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Gefürchtet

Titel: Gefürchtet
Autoren: Heyne
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Handgelenk. Der Kerl torkelte und ließ Seth los.
    Die Brille schief auf der Nase, stolperte Seth durch die Bäu me Richtung Fulton Street. Hinter sich hörte er wildes Bellen. Ein Schrei. Dann ein furchtbares Jaulen von Whiskey.
    Noch vierzig Meter bis zur Straße. Whiskeys Heulen ging in leises Winseln über. Seth rannte weiter. Noch zwanzig Meter. Im Kopf hörte er sei nen Dad: Ein Tier ist kein Grund zum Ausweichen. Wenn es auf der Straße um dich oder einen Hund geht, bist du derjenige, der überleben muss.
    Das hier passierte wegen Dad, und er musste hier rauskommen,
sonst wartete eine Welt voller Schmerzen und Angst auf ihn und seine Mutter.
    Fünfzehn Meter. Er konnte die Straße sehen, Autos, den Gehsteig, die Querstraße von der Fulton weg. Seine Straße - sein Haus war ei nen Block weiter oben. Angestrengt versuchte er zu erkennen, ob der Wagen seiner Mom dort parkte.
    Tatsächlich - in der Auffahrt stand jemand. Eine Frau - blasse Beine unter einem Rock. Langes, hellbraunes Haar.
    Neue Energie schoss ihm in die Glieder. » Mom!«
    Whiskey jaulte.
    Seth zögerte. Whiskey hatte ihn gerettet. Er konnte den Hund nicht im Stich lassen. Er bückte sich nach ei nem Stein und wirbelte herum.
    Der Glatzkopf rollte heran wie ein Expresszug. Bevor Seth zum Wurf ausholen konnte, duckte sich der Mann im Lau fen und sprang ihn an.
    Seth knallte so heftig auf den Boden, dass die Brille wegflog, aber den Stein ließ er nicht los. Er drosch ihn dem
    Typen auf den Kopf. »Scheiße, lass mich los!«
    Der Glatzkopf packte Seths Hand und drückte sie zu Boden. Dann kam auch schon der andere Kerl angerannt; er schleifte Whiskey am Hals band hinter sich her. »Wie der Vater, echt.« Er drehte den Arm und inspizierte eine blutige Bisswunde. »Mistköter.«
    Seth riss den Kopf zurück und brüllte. »Mom!«
    Der Glatzkopf griff ihm ins Gesicht und versuchte, ihm mit Gewalt den Mund aufzudrücken und ihm ein Taschentuch als Knebel hineinzustopfen. Er blutete an der Stirn, wo ihn der Stein getroffen hatte. Seth presste eisern die Zähne aufeinander. Whiskey rappelte sich auf und bemühte sich, zu ihm zu gelangen. Der Typ kniff Seth brutal in die Nase. Seth
trat nach ihm, um ihn an den Knien zu erwischen, doch im Vergleich zu diesem Kerl war er nur eine Heuschrecke. Als er den Mund öffnete, um nach Luft zu schnappen, wurde ihm das Taschentuch hinter die Zähne gerammt.
    Der Mann packte Seth an den Haaren und lehnte sich nach unten, um ihm die Lippen ans Ohr zu drücken. »Ich tu dir weh, wenn du nicht aufhörst.« Er machte schmatzende Geräusche an Seths Haut. »Aber zuerst tu ich dei nem Hund weh. Mit einem Schraubenzieher.«
    Wie Wasser sickerte die Kraft aus Seth heraus. Auf seiner Brust lastete ein dunkles Gewicht, Tränen stiegen ihm in die Augen.
    Der Mund unter der Sonnenbrille lächelte. Das Zahnfleisch glänzte feucht und rosa. Der Glatzkopf wandte sich an den pickeligen Typen. »Ruf an.«
    Ohne Brille wirkte das Zwielicht trüb und verwaschen.
    Der Pickelige hing an seinem Handy. »Kannst kommen.«
    Der Glatzkopf wischte sich mit dem Unterarm über die Stirn. »Du weißt, worum’s hier geht?«
    Vorn auf der Straße bremste ein schwarzer Lieferwagen mit quietschenden Reifen. Ein Mann sprang heraus und stakste auf den Wald zu. Ein magerer Weißer, der aussah wie ein Gangsterrapper. Oder wie die Darstellung ei nes Gangsterrappers auf MTV. Blaues Bandana um die Stirn, rollende Schultern, und aus der Tasche seiner Hängejeans baumelte eine Kette. Die Mickymausausgabe eines Zuhälters.
    Der Glatzkopf beäugte ihn, als hätte er sich für einen Umzug maskiert. Hatte ihn offenbar als Schwachkopf einsortiert. Als gefährlichen Schwachkopf.
    Dann wandte er sich wieder Seth zu. »Du weißt, wo dein Vater ist? Was er macht?«

    Seth schwieg.
    »Du kannst es dir aussuchen. Willst du, dass dir was passiert oder dass du verschwindest?« Er musterte Seths Gesicht und verzog den Mund erneut zu einem feuchten Lächeln. »Na also.« Er schaute die anderen an. »Ab mit ihm.«

Kapitel 2
    Der Wind pfiff über das Wasser. Chuck Lesniak rieb sich mit einem Taschentuch über den Nacken. Am Flussufer stand schulterhoch das grüne Gras. Es schwankte in der Brise und flüsterte ihm zu. Letzte Chance.
    Der erste Offizier marschierte über den Kai und trug eine Kühlbox voller Bier zum Jetboot. Es war ein feuchter Märzabend, und dem ersten Offizier klebte das verblichene Manchester-United-Trikot am Rücken. Der Skipper des Jetboots trug Epauletten
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