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0443 - Einer hat den Mord gefilmt

0443 - Einer hat den Mord gefilmt

Titel: 0443 - Einer hat den Mord gefilmt
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Unter dem Fauchen der Preßluft öffneten sich die Türen des Waggons Nr. 34 der New Yorker Untergrundbahn. Drei Männer stiegen ein. Sie sahen sich um. Einer streckte den Arm aus und sagte: »Da ist sie!«
    Die Frau, die am Ende des Waggons mit dem Rücken zum Eingang saß, hörte die Worte und wandte sich um. Ihr Mund öffnete sich. Ihre Augen weiteten sich vor Entsetzen. Die drei Männer kamen auf sie zu, hintereinander. Der erste lächelte dünn.
    Die Preßluft fauchte. Die Türen schlossen sich. Mit einem Ruck setzte sich der Subway-Zug in Bewegung.
    Voller Panik sprang die Frau von ihrem Sitz auf. Sie sah über die Rücklehnen der Bänke hinweg und bemerkte, daß sie der einzige Fahrgast in diesem Waggon war. Sie stürzte sich auf die Verbindungstür zum nächsten Waggon. Vergeblich rüttelte sie an dem Griff.
    Der nächste Wagen war unbeleuchtet, und die Verbindungstür war verschlossen. Die Frau wollte es nicht glauben. Hastig zerrte sie an der Tür. Die Frau gab erst auf, als sich eine Hand auf ihre Schulter legte und eine dunkle Männerstimme sagte: »Guten Abend, Kate! Es war nicht einfach, dich zu finden.«
    Die Männerhand drückte so hart zu, daß die Frau sich umdrehen mußte. Zitternd preßte sie den Rücken gegen die Glaswand der verschlossenen Verbindungstür. »Gib mir eine Chance, Richard!« flüsterte sie. »Ich werde dir erklären, wie…«
    Die Hand des Mannes zwang sie auf den Sitz zurück. Der Mann blieb ein wenig seitlich neben ihr stehen. Die beiden Männer, die ihn begleiteten, standen im Gang zwischen den Bänken. Die Frau wandte ihnen den Kopf zu.
    »Hallo, Roc! Hallo, Spency!« rief sie halblaut. Ein krampfiges Lächeln verzerrte ihre Lippen. Die Angerufenen starrten sie dumpf und ausdruckslos an. Der Mann vor ihr herrschte sie an:
    »Sieh mich an!« Seine Hand preßte ihre Schulter, daß sie glaubte, er würde die Knochen zerquetschen. Sie blickte in seine Augen, die so schwarz waren, daß Iris und Pupille sich nicht voneinander abhoben. Ihr eigenes Gesicht spiegelte sich in der Schwärze wie ein verschwommener weißlicher Fleck.
    »Ich habe dir Pelze, Schmuck, Kleider geschenkt. Ich habe dich verwöhnt«, sagte er.
    Sie unterbrach ihn mit dem Mut der Verzweiflung. »Du hast dir alles zurückgeholt, Richard. Ich habe nichts behalten. Du hast die Wohnung in der 14. Straße ausgeräumt bis auf den letzten Nagel.«
    Er sprach weiter, als hätte er ihre Worte nicht gehört:
    »Trotzdem wagst du es, mich mit einem hergelaufenen Laffen zu betrügen.«
    »Ich habe dich nicht betrogen. Ich liebte ihn, und wir…«
    »Du bist seinetwegen geflohen.«
    »Ich wollte mich in Sicherheit bringen. Ich wußte, wie du reagieren würdest, wenn…«
    »Ach, Unsinn!« sagte er. »Du wolltest dich aus dem Staube machen, um mich dann zu verpfeifen.«
    »Ich habe dich nicht verraten, Richard.«
    »Noch nicht, weil du wußtest, daß es deinem geliebten Laffen schlecht bekommen würde. Leider besteht die Gefahr, daß du schon morgen erfährst, daß dein wunderbarer Freund nicht mehr lebt.«
    Die Frau erstarrte. Die Nachricht traf sie wie ein Keulenhieb. Der Mann registrierte es mit Genugtuung.
    »Ja, er brach sich das Genick!« sagte er gefährlich leise. »Er unternahm einen Fluchtversuch über die Dächer. Als wir ihm auf den Fersen saßen, riskierte er einen verzweifelten Sprung. Er kam nicht weit genug und fiel sechzig Fuß in die Tiefe.«
    Der Größere der Begleiter mischte sich mit knarrender Stimme ein: »Eine Minute bis zur nächsten Station! Besser, du bringst es hinter dich, Dick!«
    Die Frau sah, wie die rechte Hand des Mannes sich in die Rocktasche senkte und wieder zum Vorschein kam. Wie in der Großaufnahme eines Filmes sah sie den Druck des Daumens gegen den Knopf. Die Klinge des schweren Messers schnappte heraus, rastete mit einem metallischen Knacken ein. »Damit habe ich meine Laufbahn begonnen«, sagte der Mann leise. Seine Stimme schien der Frau aus entsetzlich weiter Ferne zu kommen. Sie begann zu rufen, zu flehen. Sie glaubte, laut zu schreien, aber aus ihrer zugeschnürten Kehle drang kein Laut.
    Ihr Blick blieb an der Klinge haften, als würde er durch eine geheime magnetische Kraft festgehalten. Sie sah, wie das starre Metall sich in einen funkelnden, zustoßenden Blitz verwandelte, dessen Ziel sie selbst war.
    ***
    Harry Writer hatte den Subway-Zug an seiner Endstation Rockaway-Belle-Harbour bestiegen. Er war ein wenig angetrunken, und seine Trunkenheit vertiefte sich während der
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