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Gehetzt - Thriller

Titel: Gehetzt - Thriller
Autoren: Kim Wozencraft Baerbel Arnold Velten Arnold
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ihr Gesicht behutsam gegen die Gitterstäbe und redete leise.
    Das Plätschern hörte auf. »Was ist?«
    Gail stand da und fragte sich, was sie Rhonda eigentlich hatte sagen wollen. Der Gedanke hatte sich in Luft aufgelöst. Wahrscheinlich aus gutem Grund, dachte Gail. Wahrscheinlich war ich drauf und dran, Rhonda wissen zu lassen, dass ich Bescheid weiß, was hier abläuft. Aber wen, zum Teufel, schert es, was hier ablief?
    »Vergiss es«, erwiderte Gail. »Ich habe noch ein biss chen gefunden.«
    »Ein bisschen was?«
    »Klopapier«, erwiderte Gail. »Ich dachte, ich hätte keins mehr.«
    »Ich hätte dir sowieso keins gegeben«, stellte Rhonda klar. »Ich habe nur die Rolle, die ich gerade benutze.«
    Gail wusste, dass es eine Lüge war. Das Wiesel war da für bekannt, dass es alles hortete. Was ihre Möpse und ihren Hintern anging, hatte Rhonda einiges zu bieten, aber sie hatte ein Gesicht wie ein Wiesel und ver hielt sich auch entsprechend. Oh Gott, dieser Ort! Dieser furchtbare, stinkende, laute, deprimierende, geistlose, total heruntergekommene Ort.
    Bevor Gail das erste Mal vor den Ausschuss getreten war, hatte sie, wie es ihr schien, drei Ewigkeiten lang gewartet. Sie hätte früher gehen können, aber ihr Anwalt hatte ihr davon
abgeraten. Mel Schapp hatte ihr in dem engen, sterilen Anwaltsbesuchskabuff gegenübergesessen, ihre herunterkullernden Tränen beobachtet und sich selbst ein paar von den Wangen gewischt, bevor er schließlich Gails Hände zwischen seine genommen hatte. »Wenn du ihnen gegenübertrittst, bevor sie glauben, dass du die Schwe re deiner Tat anerkannt - und einen angemessenen Preis da für bezahlt - hast, werden sie dich niedermachen. Du wirst doppelt so viel Zeit hier verbringen, als wenn du noch etwas wartest. Pass auf«, war er mit gequälter Stimme fortgefahren, »ich weiß, dass du ein guter Mensch bist. Was dich hierhergebracht hat, waren Naivität und eine fehlgeleitete politische Sensibilität. Und, ja, du kannst dich als politische Gefangene bezeichnen. Einige Leute würden dir das ab kaufen. Aber kein Richter und kein Mitglied eines Bewährungsausschusses. Sie wären nicht einmal imstande, das in Erwägung zu ziehen. In den USA gibt es keine politischen Gefangenen. Sprichst du das Thema an, würdest du sie nur überzeugen, dass sie recht haben, dich hinter Gittern zu lassen. Sie würden denken, dass du Gewalt immer noch für ein legitimes Mittel hältst, um einen politischen Wechsel herbeizuführen.«
    So dachte sie nicht mehr, wenn sie überhaupt je so gedacht hatte. Man hatte sie mit Waffen und Sprengstoff im Keller eines angemieteten Hauses erwischt. Sie und Tom Firestone. Und das, nachdem sie erst wenige Wochen verlobt gewesen waren. Tom war ein Vollblutaktivist gewesen, und seine Leidenschaft war ansteckend gewesen. Nicht dass sie darauf aus war, die Verantwortung auf ihn abzuwälzen, aber Gail hatte nie vorsätzlich einen anderen Menschen verletzt und würde es auch nie tun, ganz egal, wie gut das auch für die Gesellschaft als Ganzes sein mochte. Für sie war Terrorismus keine Option. Eigentumsdelikte mit einer Botschaft, das war ihre Grenze gewesen. In jenen Tagen war sie sich manch mal wie
eine Versagerin vorgekommen, weil sie nicht fähig gewesen war, diese Grenze zu überschreiten. Sie fragte sich, ob sie sich überhaupt auf das Gan ze eingelassen hätte, wenn es nicht für Tom gewesen wäre. Gail wusste nicht, ob sie einfach zu feige für diese Dinge gewesen oder ob sie auf der Suche nach Liebe in etwas hi neingezogen worden war, das weit über ih ren Horizont ging. Das Einzige, das sie tief in ihrem Herzen wusste, war, dass Gewalt falsch war. Grundsätzlich. Außer wenn man sich selbst gegen einen Angriff zu verteidigen hatte. Diese Ansicht hatte sie bei den Treffen allerdings nie zu äußern gewagt. Dabei hatte es in der Organisation, die sich selber »Free Now« genannt hatte, viele wie sie gegeben. Es war eine große, bunt zusammengewürfelte Gruppe Gleichgesinnter gewesen, die der Wunsch geeint hatte zu stoppen, was sie als kriminelle Aktivität der US-amerikanischen Regierung betrachtet hatten. Doch wenn es darum gegangen war, wie dieses Ziel am besten zu erreichen sei, waren sie sich uneins gewesen. Es hatte nur einen kleinen harten Kern von Mitgliedern im Zentrum der Organisation gegeben, die das Opfern von Menschenleben für ein le gitimes Mittel gehalten hatten. Es waren diejenigen gewesen, die in Philadelphia eine Bank ausgeraubt hatten. Diejenigen, die
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