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Gefangene des Meeres

Gefangene des Meeres

Titel: Gefangene des Meeres
Autoren: James White
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des Sturmes war in diesem Tank die Ladung verrutscht. Der schmale Durchgang zwischen den Kisten und Behältern, der die Eingänge mit der Deckleiter verbunden hatte, war unter einer Lawine aus Trockeneikisten und Bohnensäcken verschüttet worden. Zwar konnte man einen Weg zu der Leiter bahnen, aber nicht zu zweit, nicht rechtzeitig …
    »Im Zwischenschott, vor Nummer eins«, sagte Wallis hastig. Er ließ die Leiter los und stolperte davon, Radford dicht hinter ihm. »Dort ist eine Leiter, die ins Vorschiff hinaufführt. Es wird schwierig sein, die Patienten dort hinauszuschaffen; wir werden sie auf den Rücken nehmen müssen. Das Zwischenschott ist kaum einen Meter breit. Verletzte auf Bahren kann man da nicht hochhieven, auch nicht mit Stricken. Aber es ist der beste Ausstieg. Mit diesem Treffer im Maschinenraum wird der Kasten über das Heck absaufen und mit dem Vorschiff bis zuletzt oben bleiben…«
    Wallis hielt plötzlich inne. Er redete zuviel und zu schnell, wie einer, dem panische Angst in den Gliedern steckte.
    Sie gingen von Nummer zwölf, einem Tank auf der Backbordseite, durch Nummer elf, wo der Arzt seine schweren Fälle liegen hatte, weiter zu Nummer neun, ohne sich um die Patienten zu kümmern. Sie waren in Nummer sieben, einem Mitteltank, als die Lichter ausgingen. Aber Radford hatte eine kleine Taschenlampe bei sich, und von ihrem Lichtkegel geführt, gelangten sie in Nummer sechs, wo es eine Werkbank und ein Regal mit Notlaternen gab.
    Auf der ganzen Strecke stolperten sie über Kabel, herumliegende Schweißgeräte und Werkzeuge und kletterten fluchend über Kisten und andere Teile der Ladung. Selbst in den Abteilungen, wo die Umbauarbeiten noch im Gange waren, hatte man in jeder Ecke Kisten, Blechbehälter und Säcke mit Lebensmitteln gestapelt. Der Zweck der U-Boot-Blockade war, England bis zur Kapitulationsbereitschaft auszuhungern indem man den Nachschub an Lebensmitteln und Kriegsmaterial verhinderte. Die Folge war, daß die auf Ostkurs den Atlantik überquerenden alliierten Schiffe bis zum letzten Kubikmeter ihrer Ladekapazität mit den benötigten Gütern vollgestopft waren. Das war schon in Anbetracht der furchtbaren Opfer an Menschenleben und Material, die für jeden erfolgreichen Blockadebrecher gebracht werden mußten, eine Notwendigkeit. Der verfügbare Laderaum in den Tanks der »Gulf Trader« war im Verhältnis zur gesamten Ladekapazität nur klein, aber das lag an den Umbauten. Der Sturm hatte das sorgfältig gestaute Ladegut losgerissen und durcheinandergeworfen, und der Weg durch die Tanks glich einem Hindernislauf, der durch die Dunkelheit und den schwankenden Boden noch erschwert wurde.
    Wir schaffen es nicht, dachte Wallis verzweifelt, wir kommen nicht mehr rechtzeitig an Deck.
    Er wußte nicht, wieviel Zeit ihnen noch gegeben war, aber schon jetzt kamen sie viel zu langsam vorwärts, und es würde noch bei weitem länger dauern, Dickson und die beiden Mädchen in Sicherheit zu bringen. Er hatte Angst. Das Schiff war im Begriff zu sinken, und sie mußten an Deck kommen – er mußte an Deck kommen! Der Versuch, die Verwundeten oder auch Radford zu retten, erschien ihm mit jeder Minute weniger wichtig …
    Sie ließen die Türen der Schotte hinter sich offen, weil alle Tanks trocken waren und sie außerdem für spätere Wege Zeit zu sparen gedachten. Das Fehlen von Wassereinbrüchen war ein sehr gutes Zeichen; es zeigte, daß der Rumpf mittschiffs stabil geblieben war. Wallis versuchte sich mit dem Gedanken an die ausgezeichnete Schwimmfähigkeit von Tankern Mut zu machen. Besonders auf Leerfahrt war so ein Schiff kaum zum Sinken zu bringen. Die »Gulf Trader« war nicht leer, ihre Ladung war klein, aber schwer, weil sie vorwiegend aus Lebensmitteln und Schweißgerät bestand. Doch die Tanks waren intakt und enthielten eine Menge Luft. Außerdem schien der Boden in der Richtung ihres Vordringens anzusteigen, also lag das Heck tiefer im Wasser. Das Gefühl, ständig aufwärts zu gehen, mochte einer Wunschvorstellung oder seiner Übermüdung entspringen, aber Wallis glaubte es nicht. Als sie die Tür zwischen den Tanks drei und eins öffneten und sahen, daß auch der vordere Tank trocken war, begann Wallis etwas von seiner Angst zu verlieren.
    Die Tür in der vorderen Wand des Tanks Nummer eins glich allen anderen wasserdichten Türen, durch die sie gekommen waren. Ein Hochrechteck, einen Meter sechzig hoch und sechzig Zentimeter breit, mit abgerundeten Ecken, Gummifassungen und
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