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Gefährtin Der Finsternis

Titel: Gefährtin Der Finsternis
Autoren: Lucy Blue
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ich noch ein Kind war.«
    »Wo auch immer er ist, zu was auch immer er geworden sein mag, Kivar wird nicht ruhen, bis der Kelch ihm gehört, bis er ihn zerstört hat«, sagte der Zwerg zu Simon. »Er kennt die Macht des Kelchs. Er hat sich tausend Jahre lang nach ihr gesehnt.« Er sah sich zu den niedergemetzelten Rittern um. »Als er von Eurem Herzog hörte, einem englischen Adligen, der einen bereits unter seiner Kontrolle befindlichen Palast belagerte, wusste er, dass sein Moment gekommen war.«
    Roxanna hatte die Leichen ebenfalls betrachtet. Plötzlich sprang sie mit ihrer Axt vor, und Simon, der sich umwandte, sah Sir Alan sich benommen und unglücklich vom Boden erheben. Bevor er jedoch sprechen konnte, hatte Roxanna ihm bereits den Kopf abgeschlagen. »Nein!«, rief Simon entsetzt. »Er hat gelebt …«
    »Das hat er nicht, Dummkopf«, erwiderte sie hitzig und pfählte den kopflosen Rumpf. »Nicht mehr als Ihr oder ich oder mein Bruder, Alexi – erinnert Ihr Euch, was mit ihm geschehen ist?« Sie wandte sich wieder Simon zu, ließ den Pfahl fallen und strich sich das Haar aus der Stirn, ihr Gesicht blutbespritzt. »Er war ein Vampir.« Alans Körper schwand hinter ihr, wie Kivars es getan hatte, und Simon sah weitere Streifen dieses Schleims überall auf dem glänzenden Boden verschmiert.
    »Sie alle?«, fragte er schwach, fühlte sich wieder elend.
    »Nein«, antwortete sie mit sanfterer Stimme. »Die meisten sind bereits tot und ihre Seelen befreit. Das Opfer muss das Blut des Ungeheuers verzehren, um selbst untot zu werden.« Sie nahm die Axt wieder hoch und ließ sie dann fallen, als wäre sie plötzlich zu müde, um sie noch länger zu halten. »Es tut mir leid, Krieger.«
    »Simon, Ihr müsst den Kelch finden«, sagte Orlando. »Kivar hat Euch falsch eingeschätzt – er hat nicht erwartet, dass Ihr in der Lage wärt, so viel von ihm zu vernichten, wie Ihr es getan habt. Aber Ihr könnt ihn endgültig vernichten und dabei Euch selbst und Roxanna retten. Der Kelch ist Eure Rettung. Trinkt daraus, und Ihr werdet wiederhergestellt.«
    »Orlando, das genügt«, sagte Roxanna, diese Fremde, die nun seine Schwester verfluchten Blutes war. »Lass ihn in Ruhe.«
    »Der Kelch?«, wiederholte Simon, der sie kaum hörte. »Ihr meint wirklich den Heiligen Gral?« Er hätte beinahe laut aufgelacht. Er war als Sohn eines Barden mit den Geschichten von Arthur und seinen Rittern aufgewachsen, Geschichten über ihre Suche nach Christus’ letztem Becher, dem Gefäß der ersten Kommunion. Aber Simon war ein echter Ritter, kein mythisches Wesen des Rittertums. Er wusste, was ein wahrer Ritter war, und er hatte zu seiner Zeit genügend sogenannte heilige Reliquien gesehen, um auch zu wissen, worum es sich bei ihnen handelte. »Ich bin nicht Galahad, Orlando«, sagte er mit bitterem Lächeln.
    »Euer Heiliger Gral ist eine Geschichte, eine von Euren Priestern erzählte Geschichte«, höhnte Orlando. »Aber der Kelch ist real.« Er zog eine Schriftrolle aus seinem Zauberer-Umhang und entrollte sie. »Die gehörte Kivar selbst, ein uralter Text, aus dem Grabmal eines Heiligen gestohlen. Als Kivar sie fand, wusste er, dass der Kelch tatsächlich nach England gelangt war, genau wie die Legende es besagt.«
    Simon blickte auf die grobe Karte dessen herab, was seiner Vermutung nach Britannien hätte sein können, der Umriss war auf allen Seiten von Schrift umgeben, dieselben eigenartigen Symbole wie auf Kivars zerrissenem Gewand. In einer Ecke befand sich die Zeichnung eines schlichten, schnörkellosen Weinkelchs, aus dem Linien hervorstrebten, die vielleicht Gottes Licht repräsentieren sollten. Darunter war ein aus einem Schwert und einem großen Holzpfahl gestaltetes Kreuz zu sehen. »Wenn dieser Kelch real ist, ist er etwas Heiliges«, sagte er und reichte Orlando die Schriftrolle zurück. »Nur die reinsten Ritter könnten ihn jemals finden, die Gesegnetsten …«
    »Noch eine Legende«, höhnte Orlando. »Seid Ihr kein Krieger? Befindet Ihr Euch nicht auf einer Suche?«
    »Ich habe für ihn gekämpft!« Er deutete auf den leblosen Körper des Herzogs, die Kehle jäh von Kummer zugeschnürt. »Ich kam nur hierher, weil er es wünschte – ich wäre ihm freudig in die Hölle gefolgt.« Sein Blick trübte sich erneut, dieses Mal mit blutigen Tränen. »Und das habe ich auch getan.«
    »Ihr seid gesegnet, Simon«, sagte Orlando lächelnd. »Denkt daran, was gerade in dieser Halle geschehen ist. Seht Euch Eure Weggefährten an,
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