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Geheime Depeschen #2

Geheime Depeschen #2

Titel: Geheime Depeschen #2
Autoren: Karsten Sturm
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Lesen war ihm gerade nicht zumute. Er blickte aus dem Fenster. Auf dem Hof schlenderten einige Kapitalverbrecher herum, die in regelmäßigen Abständen zu ihm hoch schauten. Seine Anwesenheit hier hatte sich inzwischen herumgesprochen, und seine Mitinsassen überlegten anscheinend noch, ob sie ihn wie einen Triebtäter oder wie einen Helden behandeln sollten. Die meisten hielten daher zunächst Abstand, eine falsche Einschätzung, mit wem man sich einlassen sollte oder nicht, konnte für die Zukunft jedes Einzelnen im Gefängnis fatale Folgen haben. So großzügig Straftäter im realen Leben etwas vergessen konnten, hier landete alles in einem unsichtbaren schwarzen Buch. Wessen Name einmal darin stand, hatte nichts mehr zu lachen. Das war ein unumstößliches ungeschriebenes Gesetz, das im Extremfall über Leben und Tod entscheiden konnte.
    Das Schloss der Zellentür wurde geöffnet. William hatte sich zuvor auf eigenen Wunsch einsperren lassen. Der Vollzugsbeamte stand im Türrahmen und machte eine einladende Geste. William ließ sich nicht lange bitten. Schnellen Schrittes liefen sie über den langen Flur in Richtung Besucherzimmer. Er freute sich auf ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht, die wenigen und kurzen Telefonate, die er bisher mit seinem Anwalt und seiner Mutter führen durfte, hatten dies nicht ersetzen können.
    „Hallo William, setz dich! Wir wollen keine Zeit verlieren“, begrüßte ihn sein Anwalt freundlich. „Wir haben nur eine Stunde.“
    „Okay!“, winkte William ab. „Du zuerst.“
    „Also, zunächst mal, hier in der Tüte habe ich ein paar Sachen, die du gut gebrauchen kannst. Sie sind bereits überprüft und genehmigt.“
    Er überreichte William eine Tragetasche aus Papier, auf der das Logo von Harrods prangte. William war schon öfters in dem monumentalen Kaufhaus gewesen und lief in Gedanken für einen kurzen Moment durch die Food Halls, die für ihre Jugendstil-Ornamente weltberühmt waren.
    „Wenn Schweden mit seiner feministischen Gesetzgebung so weiter macht, werden die Schwedinnen bald niemand mehr finden, der mit ihnen ins Bett geht“, bemerkte Christian und riss William aus seinen Gedanken, „noch nicht einmal unter ihren Landsleuten“
    „Sie müssten also auswandern, um Sex zu haben“, kommentierte William amüsiert. Beide mussten lachen.
    „Da hat doch dieser Anwalt behauptet, du seist ein Lügner.“ Christian wurde ernst. „Und diese Staatsanwältin muss aus Fantasien stammen, sie glaubt tatsächlich, du hättest die beiden Frauen auf intelligente Weise manipuliert, mit dir in die Kiste zu steigen.“
    „Wenn ich das könnte, würde ich sofort ein Patent darauf anmelden“, bemerkte William süffisant.
    „Nein, jetzt mal im Ernst: Schweden ist die eine Sache, wir bereiten uns intensiv auf den Termin vor, um jeglichen Vorwurf widerlegen zu können. Ich habe extra eine Kollegin mit ins Team genommen. Von Frau zu Frau wird sie mit der Richterin besser klar kommen als ich das könnte.“
    William nickte und Christian fuhr fort: „Wir wollen uns heute jedoch erst einmal darauf konzentrieren, dass du nach der Anhörung auf Kaution frei kommst und wir dir bis dahin noch ein paar Hafterleichterungen verschaffen.“
    „Ich brauche dringend einen Rechner“, lautete Williams spontane Reaktion, „mit beschränktem Internetzugang.“
    „Sonst nichts?“, fragte Christian.
    „Alles andere ist mir egal. Schau einfach, was du für mich rausschlagen kannst. Und kümmere dich darum, dass ich hier rauskomme. Hier drin werde ich wahnsinnig.“ William verdrehte die Augen.
    „Ja, mach dir mal keine Sorgen, wir sammeln bereits Gelder für deine Kaution. Es sind noch genug Förderer da. Das bereitet mir noch die geringste Sorge.“
    „Wieso? Gibt es etwas, was ich wissen müsste?“ William wirkte beunruhigt.
    „Wir rechnen damit, dass die US-Behörden in Kürze Anklage wegen Spionage gegen dich erheben werden.“ Der Anwalt zog die Augenbrauen nach oben. „Wir haben entsprechende Hinweise aus den USA erhalten.“
    „Verfassungswidrig“, entgegnete William gelassen.
    „Ganz so einfach ist es nicht, man erwägt sogar, Gesetze zu ändern, um dich irgendwie für die Veröffentlichungen haftbar zu machen“
    „Ach so! Staatsfeind Nummer eins und so.“ Williams Stimme klang immer noch gefasst. „Daran glaube ich nicht, die amerikanischen Medien werden sich sowas nicht gefallen lassen, das hätte ja auch Auswirkungen auf ihre Arbeit. Und ein ‘Whistleblow-Gesetz‘ ist
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