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Gefangen in der Wildnis

Gefangen in der Wildnis

Titel: Gefangen in der Wildnis
Autoren: Sandra Brown
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ihrem Kopf drehte sich alles. Ihr war übel.
    Es pochte heiß in ihren Ohrläppchen, ihre Kehle brannte. Jede Haarwurzel fühlte sich wie eine Nadel in ihrer Kopfhaut an. In ihren Fingern und Zehen kribbelte es unerträglich. Sie war schon einmal in Ohnmacht gefallen, als der Zahnarzt ihr einen Wurzelkanal gelegt hatte. Rusty kannte die Symptome.
    Aber warum, zum Teufel, musste ihr das ausgerechnet jetzt passieren? Hier, vor ihm?
    „Langsam, ganz langsam." Cooper hielt sie bei den Schultern und legte sie vorsichtig auf den Boden zurück. „Sie wissen nicht, wie und woran Sie sich verletzt haben?"
    Dumpf schüttelte sie den Kopf. „Muss beim Aufprall passiert sein. Ich habe aber keine Schmerzen gespürt."
    „Der Schock. Und jetzt?"
    Erst jetzt wurde ihr der Schmerz bewusst. „Auszuhalten." Seine Augen forderten die Wahrheit von ihr. „Nein, ehrlich, es ist erträglich. Ich habe viel Blut verloren, nicht wahr?"
    „Allerdings." Er kramte im Erste-Hilfe-Kasten. „Ich muss das Blut wegwischen, damit ich sehen kann, woher es kommt."
    Aus dem Rucksack, den sie getragen hatte, zog er ein sauberes T-Shirt hervor und begann mit seiner Arbeit. Rusty spürte den Druck seiner Hände, aber sonst kaum etwas, während sie in die Äste über sich schaute. Vielleicht war es verfrüht gewesen, Gott zu danken, dass sie noch lebte. Vielleicht verblutete sie ja hier auf dem Boden, ohne dass sie oder Cooper etwas dagegen unternehmen konnten. Wahrscheinlich würde er sogar froh sein, dass er sie endlich los war.
    Sein leiser Fluch riss sie aus ihren makaberen Überlegungen. Sie hob den Kopf und sah auf ihr verletztes Bein. An ihrem Schienbein verlief eine tiefe Wunde, der Riss begann direkt unter ihrem Knie und zog sich hinunter bis zu der Socke. Sie erkannte Muskelfleisch, Sehnen. Es war ekelhaft. Sie wimmerte.
    „Verflucht, bleiben Sie liegen."
    Rusty gehorchte der wenig mitfühlenden Aufforderung. „Wie kann das passiert sein, ohne dass ich es gespürt habe?"
    „Wahrscheinlich beim Aufprall aufgeplatzt, wie die Schale einer überreifen Tomate."
    „Können Sie irgendetwas tun?"
    „Reinigen, mit Jod." Er drehte das braune Fläschchen auf und tunkte eine Spitze des T-Shirts hinein.
    „Wird es wehtun?"
    „Höchstwahrscheinlich."
    Er ignorierte ihren ängstlichen Blick und tupfte die Wunde mit Jod ab. Rusty biss sich auf die Unterlippe, um nicht laut aufzuschreien, aber ihrem Gesicht war der Schmerz anzusehen.
    „Atmen Sie durch den Mund, wenn Sie meinen, sich übergeben zu müssen", riet er ihr tonlos. „Ich bin fast fertig."
    Sie kniff die Augen zusammen und öffnete sie erst wieder, als sie das Geräusch von reißendem Stoff hörte. Cooper zerriss ein weiteres T-Shirt in Streifen, verband damit fest ihren Unterschenkel.
    „Für den Moment muss das reichen." Er sagte es mehr zu sich als zu ihr. Dann nahm er wieder das Messer zur Hand. „Heben Sie die Hüfte an."
    Sie tat es wortlos, ohne ihn anzusehen. Er schnitt das Hosenbein ab, direkt an ihrem Oberschenkel. Sie spürte seine Hände, auf, unter und zwischen ihren Schenkeln. Seine rauen Knöchel strichen über ihre weiche warme Haut, aber sie brauchte nicht verlegen zu werden. Was ihn anbetraf, so hätte er wohl genauso gut ein Steak zerschneiden können, so viel Gefühl zeigte er.
    „Damit können Sie nicht laufen."
    „Natürlich kann ich das!" Rusty fühlte Panik aufsteigen.
    Sie hatte Angst, er würde ohne sie weitergehen. Er stand über ihr, mit gespreizten Beinen, und sah sich um. Seine Augenbrauen waren zusammengezogen, und er kaute an seiner Lippe, als würde er angestrengt über etwas nachdenken.
    Wog er seine Möglichkeiten ab? Ob er sie hier liegen lassen sollte oder nicht? Vielleicht dachte er ja auch darüber nach, ob er sie umbringen sollte, als schnellen Akt der Gnade, anstatt sie hier an ihrer Wunde sterben zu lassen.
    Schließlich beugte er sich zu ihr, schob die Hände unter ihre Achseln und setzte sie auf. „Ziehen Sie Ihren Mantel aus und diese Skijacke über."
    Ohne Widerspruch ließ sie sich den Pelzmantel von den Schultern nehmen. Mit dem Beil hackte Cooper drei junge Bäume ab und befreite sie von ihren Ästen. Schweigend beobachtete Rusty, wie er aus den Stämmen ein H formte und die Verbindungsstellen mit Schnürsenkeln zu sammenband, die er aus den Stiefeln der toten Männer gezogen hatte. Dann nahm er ihren Pelzmantel und stülpte die Ärmel über je einen Stamm. Rusty zuckte zusammen, als er ein Loch durch den unteren Saum des kostbaren
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