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Gefangene des Meeres

Gefangene des Meeres

Titel: Gefangene des Meeres
Autoren: James White
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    »Jedenfalls«, fuhr er laut fort, »ist das Wrack in einer Tiefe schwimmfähig, wo der Wasserdruck keine große Gefahr darstellt. Alle Tanks sind trocken, alle Schweißnähte dicht. Ich habe kein Schwitzwasser und keine undichten Stellen entdecken können. Wir befinden uns in keiner unmittelbaren Gefahr, und jeder, der bei diesem Wetter in einem offenen Rettungsboot oder gar auf einem Floß treibt, wird uns wahrscheinlich beneiden. Allerdings ist damit noch nicht das Problem gelöst, wie wir hier herauskommen sollen. Ich sehe drei Möglichkeiten für uns. Die erste ist, daß wir irgendeine Vorrichtung ersinnen, mit der wir Signale zur Oberfläche senden können. Die zweite ist, daß man uns abschleppt. Die »Gulf Trader« ist ein wertvolles Schiff, und wenn unsere U-Boot-Aufklärer uns mehrere Male in treibendem aber nicht sinkendem Zustand sichten, wird man vielleicht Hochseeschlepper und ein Begleitschiff auslaufen lassen, um uns in den nächsten Hafen zu bugsieren. Die dritte Möglichkeit ist, daß wir von der Strömung an die Küste getrieben werden und irgendwo am Strand auflaufen.«
    »Angenommen, wir laufen auf eine Felsenküste auf«, sagte Dickson. »Die Westküste von Irland hat Strecken, die uns den Boden herausreißen könnten.«
    »Auch das ist eine Möglichkeit«, räumte Wallis ein.
    »Und eine weitere ist«, warf Radford ein, »daß wir nicht auflaufen und unbegrenzt lange weitertreiben. Das wirft die Frage auf, wie es mit Lebensmitteln, Wasser und Luft aussieht, Sir. Wie lange wird es dauern, bis unsere Atemluft stickig wird?«
    Wallis hatte sich diese Fragen bereits vorgelegt und über sie nachgedacht. »Nehmen wir einmal das Schlimmste an, nämlich, daß wir in halbgesunkenem Zustand lange Zeit weitertreiben, ohne gesehen zu werden oder auf Grund zu laufen. Die Lebensmittelversorgung ist kein Problem und wird niemals eins sein; wir haben Hunderte von Tonnen an Bord. Was Luft angeht, nun, so haben wir hier ein großes Schiff mit viel freiem Raum in den Tanks. Man könnte uns mit Leuten vergleichen, die in einer luftdicht versiegelten Kathedrale eingeschlossen sind. Außer der Luft in den Tanks haben wir noch die Zylinder mit komprimiertem Sauerstoff, die zu den Schweißausrüstungen gehören. Ich weiß nicht genau, wie viele es sind, wir werden da Inventur machen müssen, aber in den vorderen Tanks lagern sie in Mengen.«
    Wallis fing einen zweifelnden Blick von Radford auf und fuhr mit größerem Ernst fort: »Obwohl also keine unmittelbare Knappheit an Atemluft droht, müssen wir zusehen, daß sie so lange wie möglich reicht. Wir dürfen den Sauerstoff zum Beispiel nicht durch das Entzünden von Feuern zum Erwärmen der Räume und unserer Nahrung verschwenden. Statt einen Raum zu beheizen, werden wir körperliche Übungen machen oder uns gegen die Kälte isolieren müssen. Sie, Doktor, werden vielleicht eine kalorienhaltige Diät vorschlagen können, sobald wir eine genauere Vorstellung haben, woraus die Lebensmittelladung besteht.«
    Dickson hob plötzlich seinen gesunden Arm zu einer ungeduldigen Geste. »Sie reden, als hätten wir jede Menge Zeit, Sir. Ich glaube aber nicht, daß wir hier so wasserdicht sitzen, wie Sie denken. Oben ist irgendwo ein Leck. Noch ist es klein, aber es kann sich vergrößern, und es können noch andere Lecks dasein. Die Tropfgeräusche haben mich wachgehalten.«
    »Ich weiß«, antwortete Wallis. »Mich hat es auch beunruhigt, bis ich der Sache auf den Grund ging. Das Wasser tropft aus einer unfertigen Rohrleitung, die zum Pumpenraum achtern geführt werden sollte. Sie durchläuft die beiden Tanks in etwa fünf Metern Höhe und endet nebenan in einem offenen Stutzen. Das andere Ende muß verschlossen sein, denn ich habe das Wasser probiert, und es ist nicht salzig, muß also Kondenswasser sein. Damit kommen wir zum ernstesten Versorgungsproblem, dem Trinkwasser. Dieser Rohrstutzen stellt eine wichtige Trinkwasserquelle dar, aber für unseren Bedarf wird sie kaum ausreichen. Vielleicht ist Doktor Radford in der Lage, Vorschläge zur Rückgewinnung von Trinkwasser zu machen, wenn er Zeit hat, darüber nachzudenken…«
    »Ich habe darüber nachgedacht«, sagte Radford unwillig. »Wir müßten schon sehr durstig sein, um bei solchen Methoden Zuflucht zu suchen.«
    »Das werden wir wahrscheinlich«, sagte Wallis.
    Es wurde still, und in der Stille wurden die Hintergrundgeräusche des Schiffes wieder hörbar, schienen anzuwachsen und unerträglich zu werden: das
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