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Gehetzt - Thriller

Titel: Gehetzt - Thriller
Autoren: Kim Wozencraft Baerbel Arnold Velten Arnold
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zwei Wachmänner und einen Kassierer erschossen hatten, als die Dinge nicht so liefen wie geplant. Und es waren diejenigen gewesen, die mit etwa zwei Millionen Dollar Beute entkommen waren, die aus irgendeinem Grund nie im Säckel der Organisation gelandet waren.
    Das Klappern von Johnsons Schlüssel im Schloss von Rhondas Tür brachte Gail wieder zurück in die Wirklichkeit ihrer beengten Zelle. Sie drehte sich von der Wand weg und bedeckte ihr frei liegendes Ohr mit dem uralten, bleischweren Federkissen. Selbst durch das Kissen konnte Gail noch hören. Johnson hatte eine schöne Stimme, eine sexy Stimme, tief und einladend. Sie drang durch die Wände.

    Sie begann leise zu summen, kein ihr bekanntes Lied, nur irgendeine willkürliche Melodie, um ihre Ohren unter dem Kissen mit irgendetwas zu beschallen. Johnson war entweder zu dumm, um zu sehen, was Rhonda im Schilde führte, oder er stellte sich bewusst doof. Nicht dass Gail irgendwelche Sympathien für Gefängnisaufseher hegte, aber sie wusste, dass Johnson sich dem modernen Äquivalent eines Lynchfestes gegenübersehen würde, wenn das Wiesel beschließen sollte, »Vergewaltigung« zu schreien.
    Es gab einige wie Rhonda das Wiesel, die es im Austausch für eine bevorzugte Behandlung mit einem Aufseher trieben. Und es gab solche, die sich Liebhaberinnen nahmen. Im Grunde war es pure Fleischeslust. Gail lächelte in sich hinein, doch sie konnte den Geruch der toten Federn nicht länger ertragen. Sie nahm das Kissen von ihrem Kopf. Ignorier es einfach! Im Laufe der Jahre war ihr selbst der Hof gemacht worden, und ganz kurz hatte sie ein mal eine Be ziehung zu ei ner anderen Gefangenen gehabt, die sie jedoch beendet hatte, als ihr bewusst geworden war, dass sie unfähig war, eine Partnerschaft im Ge fängnis zu ertragen, wo man rund um die Uhr auf dem Präsentierteller war. Jeder kannte jeden. Jede Vertraulichkeit machte innerhalb von Stunden die Runde. Nach einigen Jahren heimlichen, gelegentlichen und absolut zwecklosen Masturbierens war Gail enthaltsam geworden. Sie kam bestens damit klar, wenn sie ihre Libido bremste und ihre Energie in andere Richtungen lenkte. Sie las, lernte, schrieb, ging in sich selbst auf Erkundungstour. Im fünften Jahr ihrer Einkerkerung hatte sie ein Alphabetisierungsprogramm entwickelt, um Häftlingen das Lesen beizubringen. Ihr Lernprogramm war so erfolgreich gewesen, dass es in sämtlichen Bundesgefängnissen übernommen worden war. Damals, als es noch Programme gab. Heute ging es nur noch um Häftlingsverwahrung.

    Irgendwo dudelte ein Radio und hallte laut durch die Etage; dem Klang nach zu urteilen, war es die Stimme eines jungen Schwarzen, der zu ei nem Mix aus Rock und Funk halb sang, halb rappte … just another brother in lockdown …
    »Stell den Scheiß leiser!«, brüllte jemand.
    »Lutsch meinen Schwanz!«, schrie eine piepsige Frauenstimme zurück, aber die Lautstärke wurde heruntergedreht.
    Gail seufzte, nahm ihre kratzige, grüne, wollene Armeedecke, legte sie um ihre Schultern und klemmte sie an den Seiten unter ihre Arme. Unter der Decke sah sie lang und schlank aus. Sie versuchte sich vorzustellen, wie sie aussähe, wenn sie ein Baby im Bauch hätte. Die gewaltige Wölbung des Bauches. Sie war einmal schwanger gewesen, weniger als neunzig Tage lang, bevor sie die Schwangerschaft hatte abbrechen müssen. Sie hasste das Wort Schwangerschaftsabbruch immer noch. Es war direkt nach dem College in Oklahoma passiert, wohin sie ge zogen war, um die Kul turen amerikanischer Ureinwohner zu studieren und um ihren Eltern eins auszuwischen. Ihre Eltern wollten Yale oder Colombia oder Brown, und Gail hätte auf jede dieser Universitäten gehen können. Aber sie hatte es damals so sattgehabt, sie hatte die Nase so voll ge habt von diesem Ostküsten-liberalen-gehobenem-Mittelstand-we-are-the-world-aber-schickt-eure-Kinder-auf-Privatschulen-Gehabe. Sie hatte ihr perfektes, geräumiges Zimmer in dem perfekten, geräumigen, vornehmen Haus ih rer Eltern mit dem per fekten Rasen und dem immerblauen Swimmingpool hinter dem Haus verachtet. Und Juan, der sichergestellt hatte, dass der Rasen und der Garten immer wie geleckt ausgesehen hatten. Und die sonntäglichen Brunches neben dem Pool. Und überhaupt diese ganze gottverdammte, friedliche Vorstadtidylle. Am Tag der Abschlussfeier der Doris-Canne-Mädchen-Privatschule zur Vorbereitung auf die Uni hatte Gail all das hinter sich gelassen.

    Sie fragte sich jetzt, ob sie, wenn sie näher am
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