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Gefürchtet

Titel: Gefürchtet
Autoren: Heyne
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Francisco Tollwut haben.
    Neben dem Hund stoppte er. »Hey, Junge, ganz ruhig.« Hinten auf dem Kennedy Drive wurde eine Autotür zugeschlagen. Das Knirschen von Stiefeln auf Blättern und Kiefernnadeln. Whiskey legte die Ohren an. Seth packte ihn am Halsband. Der Hund zitterte vor Anspannung.
    Der Vogelgesang war verstummt.
    »Bei Fuß.« Seth drehte sich um.
    Zehn Schritt von ihm entfernt im Halbdunkel stand ein Mann. Die Überraschung prickelte hoch bis in Seths Haarspitzen.
    Der kahlgeschorene Schädel des Mannes ging ohne Unterbrechung direkt in die Schultern über. Die Arme hingen an den Seiten herunter. Er sah aus wie eine Frankfurter, die den ganzen Tag gekocht worden war.

    Er deutete mit dem Kinn auf Whiskey. »Ein echter Prachtkerl. Wie heißt er?«
    Die Sonne war fast untergegangen. Warum trug der Typ eine Sonnenbrille?
    Der Kerl schnippte mit den Fingern. »Komm zu mir, Hund.«
    Seth hielt Whiskey am Halsband fest. Das Prickeln war jetzt überall, und hinter den Augen spürte er ein helles Klopfen. Was wollte der Typ?
    Der Kerl neigte den Kopf. »Ich hab dich gefragt, wie er heißt, Seth.«
    Hinter Seths Augen hämmerte es jetzt laut. Seth war schlaksig und hatte kupferfarbenes Haar, das abstand wie Stroh, und blassblaue Augen, die ideal waren für den strafenden Ausdruck, den seine Mutter als Tausendmeterblick bezeichnete. »Du siehst mich schon genauso an wie dein Vater«, sagte sie manchmal. »Warum immer ich?«
    Seth umklammerte Whiskeys Halsband. Warum immer er? Warum, warum - o Scheiße, das hier hatte was mit seinem Dad zu tun.
    Was wollte der Typ? Und wieso von ihm?
    Los! Er hackte in die Pedale und zischte ab wie ein Windhund, im Neunziggradwinkel weg von dem Typen, direkt in den Wald.
    »Whiskey, Fuß«, brüllte er.
    Es gab keinen Pfad, nur holperigen Boden, der mit braunem Gras und Laub bedeckt war. Seine Hände krallten sich um den Lenker, und er strampelte mit einer Heftigkeit, die er seinen Beinen nicht zugetraut hätte. Seine Brille hüpfte auf der Nase. Die Ohrstöpsel flogen nach unten und prallten gegen den Rahmen. Blecherne Klänge waberten heraus.

    Hinter ihm bellte Whiskey. Seth wagte es nicht, sich umzuschauen.
    Der Kerl war nicht der Einzige. Whiskey hatte in Richtung Kennedy Drive geknurrt, und Seth hatte eine Autotür und Schritte auf dem Weg gehört. Er hatte das Gefühl, als hätte ihm jemand einen Apfel in die Kehle gerammt. Zwei Typen, die hinter ihm her waren.
    Er musste Mom warnen.
    Das Handy steckte in der Jeanstasche, aber solange er dahinraste wie ein Bekloppter, konnte er es nicht rausholen. Ein Wimmern stieg in ihm hoch. Er würgte es ab. Bloß nicht heulen.
    Die Bäume hatten sich verdunkelt, sie waren nicht mehr grün, sondern schwarz. Hundert Meter weiter vorn erspähte er durch die Zweige vorüberziehende Scheinwerfer auf der Fulton Street.
    Er musste es nach Hause schaffen. Seine Mom - o Gott, wollten diese Typen vielleicht auch was von ihr?
    Noch neunzig Meter bis zur Fulton. Weiße Lichter harkten durch die Bäume. Seine Hände krampften sich um die Griffe, die Beine brannten. Im Rucksack schaukelte die
    Gitarre auf und ab. Das Fahrrad ratterte über eine Wurzel. Seth hielt das Gleichgewicht, korrigierte und jagte weiter. Auf der Fulton waren bestimmt Leute. Die Scheinwerfer kamen näher.
    Hinter ihm jaulte Whiskey.
    Er blickte über die Schulter. Sein Hund hetzte ihm durchs Unterholz nach, der Kerl direkt hinter ihm.
    »Whiskey, schnell!«, schrie Seth.
    Obwohl seine Beine schon zitterten, keuchte er weiter auf die Straße zu, vorbei an einer alten Eiche.

    Hinter der Eiche lauerte der zweite Mann.
    Als Seth auf gleicher Höhe mit ihm war, fuhr er den Arm aus und packte die Gitarre am Hals. Seth wurde vom Fahrrad gerissen und flog mit ausgebreiteten Armen nach hinten. Krachend landete er auf dem Boden, die Gitarre unter sich. Die Saiten machten sproing, und der Korpus zerbrach. Seth japste nach Luft.
    Der Kerl packte ihn. Er hatte eine graue Igelfrisur und war rechteckig wie ein Betonziegel. Alt, aber voller Pickel. Der Typ zerrte Seth auf die Füße.
    Seth wand sich. Ein Kreischen brach aus ihm heraus: »Lass mich los!« Er fuchtelte mit der Faust und trat nach den Knien des Kerls.
    »Beruhig dich.« Der Mann drehte Seth den Arm auf den Rücken.
    Ein scharfer Schmerz schoss durch seinen Ellbogen. Der Typ stieß ihn in die Büsche.
    Plötzlich war Whiskey da, ein knurrendes Paket aus Muskeln und Fell. Der Hund sprang den Typen an und bohrte ihm die Zähne ins
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