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Geh aus, mein Herz

Geh aus, mein Herz

Titel: Geh aus, mein Herz
Autoren: Ake Edwardson
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werden. Was würde dann passieren? Würde er ihr dann kein Wasser mehr bringen und Brot und zermanschte Äpfel? Ihr war aufgegangen, dass er sie loswerden wollte, es aber nicht mit eigenen Händen schaffte. Sie musste mit ihm reden, ihn dazu bringen, etwas zu sagen. Wenn es überhaupt eine Chance gab, hier lebendig herauszukommen, dann lag sie dort. Woher kam der Funke Hoffnung, den sie jetzt empfand?
    Dann war alle Hoffnung gewichen wie das Blut aus ihrem Gesicht. Er hatte eine kleine Glasschüssel, die wie ein Aquarium aussah, auf den Couchtisch gestellt, den sie drei oder vier Meter entfernt sah. Dann hatte er ihr Gesichtsfeld verlassen. Etwas schwamm in dem Wasser oder der Flüssigkeit oder was es war, nein, es war … bewegte sich langsam aufwärts vom Grund … einige Sachen, die unten befestigt zu sein schienen, und als sie erkannte, was es war – erst, als er eine Lampe eingeschaltet und das Licht auf die Schüssel gerichtet hatte, erkannte sie, was darin schwamm –, stürzte ihr Mageninhalt aus ihrem Mund.

31
    Wide kratzte die Autoscheiben frei, zum ersten Mal in dieser Saison. Seine Finger wurden kalt und schmutzig vom Eis, das sich schwarz gefärbt hatte von alldem, was er von den südlichen Landstraßen mitgebracht hatte. Wenn es noch ein wenig stärker fror und die Straßen trockener wurden, würde er das Auto waschen lassen, das war er ihm schuldig. Jon könnte mitkommen. Der Junge liebte die Autowaschanlage, beobachtete stets mit einer Spur von Angst in der Begeisterung, wie das Wasser von allen Seiten strömte. Die Bürsten, die wie Trolle angerollt kamen. Die Waschanlage war wie ein kleiner Vergnügungspark. Der Preis war in etwa derselbe, aber den Gedanken an Geld schaltete Wide gleich nach der Szene der Autowäsche in seinem Kopf ab. Es war nicht gerade aufbauend, vor den bevorstehenden Festtagen an Geld zu denken. Den Menschen stand der Sinn nach Jubel und Ruhe, beides zu etwa gleichen Teilen, und in diesen Tagen konnte Wide es still genießen, dass er kein Polizist war, der die Aufgabe hatte, die Freude in den Familien zu dämpfen, wo der Jubel keine Grenzen mehr kannte. Es gab zwei Kategorien von Menschen, die es während der großen Festtage am schwersten hatten: Einsame und Polizisten im Dienst. Die Einsamen sahen in die Glotze, und die Polizisten sahen die Einsamen, nachdem diese den Fernseher eingetreten hatten. Er hatte gesehen, wie wenige es waren, die Geschenke bekamen. Wie viele auf Nahestehende eingeschlagen hatten. Einige hatten ihre Beziehung für beendet erklärt und hier und da Jonathan Wide als Scheidungsvollstrecker eingesetzt. Die Kinder als Zeugen. The loneliness goes on and on.
    Wer trank nicht nach so einem Abend. Die schlimmsten Erinnerungen an Dienstnächte hatte er in den hintersten Müllschlucker des Gehirns verbannt, ihn schnell verschlossen und den Schlüssel hinterhergeschmissen. Das war ein schwieriges Manöver, aber nötig. Niemand konnte die Erinnerungen von dort heraufholen; aber einmal, vor gar nicht langer Zeit, hatte er an einem frühen Morgen, als er sehr betrunken gewesen war, die Klinke gesehen, und seitdem war er vorsichtiger mit dem Alkohol. Alle anderen Gründe für ein nüchternes Leben waren nur leeres Gerede. Die Ursache lag im Abfall; den konnte man in sieben Millionen Jahren weder verbrennen noch vernichten, aber er konnte ihn jetzt und in den folgenden Leben unter Verschluss halten.
    Jetzt, da er ins Auto hineinschauen konnte, sollte es ja wohl auch möglich sein, hinauszuschauen. Er wischte den Schaber mit einem Stück Haushaltspapier von der Rolle ab, die unter dem Fahrersitz lag, und setzte sich in den Wagen. Er fuhr in südlicher Richtung und die Windschutzscheibe beschlug erneut. Der Ventilator war nicht in Ordnung. Er drehte das linke Seitenfenster einige Zentimeter herunter.
    Er fuhr über den Hügel der Slottsskogsgatan und durch das Villenviertel von Skytteskogen; die Häuser schienen zu schlafen, als ob nichts sie wecken könnte. Hier könnte ich wohnen, dachte Wide und bog nach rechts in den Kreisel ein, fuhr weiter nach Westen. In der Kungsladugårdsgatan bog er links ab und hielt gegenüber von der Pizzeria in der Högsbogatan. Er sah keine Bewegung. Der Tag war ohne Tiefe und wie in Silber getaucht, das Licht ängstlich und ohne Selbstvertrauen. Er drehte das Seitenfenster ganz herunter und versuchte das Salz vom Meer in der Luft wahrzunehmen, aber da war nichts. Dann fahr ich raus nach Saltholmen und glotze, dachte er.
    Die
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