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Gegensätze ziehen sich aus

Titel: Gegensätze ziehen sich aus
Autoren: Kerstin Gier
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(»Aber wehe du sagst, dass ich dir gesagt habe, dass du anrufen sollst«), konnte er ihn nicht erreichen.
    »Im Büro sagen sie, er ist nach Barcelona geflogen«, sagte Ronnie.
    »Ach ja«, sagte ich. »Das wollte ich nur wissen.«
    Ronnie fragte, worüber genau wir uns denn gestritten hätten. Ich sagte es ihm, Wort für Wort. Es tat irgendwie gut, es alles noch einmal zu wiederholen. Als ich damit fertig war, schwieg Ronnie.
    »Bist du eingeschlafen?«, fragte ich.
    »Nein«, sagte Ronnie. »Ich denke nur gerade, was meine Mutter immer sagt: Wegen einer Minute Ärger verpasst man sechzig Sekunden Freude.«
    »Hä? Bitte verrat mir nicht, was das mit mir und Anton zu tun haben soll«, sagte ich. »Gib mir noch Mimi, die ist besser im Trösten als du.«
    Mimi riet mir, zur Trennung von Anton eine Pro- und Kontraliste zu machen, um mir über eine weitere Vorgehensweise klar zu werden.
    »Ich werde da gar nicht vorgehen«, sagte ich. »Das ist nicht meine Art, das weißt du.«
    »Mach diese Liste«, sagte Mimi.
    Also setzte ich mich hin und schrieb. Pro Trennung von Anton: Kann in meinem Haus wohnen bleiben. Muss nie wieder Golf spielen. Kann das doofe Golfzeug verticken und reich werden. Kann meinen Eltern sagen, dass sie recht hatten. Kann aufhören, die Beine zu rasieren. Kann sein, dass ich sowieso bald sterbe, und dann muss Anton nicht traurig sein. Kann, falls ich am Leben bleibe, meinen Kindern und Enkelkindern später mal erzählen, dass ich weiß, wie es sich anfühlt, die große Liebe zu verlieren. Kann lästige Telefonverkäuferinnen vergraulen.
    »Spreche ich mit Frau Constanze Bauer?«
    »Ja.«
    »Frau Bauer, mein Name ist Gudrun Fischer, und ich bin heute Ihre Glücksfee. Denn Sie haben gewonnen! Ist das nicht großartig?«
    »Doch. Gerade heute geht es mir nämlich sehr schlecht.«
    »Frau Bauer, setzen Sie sich besser mal. Sonst fallen Sie mir noch um, wenn ich Ihnen sage, dass Sie den Hauptgewinn gemacht haben.«
    »Oh mein Gott! Ich gewinne sonst nie etwas!«
    »Und gewonnen haben Sie eine Reise nach Tunesien, Frau Bauer! Eine Woche Halbpension in einem Vier-Sterne-Hotel. Im Wert von zweitausend Euro! Na, was sagen Sie jetzt, Frau Bauer?«
    »Das ist unfassbar. Sie wissen ja gar nicht, was für eine Freude Sie mir machen. Bis gerade eben hielt ich mich noch für den größten Pechvogel der Welt.«
    »Frau Bauer, Flug und das Hotel sind bereits für Sie reserviert. Ab in die Sonne! Alle Sorgen mal hinter sich lassen. Und das Beste kommt ja noch: Sie dürfen eine Begleitperson mitnehmen, Frau Bauer! Und weil heute Ihr Glückstag ist, bekommt ihre Begleitperson sagenhafte fünfzig Prozent Ermäßigung. Fünfzig Prozent, Frau Bauer. Na, wird sich da Ihr Mann freuen, Frau Bauer?«
    »Leider habe ich keinen Mann«, sagte ich. »Er hat mich letztes Jahr um diese Zeit wegen einer anderen sitzen lassen.« Das war sogar wahr.
    »Aber vielleicht einen Freund, den Sie mitnehmen können? Für sagenhafte fünfzig Prozent Preisnachlass!«
    »Leider habe ich auch keinen Freund. Wir haben uns gerade getrennt.« Das war leider auch wahr.
    »Na, dann machen Sie doch einfach Urlaub mit einer Freundin. «
    »Leider habe ich keine Freundinnen mehr. Die eine hat sich letztes Jahr meinen Mann geangelt, die andere ist gerade mit meinem Freund nach Spanien geflogen. Und die dritte sitzt im Knast.« Meine Glücksfee zögerte merklich.
    »Und wenn Sie einfach Ihre Frau Mama fragen?«
    »Die ist tot«, sagte ich, und um vorzubeugen, dass die Glücksfee als Nächstes meine Cousine als Reisepartner vorschlug, setzte ich hinzu: »Alle meine Verwandten sind tot. Außer Cousin Edgar, der ist nach Neuseeland ausgewandert. Leider habe ich seine Adresse nicht.«
    »Ja, also ...«, sagte die Glücksfee. »Und eine Nachbarin, vielleicht? So eine schöne Reise dürfen Sie doch nicht verfallen lassen.«
    »Nein, ich will sie auf keinen Fall verfallen lassen. Aber mit meinen Nachbarn zur linken habe ich einen Rechtsstreit laufen, und im Haus rechts wohnt mein Ex mit meiner ehemals bestenFreundin. Es ist niemand da, mit dem ich verreisen könnte. Es sei denn ...«
    »Ja?«
    »Es sei denn, Sie würden mit mir fahren«, sagte ich. »Wir kennen uns zwar nicht, aber es ist ein einmalig gutes Angebot. Fünfzig Prozent Ermäßigung. Das können Sie sich doch nicht entgehen lassen. Und wer weiß? Vielleicht entdecken wir während des Urlaubs sogar Gefühle füreinander.«
    Da legte meine Glücksfee einfach auf. Offenbar war dieser Fall im
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