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Geheimnisse des Zweiten Weltkriegs (German Edition)

Geheimnisse des Zweiten Weltkriegs (German Edition)

Titel: Geheimnisse des Zweiten Weltkriegs (German Edition)
Autoren: Guido Knopp
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war sein Einfluss in dieser Zeit fast unbeschränkt, fungierte er doch als Nadelöhr und Mittler zwischen dem »Führer« und dem Rest der Partei.
    Heß: der Anständigste, ruhig, freundlich, klug, reserviert: der Privatsekretär. Er ist ein lieber Kerl.
    Joseph Goebbels, Tagebuch 13. April 1926
    Dass er lärmende Auftritte, große Töne und jede Form von Profilierungssucht vermied, trug ihm dabei die Achtung beider Seiten ein. Zudem bewährte er sich als Spendensammler für die NS -Bewegung. Die lukrativen Kontakte zu Ruhrindustriellen, die wegen der »sozialistischen« Untertöne der NS -Propaganda noch zögerten, sich mit Hitler einzulassen, waren vor allem sein Werk. Die großzügigen Spenden ermöglichten erst jene Ankurbelung von Wahlkämpfen, die bald alle anderen Parteien in den Schatten stellen sollten.

»Im Bannstrahl seines Führers«: Hitler trifft im Juli 1926 zu einem NSDAP-Parteitag in Weimar ein. Im Fond des Wagens Rudolf Heß.
    Ullstein Bild, Berlin (Heinrich Hoffmann)

    »Fräulein Heß«: Der Hitler-Sekretär während einer Wahlkampfbesprechung im Berliner Hotel »Kaiserhof« anlässlich der Reichspräsidentenwahl, April 1932.
    BPK, Berlin (Bayerische Staatsbibliothek/Heinrich Hoffmann)

In den Briefen, die Heß später aus der Spandauer Zelle geschrieben hat, erschien das Jahrzehnt zwischen Landsberg und der »Machtergreifung« als die glücklichste Zeit seines Lebens. Dabei waren es zunächst schlechte Zeiten für Radikale – die deutsche Republik erholte sich zunehmend von der Krise und schien doch dauerhafter zu sein, als es bis zum Inflationsjahr 1923 den Anschein hatte. Die NSDAP dümpelte bei zwei Prozent der Wählerstimmen dahin. Erst der »Schwarze Freitag« an der New Yorker Börse wendete das Blatt: Wirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit und die Agonie der deutschen Politik ließen die Partei zur Massenbewegung anschwellen. Bei der Reichstagswahl im Juli 1932 erreichte sie mit 37 Prozent Stimmenanteil ein überwältigendes Ergebnis.
    Doch die Hoffnungen, dass Reichspräsident Hindenburg Hitler zum Reichskanzler ernennen würde, erfüllten sich nicht. Die Partei stürzte in eine Krise. Resignation und Finanznöte machten sich breit, zudem verlor die NSDAP bei der Novemberwahl wieder zwei Millionen Stimmen. Hitlers Nimbus bröckelte – auch in der eigenen Truppe. Im Dezember 1932 schien eine Spaltung der Bewegung greifbar, als NSDAP -»Reichsorganisationsleiter« Gregor Strasser mit Kanzler Kurt von Schleicher über eine Regierungsbeteiligung der NSDAP verhandelte – ohne Hitler. Doch zum endgültigen Bruch mit dem »Führer« konnte sich Strasser nicht durchringen – und zog sich stattdessen ins Privatleben zurück. Den gescheiterten Rivalen sollte dennoch Hitlers maßlose Rache treffen. Die Mordkommandos der SS erschossen am 30. Juni 1934, dem Tag des sogenannten »Röhm-Putschs«, auch Strasser.
    Noch im Dezember 1932 zerstückelte Hitler den Machtapparat, den Strasser hinterlassen hatte. Zum eigentlichen Erbe der Organisation wurde nun der treue Diener Heß. Es war sein erstes Parteiamt überhaupt: die Leitung der »Politischen Zentralkommission«. Über Nacht war aus ihm eine Art Generalsekretär geworden – mit Befugnissen, die auf dem Papier in sämtliche Gliederungen der NSDAP hineinreichten. Hitlers Kalkül bei der Ernennung von Heß war klar: Angesichts der unbedingten Loyalität seines Sekretärs wäre ein Putschversuch von dieser Seite zukünftig ausgeschlossen.

»Träum’ ich oder wach’ ich«: Mit der »Machtergreifung« Hitlers am 30. Januar 1933 begann auch für Heß ein neuer Lebensabschnitt.
    Ullstein Bild, Berlin (N.N.)

Mein liebes kleines Mädele! Träum’ ich oder wach’ ich, das ist hier die Frage! Ich sitze im Arbeitszimmer des Kanzlers in der Reichskanzlei am Wilhelmplatz. Ministerialbeamte nähern sich auf weichen Teppichen geräuschlos, um Akten »für den Herrn Reichskanzler« zu bringen, der augenblicklich dem Ministerrat vorsitzt und die ersten Regierungshandlungen vorbereitet. Draußen steht die Menge geduldig Kopf an Kopf und wartet, bis »er« abfährt – stimmt das Deutschlandlied an und bringt Heil-Rufe auf den »Führer« oder auf den »Reichskanzler« aus. Und dann durchschüttelt es mich wieder, ich muss die Zähne aufeinanderbeißen. […] Eine Etappe zum Sieg haben wir hoffentlich endgültig hinter uns. Die zweite schwere Kampfperiode hat begonnen!
    Brief von Rudolf Heß an seine Frau Ilse, 31. Januar 1933
    Ironischerweise war es gerade die
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