang zur Bierzapfanlage behinderte, hinter der Hannes im Schweiße seines Angesichts so lange zapfte, bis es nichts mehr zu zapfen gab. Die Weißbier-Quelle war versiegt. Bier in Flaschen gab es noch in ausreichender Menge, aber das wollte kaum jemand.
    Und dann kam Olaf ins Spiel, jener Hausbewohner, der Susanne über das heutige Spektakel informiert hatte, bekennender Weißbier-Fan und angeblich in der Lage, Nachschub aufzutreiben. Und das sogar ganz in der Nähe.
    Als Olaf losmarschierte, war es kurz vor Mitternacht, und danach ward er nicht mehr gesehen. Kleinere Suchtrupps, die ihn nicht ganz zu Unrecht schlafend in Feld oder Wiese vermuteten beziehungsweise in einer der beiden nicht allzu weit entfernten Kneipen, kehrten unverrichteter Dinge zurück. Versuche, ihn übers Handy zu erreichen, blieben ergebnislos, und der nahe gelegene Friedhof, durch den breite Kieswege führen und einen nicht mehr so ganz nüchternen Menschen in die Irre leiten können, war durch ein großes Tor verschlossen. Olaf blieb verschwunden und soll sich erst im Laufe des nächsten Tages wieder in seiner Wohnung eingefunden haben, wobei die Zeitangaben zwischen elf Uhr morgens und fünf Uhr nachmittags schwankten – erstere stammte von Olaf selber, die andere von seinen Wohnungsnachbarn.
    Aber so weit sind wir ja noch gar nicht. Es war ja erst kurz nach Mitternacht, aber wenn man als eine der wenigen nüchtern bleiben muss, weil man zwar kein Kind mehr stillen oder am nächsten Tag arbeiten muss, sondern nur zwei Nachbarinnen heil nach Hause bringen soll, dann fühlt man sich nach ein paar Stunden absolut fehl am Platz. Und einen ganzen Abend lang bloß alkoholfreien Calvados trinken zu müssen, hebt auch nicht gerade die Laune. Was das ist? Man bezeichnet dieses Getränk gemeinhin als Apfelsaft, die andere Variante klingt aber interessanter und nicht ganz so nach minderjährig oder magenkrank. Außerdem fing ich an zu frieren, mir fehlte die innere Erwärmung.
    Inzwischen war ich schon mehrmals gefragt worden, wie es mir »da im Orient oder wo Sie gewesen sind« gefallen hat, ob es wirklich so heiß ist und ob ich auch einen richtigen Scheich gesehen hätte. Hatte ich, mindestens zwei sogar, einen im Wüstenzelt und einen auf der Dhau, aber das zu erzählen wäre viel zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher