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Geheime Spiel

Geheime Spiel

Titel: Geheime Spiel
Autoren: K Morton
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vereiste Fahrbahn zurückzuführen.
    Miss Hartford hinterlässt eine ältere Schwester, Mrs Hannah Luxton, die Ehefrau des konservativen Abgeordneten für Saffron Green, Mr Theodore Luxton. Weder Mr noch Mrs Luxton waren bereit, einen Kommentar abzugeben; Gifford & Jones jedoch, die Anwälte der Familie, erklärten, ihre Mandanten
stünden unter Schock und wünschten momentan in dieser Angelegenheit nicht behelligt zu werden.
    Dies ist nicht das erste Unglück, von dem die Familie in jüngster Zeit heimgesucht wurde. Im vergangenen Sommer wurden Miss Emmeline Hartford und Mrs Hannah Luxton auf dem Anwesen Riverton Manor Zeuginnen des tragischen Selbstmords von Lord Robert Hunter. Lord Hunter war ein bekannter Dichter. Er hat zwei Lyriksammlungen herausgegeben.

Das Kinderzimmer
    E s ist ein milder Morgen, ein Vorbote des Frühlings, und ich sitze im Garten auf einer schmiedeeisernen Bank unter der Ulme. Die frische Luft tut mir gut, meint Sylvia, also sitze ich hier und genieße die scheue Wintersonne. Meine Wangen sind so kalt und schlaff wie zwei Pfirsiche, die zu lange im Kühlschrank gelegen haben.
    Ich muss an den Tag denken, an dem ich auf Riverton Manor als Dienstmädchen angefangen habe. Ich sehe alles noch genau vor mir. Es ist Juni 1914. Ich bin wieder vierzehn: naiv und linkisch. Ängstlich folge ich Nancy Stufe um Stufe die Treppe aus poliertem Ulmenholz hinauf. Ihr Rock raschelt gebieterisch bei jedem Schritt, jedes Rascheln ein Tadel meiner Unerfahrenheit. Ich mühe mich hinter ihr her die Treppe hoch, der Koffergriff schneidet mir in die Hand. Als Nancy um die Ecke biegt, um die nächste Treppe zu erklimmen, verliere ich sie aus dem Blick und folge nur noch dem Rascheln …
    Oben angekommen ging Nancy einen dunklen Flur hinunter und blieb schließlich mit einem harten Klappern ihrer Absätze vor einer kleinen Tür stehen. Sie drehte sich stirnrunzelnd um, als ich auf sie zugewankt kam, ihr Blick so dunkel wie ihr Haar.
    »Was ist los mit dir?«, fragte sie in abgehacktem Englisch, unfähig, ihren irischen Akzent zu verbergen. »Ich
wusste gar nicht, dass du so langsam bist. Mrs Townsend hat mir nichts davon gesagt, da bin ich mir sicher.«
    »Ich bin nicht langsam. Es ist nur mein Koffer. Er ist so schwer.«
    »Nun«, erwiderte sie, »so ein Theater hab ich noch nie erlebt. Ich möchte wissen, was für ein Dienstmädchen du abgeben willst, wenn du noch nicht mal einen Koffer tragen kannst, ohne zu wanken. Lass das bloß nicht Mr Hamilton sehen, wenn du den Teppichkehrer herumschleppst wie einen Sack Mehl.«
    Sie drückte die Tür auf. Das Zimmer war klein und kärglich eingerichtet, und es roch unerklärlicherweise nach Kartoffeln. Die eine Hälfte davon – ein eisernes Bett, eine Kommode, ein Stuhl – sollte mir gehören.
    »So. Das ist deine Seite«, sagte Nancy mit einem Kopfnicken in Richtung Bett. »Mir gehört die andere Seite, und ich wäre dir dankbar, wenn du nichts anrühren würdest. « Sie fuhr mit den Fingern über ihre Kommode, an einem Kreuz, einer Bibel und einer Haarbürste entlang. »Langfinger werden hier nicht geduldet. Und jetzt pack deine Sachen aus, zieh deine Arbeitskleidung an und komm nach unten, damit ich dich in deine Pflichten einweisen kann. Dass du mir ja nicht trödelst, verstanden? Und du darfst dich nur im Dienstbotenbereich aufhalten. Mittagessen gibt’s heute um zwölf, weil die Enkel des Hausherrn zu Besuch kommen und wir mit dem Herrichten der Zimmer jetzt schon im Hintertreffen sind. Dich suchen zu müssen, ist das Letzte, was ich noch brauchen kann. Ich hoffe bloß, dass du keine Trödlerin bist.«
    »Nein, Nancy«, antwortete ich, immer noch gekränkt, dass sie mich für eine Diebin halten könnte.
    »Na, das werden wir ja sehen«, erwiderte sie. Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Ich sage ihnen, ich brauche
ein neues Dienstmädchen, und was schicken sie mir? Ein Gör ohne Erfahrung, ohne Empfehlungen, und wie mir scheint, auch noch eine Trödlerin.«
    »Ich bin keine …«
    »Pah!« Sie schnaubte und stampfte mit ihrem schmalen Fuß auf. »Mrs Townsend sagt, dass deine Mutter flink und geschickt war und dass der Apfel nicht weit vom Stamm fällt. Ich kann nur für dich hoffen, dass sie recht hat. Bummelei von deinesgleichen wird von der Mistress nicht geduldet, und von mir ebenso wenig.« Dann warf sie ein letztes Mal missbilligend den Kopf in den Nacken und ließ mich allein in dem winzigen, dunklen Dachzimmer zurück.
    Ich hielt den Atem an und
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