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Geheimnummer. Kein Sex nach Plan

Geheimnummer. Kein Sex nach Plan

Titel: Geheimnummer. Kein Sex nach Plan
Autoren: Sabine Leipert
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Verständlicherweise wollte sein Verein ihn vor dem Medienrummel schützen, aber über Beziehungen hatte unser Sportchef Udo ein Exklusivinterview für unser Kölner Blatt ausgehandelt. Und das durfte ich nun führen. Anscheinend hatten meine Proteste was bewirkt. Ich hatte Udo monatelang bekniet, mich endlich mehr als die üblichen Standardberichte schreiben zu lassen. Schließlich arbeitete ich schon seit über einem Jahr in seiner Sportredaktion und hatte meiner Meinung nach mehr als bewiesen, dass ich Ahnung von der Materie hatte. Jetzt hatte Udo endlich ein Einsehen oder einfach nur die Nase voll von meinen Vorträgen. Auf jeden Fall war Daniel Schulte nun meine erste große Herausforderung. Mein erstes großes Interview!
    Allerdings bereitete mir die Aussicht auf das Exklusivgespräch mit einem Fußball-Jungstar, der sich in seinen Statements nach den Spielen bisher vor allem durch langgezogene Äääähs und Ähms hervorgetan hatte, im Moment eher Kopfschmerzen. Ich war fix und fertig. Und das hatte ich einzig und allein Udo zu verdanken, der mich zwecks Spesensenkung dazu verdonnert hatte, das neue sensationelle Sonderangebot der Bahn zu nutzen, das sogar billiger war als fliegen. Anstatt wie üblich am Abend vorher anzureisen, die Nacht in einem mittelmäßigen Hotel zu verbringen und dann ausgeschlafen zum Interviewtermin zu erscheinen, musste ich mich zu unmenschlichen Zeiten in einen vollen ICE nach Hamburg quetschen. Jetzt saß ich viel zu früh in einem Bistro im Eingangsbereich dieses piekfeinen Nobelhotels, das Daniel Schultes Manager für unser Treffen ausgewählt hatte, und kämpfte immer noch gegen die Übelkeit an, die der Schweißgeruch des übergewichtigen Geschäftsmannes neben mir die ganze Fahrt über verursacht hatte. Ich war alles andere als zu einem netten Gespräch aufgelegt. Und das bekam die italienische Bedienung in diesem französischen Bistro auch deutlich zu spüren, als ich trotz Übelkeit ein aufwendiges Frühstück bestellte, nur um meine Spesenrechnung ein wenig in die Höhe zu treiben. Der freundliche Kellner weigerte sich beharrlich, meine zwei Croissants mit Marmelade und Nutella, das gekochte Sechs-Minuten-Ei, die zwei Scheiben Vollkornbrot mit Ziegenkäserolle und französischem Brie und den frisch gepressten Orangensaft plus eine Schüssel Milchkaffee zu notieren. Aber zu meiner Schande kam meine Bestellung fehlerfrei nicht einmal zehn Minuten später auf den Tisch. Und zu meiner noch viel größeren Schande kam nicht einmal fünf Minuten später Daniel eine halbe Stunde zu früh zu unserem Gespräch. Ich bemerkte ihn sofort, als er das Hotel betrat, da er die anderen Gäste um gut einen Kopf überragte und sich hinter einer Sonnenbrille versteckte. Ich winkte ihm kurz zu und versuchte schnell, das halbe Croissant, das ich noch im Mund hatte, mit etwas Orangensaft runterzuspülen. Er kam mit seinem unverkennbar schlaksigen Gang auf mich zu, und ich schob schnell die Teller meines üppigen Gelages zusammen, um nicht so verfressen auszusehen. Daniel gab mir schüchtern die Hand, nachdem ich mich vorgestellt hatte. Zumindest hielt ich es da noch für Schüchternheit. Im Laufe des Gesprächs, oder vielmehr meines Monologs, stellte sich allerdings heraus, dass Daniel sich offenbar zur Strategie des passiven Widerstandes entschlossen hatte. Es war bekannt, dass er ein eher ruhiger Typ war und nicht gerne redete, aber dass er überhaupt nichts zu sagen hatte, war schon fast eine Frechheit. Auf jede meiner Fragen antwortete er entweder mit einem genuschelten »kann sein« oder »keine Ahnung«. Als ich nach einer halben Stunde immer noch nicht weitergekommen war, platzte mir endgültig der Kragen. »Vielleicht ist die Nachricht ja nicht richtig bei Ihnen angekommen, Herr Schulte, aber Ihnen ist schon klar, dass das hier als Gespräch geplant ist, oder?«, fragte ich noch einigermaßen freundlich, wobei meine Betonung auf »Gespräch« lag.
    Daniel zuckte mit den Schultern und nuschelte weiter desinteressiert: »Wenn du meinst.«
    Aha, wir waren immerhin schon beim Du angekommen.
    »Ja, das meine ich allerdings. Aber irgendwie vermisse ich hier den gesprächigen Teil, besonders von deiner Seite, findest du nicht auch?«
    Daniel zuckte unbeeindruckt mit den Schultern und fragte: »Was willst du denn von mir hören?«
    »Etwas anderes als ›Hm‹ wäre für den Anfang schon mal nicht schlecht. Ansonsten könnte ich mir vorstellen, dass unsere Leser von deinen Antworten ziemlich
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