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Gefährtin Der Finsternis

Titel: Gefährtin Der Finsternis
Autoren: Lucy Blue
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die alle tot sind – niemand von ihnen hat sich auch nur bemüht zu kämpfen.« Er hob Simons herabgefallenes Schwert auf und reichte es ihm. »Ihr seid gesegnet, Ritter.«
    »Er hat Recht«, bekannte Roxanna. »Eintausend Männer meines Vaters konnten nicht vollbringen, was Ihr vollbracht habt.« Eine blutige Träne rann ihre Wange hinab. »Vielleicht existiert der Kelch. Vielleicht könnte er Euch immer noch retten. Aber mich nicht mehr.« Sie nahm Orlando das Schwert aus der Hand und bot es ihm selbst dar. »Wenn Ihr ein Ritter seid, bitte ich Euch bei dem Fluch, dem ich unterworfen bin, um Eure Hilfe. Vernichtet mich, bevor Ihr geht.«
    Simon nahm das Schwert, unsicher, was er tun sollte, und Orlando warf sich vor das Mädchen. »Das werdet Ihr nicht tun«, beharrte er, in einer plötzlichen zornigen Aufwallung. »Ihr werdet meine Hilfe brauchen, um den Kelch zu finden, aber wenn sie stirbt, werde ich Euch niemals helfen.«
    »Ich habe nie gesagt, dass ich Euren Kelch finden will«, protestierte Simon, aber sie hörten ihn nicht.
    »Zauberer, lass mich los«, bat Roxanna und sank vor Orlando auf die Knie. »Ich habe nur so lange gelebt, um Alexi zu retten, das weißt du.« Sie berührte seine bärtige Wange. »Aber nun ist er tot.«
    »Aber Ihr könnt leben«, beharrte der Zwerg. »Ihr könnt wieder sein, wie Ihr zuvor wart, bevor das Ungeheuer kam …«
    »Ich kann nicht!« Sie legte beide Hände um sein Gesicht, zwang ihn, ihr in die Augen zu sehen. »Selbst wenn mir meine Seele wiedergegeben würde, selbst wenn ich erneut im Licht wandeln könnte, wäre ich doch niemals wieder die Frau, die ich damals war. Ich habe gemordet … so viele, nicht nur, weil Kivar mich dazu gezwungen hat, sondern auch aus eigener Gier. Du willst alle Schuld von mir nehmen, aber mein Herz weiß, dass ich nicht unschuldig bin. Ich habe Blut geschmeckt.« Ihre Tränen flossen wie aus einer offenen Wunde. »Bitte, zwing mich nicht, es wieder zu tun.«
    »Nein«, versprach Orlando und nahm ihre Hände in seine. »Ich verspreche, dass ich das nicht tun werde.« Er nahm etwas aus seiner Tasche, die rubinrote Flasche, die Simon ihn schon im Garten hatte hervornehmen sehen. »Vertraut mir, Mylady«, sagte er und entfernte den Stöpsel. »Ich werde Euch in Sicherheit bringen.«
    Sie betrachtete zuerst die Flasche und dann Simon. »Und wenn er versagt?«
    »Dann werde ich Eurem Wunsch Folge leisten«, sagte der Zwerg und hielt ihr die Flasche hin.
    Simon erwartete, dass sie sie nehmen, von dem Trank kosten würde, den die Flasche enthielt. Aber Roxanna begann stattdessen allmählich zu verblassen. Ihre Gestalt wurde im flackernden Lichtschein durchsichtig. Während Simon verwundert zusah, löste sich der weibliche Vampir in Dunst auf. Ein süßer Duft erfüllte für einen Moment die Luft, während der Dunst in die Flasche floss. Dann waren plötzlich sowohl der Dunst als auch der Duft fort, und Orlando setzte den Stöpsel wieder auf die Flasche.
    »Sie …?«
    »Sie ist jetzt in Sicherheit«, sagte Orlando und steckte die Flasche wieder in seine Jacke. »Es ist ein Vampir-Trick. Ihr könnt das auch, und außerdem noch mehr.« Er wandte sich wieder Simon zu. »Ihr habt drei Wahlmöglichkeiten, Ritter.« Draußen hob der Gesang einer Lerche an, ein Vorbote des Morgengrauens. »Ihr könnt leben wie die Untoten und Euch von den Lebenden nähren, ohne einen größeren Zweck zu erfüllen. Ihr könnt darauf warten, dass die Sonne Euch vernichtet.« Er streckte erneut die Schriftrolle aus. »Oder Ihr könnt Euch auf die Suche begeben.«
    Simon nahm die Karte mit der Zeichnung des Kelches, dieser magischen Belohnung, von der der Zauberer so inbrünstig sprach. Er könnte in tausend Jahren nicht darauf hoffen, ihn gewinnen zu können. Aber er musste es versuchen. Er wollte nach Hause.

1
    Isabel eilte durch den Keller und ignorierte die Stimmen, die nach ihr riefen. Sie war ebenso ängstlich und besorgt wie jeder andere im Schloss und hatte keine Antworten.
    Sie zündete mit ihrer Kerze eine Fackel an und stieß die eisenbeschlagene Tür auf, die hinter den Körben mit neuen Kartoffeln verborgen lag. Staub tanzte im flackernden Licht, stieg in kleinen Wolken auf, wo auch immer sie auf dem Weg die kleine Wendeltreppe hinab hintrat. An deren Fuß befand sich eine weitere Tür, die so dicht mit Spinnweben bedeckt war, dass sie kaum das Steinrelief, die Gestalt eines uralten Mönchs, erkennen konnte, von dem sie verziert wurde. Nur seine Nase, die scharf
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