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Gegensätze ziehen sich aus

Titel: Gegensätze ziehen sich aus
Autoren: Kerstin Gier
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nicht vorhast, mit mir zusammenzuziehen! Warum sagst du das Frau Hittler, aber nicht mir? Meinst du nicht, mich würde das mehr interessieren?«
    »Sie bekommt eine Courtage, und du nicht.«
    »Hör mit den doofen Witzchen auf«, sagte Anton. »Das ist überhaupt nicht komisch. Du beschwerst dich, ich hätte hinter deinem Rücken nach einem gemeinsamen Haus gesucht, aber du beschließt hinter meinem Rücken, dass wir gar nicht zusammenziehen.«
    »Noch nicht«, sagte ich. »Jetzt sei doch nicht sauer! Ich fand die ganze Zeit, dass du die Sache überstürzt!«
    »Ich hatte dir meine Gründe klar dargelegt.«
    »Ja. Sehr klar. Du willst mit mir zusammen ziehen, weil Emily klare Verhältnisse braucht.«
    »Unter anderem, ja.«
    »Und ein kostenloses Kindermädchen«, sagte ich.
    Jetzt sah Anton gekränkt aus. »Das ist nicht wahr.«
    »Vielleicht nicht.« Ich guckte vor mich auf den Fußboden.
    »Ich mag es nicht, wenn man mich hintergeht«, sagte Anton. »Ich bevorzuge einen ehrlichen und direkten Umgang miteinander. «
    Ich wollte schon zu einer Verteidigung ansetzen, von wegen, ich habe ihn nicht hintergangen, aber dann überlegte ich es mir anders.
    »Ich hasse Golf«, sagte ich.
    »Wie bitte?«
    »Ich habe dich auch mit Golf hintergangen. Ich finde, es ist ein saublödes Spiel. Aber ich habe mich nicht getraut, es dir zu sagen, also habe ich diese verdammte Platzreife gemacht, und du hast mir prompt eine Golfausrüstung im Wert von dreißig Brunnen für Namibia zum Geburtstag geschenkt.« Ich sah kurz vom Fußboden hoch in Antons schockiertes Gesicht, dann senkte ich den Blick wieder und fuhr leise fort: »Außerdem habe ich zwar Psychologie studiert, aber niemals mein Diplom gemacht. Und Rettungsschwimmerin war ich auch nicht. Und ich kann absolut nicht singen. Ich habe immer nur gelogen.«
    Anton sagte nichts. Offenbar musste er das Gehörte erst mal verdauen.
    »Ich war auch niemals schleswig-holsteinische Vizejugendmeisterin im Schach«, fuhr ich fort. »Meine Eltern haben recht: Ich bin wirklich in jeder Beziehung eine absolute Niete. Ich wollte nicht, dass du es merkst. Und natürlich hatte ich meinen Elternnichts von dir erzählt! Wenn es nach mir gegangen wäre, hättet ihr euch niemals kennen gelernt.«
    Anton sagte immer noch nichts. Ich hingegen hatte mich so richtig schön in Schwung geredet.
    »Ich habe auch gelogen, als ich gesagt habe, dass es mir nichts ausmacht, dass du Weihnachten vielleicht mit deiner Exfrau und deinen Töchtern feierst. Es macht mir wohl was aus, dass du dir das alles bis zur letzten Minute offen halten willst und uns in deine Planung überhaupt nicht mit einbeziehst. Wenn man's genau nimmt, habe ich dir eigentlich immer nur was vorgemacht.« Ich wagte noch mal einen Blick in Antons Gesicht. Er hatte den Kiefer zusammengepresst, wie immer, wenn er wütend war.
    »Außer die Orgasmen«, sagte ich. »Die waren echt, ehrlich.«
    »Fühlst du dich jetzt besser?«, fragte Anton kühl.
    »Ja, irgendwie schon«, sagte ich. »Was das Zusammenziehen betrifft: Ich kann mir das schon vorstellen. Sogar mit Emily. Irgendwann mal. Aber nicht jetzt. Und ich will dieses Haus nur sehr ungern verlassen. Es ist mein erstes eigenes Zuhause, in dem ich selber bestimmen darf. Ich mag die Lage, ich mag die Farben, den Garten und die Bäume. Ich mag die Nachbarn, bis auf Frau Hempel. Ich mag es, in einem Funkloch zu wohnen. Ich will hier nicht weg.«
    »Du willst in diesem Haus wohnen bleiben?«
    Das hatte ich doch gerade gesagt, Mann. »Genau.«
    »Danke, dass du mir das gesagt hast«, sagte Anton. Er stand auf, nahm seinen Mantel vom Haken und ging zur Haustür. Ich wartete darauf, dass er noch etwas zum Abschied sagte, aber das tat er nicht. Er machte die Tür auf und verschwand wortlos in der Dunkelheit.
    »Meinst du, der kommt noch mal wieder?«, fragte Nelly. Sie stand oben an der Treppe und hatte schon ihren Schlafanzug an.
    Keine Ahnung, wie viel sie von unserem Streit mitbekommen hatte.
    »Eher nicht«, sagte ich.
    »Dann mach die Tür zu, es zieht!«, sagte Nelly. »Wir haben sechs Grad minus!«
    * * *
    Als Anton sich zwei volle Tage nicht gemeldet hatte, rief ich bei Mimi an und sagte ihr, dass wir uns getrennt hätten.
    Mimi sagte, das glaube sie nicht. »Ihr werdet euch schon wieder vertragen«, sagte sie.
    »Kannst du mal bitte Ronnie fragen, ob er in den letzten beiden Tagen mit Anton geredet hat?«
    Aber Ronnie hatte Anton nicht gesprochen. Als er es auf meine Bitte hin versuchte
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