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Gefangen in der Wildnis

Gefangen in der Wildnis

Titel: Gefangen in der Wildnis
Autoren: Sandra Brown
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Gange ist. Manche Dinge waren eben ausschließlich der Männerwelt vorbehalten. So wie manche Dinge ausschließlich weiblich waren. Gleichberechtigung hin oder her.
    Ein Flugzeug, das Passagiere von einer Jagd-und Fischerhütte in den Northwest Territories zurückflog, war so eine männliche Angelegenheit. Sie hatte versucht, sich so unsichtbar wie möglich zu machen, beharrlich geschwiegen, nur stumm aus dem Fenster geschaut. Einmal, kurz nach dem Start, hatte sie den Kopf gewandt und war dem Blick des Mannes auf der anderen Gangseite begegnet, ein so offensichtlich verächtlicher Blick, dass sie den Kopf sofort wieder zum Fenster gedreht hatte.
    Neben den beiden Piloten war sie wahrscheinlich die Erste gewesen, die das Unwetter bemerkt hatte. Von dichtem Nebel begleitet, hatte der sintflutartige Regen sie nervös gemacht. Bald fiel auch den anderen auf, wie stark die Maschine schlingerte. Anstelle von prahlerischem Gehabe fielen jetzt knappe Bemerkungen, dass einem wohl nichts anderes übrig bleiben würde, als es durchzustehen, und wie froh man doch sei, dass man nicht selbst „fahren" müsse, sondern die Piloten.
    Aber die Piloten hatten es alles andere als einfach. Das wurde bald allen klar. Schließlich breitete sich allgemeines Schweigen aus, besorgte Blicke waren auf die beiden Männer vorn an den Geräten gerichtet. Die Anspannung steigerte sich, als der Funkkontakt abbrach. Auf die Instrumente konnte man sich auch nicht mehr verlassen, denn die abgelesenen Messwerte waren offensichtlich ungenau. Wegen der undurchdringlichen Wolkendecke hatten sie seit dem Start den Boden nicht mehr sehen können.
    Als das Flugzeug in einer Spirale, Nase zuerst, nach unten sackte und die Piloten in die Kabine schrien: „Wir gehen runter!", akzeptierten alle ihr Schicksal mit erstaunlicher Ruhe.
    Sie hatte sich nach vorn gebeugt, den Kopf zwischen die Knie genommen, die Hände im Nacken gefaltet und gebetet, den ganzen Weg nach unten. Eine Ewigkeit.
    Nie würde sie den ersten Stoß vergessen, als die Maschine aufschlug. Sie hatte keine Ahnung, warum sie nicht auf der Stelle tot war, konnte sich nur denken, dass sie auf Grund ihres grazilen Körperbaus zwischen zwei Sitzpolster gepresst wurde, die den Aufprall abgemildert hatten.
    Allerdings war sie unter den gegebenen Umständen nicht sicher, ob sie ihr Überleben tatsächlich als begrüßenswerte Alternative sehen sollte. Die Jagdhütte an der nordwestlichsten Spitze des Great Bear Lake konnte nur per Flugzeug erreicht werden. Meilen unberührter Wildnis lagen zwischen der Hütte und Yellowknife, ihrem ursprünglichen Ziel. Der Himmel allein wusste, wie weit die Maschine von der Flugroute abgekommen war, bevor sie abstürzte. Die Behörden konnten monatelang suchen, ohne sie jemals zu finden. Und bis man sie fand - falls überhaupt -, war sie völlig allein und in ihrem Überlebenskampf auf sich selbst gestellt.
    Dieser Gedanke ließ sie sofort aktiv werden. Hektisch zerrte sie an ihrem Gurt. Der Verschluss schnappte auf, und sie fiel nach vorn, stieß mit dem Kopf an den Vordersitz. Sie ließ sich auf alle viere nieder und kroch durch den schmalen Gang auf das riesige Loch im Rumpf zu.
    Sie vermied es, auf die leblosen Körper zu schauen, stattdessen blickte sie durch einen Spalt im zerfetzten Metall nach oben. Der Regen hatte aufgehört, aber die Wolken hingen immer noch tief, grau und schwer und bedrohlich am Himmel. Donner grollte. Die Luft war kalt und feucht.
    Sie wickelte ihren Rotfuchsmantel enger um sich und stellte den Kragen auf. Kein Wind. Dafür musste sie wohl dankbar sein. Der Wind hier konnte eisig kalt und schneidend sein ... Moment! Wenn kein Wind wehte, woher kam dann dieses pfeifende Geräusch?
    Mit angehaltenem Atem wartete sie.
    Da! Schon wieder!
    Sie drehte den Kopf und lauschte. Es war nicht einfach, da ihr eigener Herzschlag ihr in den Ohren dröhnte.
    Eine Bewegung.
    Sie sah auf den Mann, der auf der anderen Seite des Ganges neben ihr gesessen hatte. War es nur verzweifeltes Wunschdenken, oder hatten die Lider des einsamen Wolfs gerade gezuckt? Sie hastete zurück, schob den blutigen Arm eines Passagiers, der schlaff über der Armlehne hing und dem sie vor einem Moment noch so konzentriert ausgewichen war, unwirsch beiseite.
    „O bitte, lieber Gott, lass ihn am Leben sein", flehte sie inbrünstig.
    Sie starrte auf sein Gesicht. Reglos, kein Liderflattern. Kein Stöhnen kam über seine Lippen. Sie sah auf seine Brust, aber da er eine wattierte
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