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Gefährtin Der Finsternis

Titel: Gefährtin Der Finsternis
Autoren: Lucy Blue
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geholfen hatte, hätte den Anstand besessen, zu schreien oder in Ohnmacht zu fallen, aber nicht dieses wunderschöne Ungeheuer, Siobhan. Sie war vielleicht blass geworden und zitterte, aber eine Hand lag auf ihrem Schwert. »Diese Kreaturen, die dein Chaos beseitigen sollten, wo sind sie jetzt?« Sie zog das Schwert, Trotz in den Augen, und er lächelte. »Soll ich es dir sagen, Liebste?« Er trat noch einen Schritt näher. »Möchtest du raten?«
    »Du könntest sie nicht töten«, beharrte sie.
    »Du wärst erstaunt.« Sie wich zur Tür zurück. »Ich kann töten, wen auch immer ich will.« Er wusste, dass sie gleich davonlaufen würde. Seine kleine Kriegerin konnte spüren, dass sie bezwungen war.
    »Du warst tot!«, rief sie, und ihre Stimme überschlug sich im schrillen, panischen Kreischen einer Frau. »Ich habe dich gesehen.«
    »Du sahst, dass ich im Sterben lag.« Er sollte sie jetzt töten und es gut sein lassen. Aber irgendwie konnte er es nicht. »Du hättest dich versichern sollen, meine Liebe.« Er hob den Dolch an, den er aus dem Gürtel ihres Bruders gestohlen hatte. »Dein Bruder, Sean, hätte sich versichern sollen.«
    »Nein, ich habe ihn erst vor einer Stunde gesehen«, sagte sie und schüttelte den Kopf. »Du kannst ihn nicht getötet haben …«
    »Kann ich nicht?« Er wollte, dass sie eingestand, was sie getan hatte, wollte sie erneut sagen hören, wie sehr sie ihn verachtete. Dann könnte er es zwischen ihnen beenden. Dann könnte er Rache nehmen. »Ich habe ihn noch nicht getötet, Siobhan«, sagte er und trat noch näher heran. »Aber ich schwöre dir, dass ich es tun werde.«
    »Nein!« Sie traf ihn mit dem Schwert, ein Stoß, der seinen Arm hätte spalten sollen. Aber er zuckte kaum zusammen. Er ergriff ihr Handgelenk, entwand ihr das Schwert, und sie hörte einen leisen Laut, wie Dampf auf einem glühenden Stück Holz. Sie schaute abwärts und sah, dass der Ärmel seines Hemdes aufgerissen und die Ränder blutverschmiert waren. Aber die Haut unter dem Riss war heil. »Gütiger Gott!«, flüsterte sie und fühlte sich schwach.
    »Sei vorsichtig, Liebste«, neckte er sie, als die Anspannung in ihrem Arm unter seinem Griff wich. »Du solltest Ihn vielleicht nicht anrufen.« Er hielt den Dolch an ihre Kehle und ließ die Spitze über ihre Haut abwärtsgleiten. »Blasphemie ist eine Todsünde. Aber warum sollte es dich eigentlich kümmern?« Ihr Herz schlug schneller. Er konnte es hören. Endlich hatte sie richtige Angst. »Was bedeutet dir schon ein Schwur?« Er ließ den Dolch ihre Haut ritzen, reizte sich mit ihrem Blut, und sie keuchte, ein süßer, femininer Laut. Aber er sah in ihren Augen ebenso viel Zorn wie Angst. Selbst jetzt würde sie ihn ermorden, wenn er es zuließe. »Du hast vor Gottes Altar gelobt, mich zu lieben und mir zu gehorchen, erinnerst du dich?«, spottete er. »Du hast gelacht, als du es sagtest, wohl wissend, dass es eine Lüge war.« Er trat noch einen Schritt näher heran, und sie wand sich erneut in seinem Griff, zerrte an der Faust, die ihr Handgelenk festhielt. »Oder hast du das vergessen, holdes Eheweib?«
    »Nein«, antwortete sie und rang mit sich, die Ruhe zu bewahren. Sie wusste jetzt, was er wollte. Er wollte, dass sie Angst hatte, wollte sie um Gnade betteln hören. Aber das würde sie nicht tun. »Ich habe es nicht vergessen.« Sie ließ ihren freien Arm sinken und atmete tief durch. Dann sah sie ihm in die Augen.
    »Du wolltest mich tot sehen, aber du bist ein Feigling, genau wie dein Bruder«, sagte er und sah sie mit solchem Zorn an, dass sie dachte, sie könnte allein durch diesen Blick sterben.
    »Ich wollte dieses Land befreien«, zwang sie sich zu einer Antwort, bei der ihre Stimme kaum vor Angst zitterte. »Ich wollte, dass du unser Volk in Ruhe lässt …«
    »Euer Volk?«, höhnte er lachend.
    »Ja, Mylord«, erwiderte sie, und neuer Zorn überlagerte ihre Angst. »Das Volk meines Vaters, das ebenso in diesem Land geboren wurde wie Sean und ich, in Freiheit geboren …«
    »Die Freiheit zu verhungern, meinst du«, sagte er und lachte erneut. Selbst jetzt, wo sie den Tod unmittelbar vor Augen hatte, würde die kleine Närrin nicht ihre Überzeugung aufgeben. »Wenn ich dich leben lasse, wenn ich dich in Frieden lasse, wie du sagst, was dann? Was wird dein Volk in diesem Winter zu dir sagen, nun, wo seine Ernte vernichtet ist?«
    »Du weißt nichts über dieses Land.« Er klingt wie Sean, dachte sie und musste fast selbst aus reinem Irrsinn
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