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Gefährtin Der Finsternis

Titel: Gefährtin Der Finsternis
Autoren: Lucy Blue
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wo er doch in seinen Augen ein Heide war? »Aber erzähl ruhig – was stimmt nicht mit diesen Bergen?«
    »Simon!« Alan, einer der anderen Ritter des Herzogs, rief ihm von der Terrasse aus zu. »Komm! Es ist Zeit!«
    Die Haupthalle des Kalifenpalasts war atemberaubend schön, ein höhlenartiger Raum, der vor Schätzen zu bersten schien. Eine doppelte Reihe von Säulen, so gewunden, dass sie einander zu umranken schienen, verlief in der Mitte des Raumes. Sie waren golden bemalt und vom Boden bis zur Decke mit kostbaren, in Blütenform arrangierten Edelsteinen verziert, rubinrot und saphirblau mit Blättern aus schimmernden Smaragden. Vor den Fenstern hingen üppige Samtbehänge, die beide Seiten der Halle säumten; die goldfarbenen Fensterläden waren geöffnet, um den kühlen Abendwind hereinzulassen. Zwischen den einzelnen Fenstern waren goldene Wandleuchter mit Fackeln angebracht, deren Licht auf dem Gold und den Edelsteinen tanzte, bis es die Augen blendete. Simon sah Francis auf dem Podium, der sich mit dem Lächeln eines im Traum befangenen Mannes in dieser Pracht umsah, und er wusste, was sein Herr dachte. Um Mitternacht würden all diese Schätze ihm gehören. Aber Simon konnte das Gefühl der Furcht noch immer nicht abschütteln, das Saschas Gemurmel draußen bei ihm ausgelöst hatte. Welches Hochzeitsritual wurde erst nach Einbruch der Dunkelheit durchgeführt?
    Alle anderen englischen Ritter lächelten – nach Damaskus und der Wüste musste ihnen diese Halle wirklich wie das Paradies erscheinen. Der gesamte Haushalt des Kalifen war anwesend, Männer in üppigen Gewändern, einige mit Turbanen wie die Männer aus dem Osten, einige barhäuptig und blass wie die Engländer, sowie Frauen, die mit bunt gefärbten Seidenschleiern verhüllt waren, die anmutig und lautlos zwischen ihnen wogten. Die Tische waren mit einem noch unberührten Festessen gedeckt, und Weihrauch schwelte zwischen den Säulen und erfüllte den Raum mit seinem berauschenden Duft. Aber als Simon seinen Platz unter den Engländern einnahm, hätte er schwören können, unter dem Rauch etwas weitaus Übleres zu riechen, einen starken, feuchten Gestank des Verfalls. Er wandte sich Alan zu, um ihn zu fragen, ob er es auch rieche, aber da erklangen vom Podium klingelnde Silberglocken, und die gesamte Menschenmenge wandte sich wie ein Mann um.
    Der Kalif kam hinter den Vorhängen hervor, ebenso prachtvoll gekleidet, wie seine Halle geschmückt war. Seine Leute brachen in Applaus aus, und einige der Engländer schlossen sich aus der Laune des Augenblicks an. Ihr Gastgeber war groß und schlank und trug Brokat, der im Fackellicht schimmerte, die Falten über und über mit roten, eigenartigen Symbolen bestickt, die Simon nicht kannte. »Willkommen, Freunde«, sagte er und lächelte der Menge zu. »Ich bin Lucan Kivar.« Er war barhäuptig, hatte hellrotes Haar, das ihm bis über die Schultern reichte, und er trug einen Schnurrbart und einen langen, schmalen Vollbart, der über sein Kinn hinausragte. Seine Augen waren strahlend blau.
    »Er sieht nicht sehr arabisch aus, oder?«, murmelte einer der Schildknappen.
    »Er ist kein Araber, Dummkopf«, zischte Alan als Antwort. »Die Heiden in diesen Bergen sind ebenso weiß wie du.«
    »Seid gegrüßt, Mylord«, sagte der Herzog gerade, während er auf das Podium trat. »Ich bin Francis, Herzog von Lyan.«
    »Euer Gnaden.« Der Kalif nickte und verbeugte sich tief. »Ihr ehrt uns durch Eure Anwesenheit und Eure Güte.«
    Irgendwo hinter ihnen schlug eine Tür zu, was Simon dazu veranlasste, sich mit einer Hand am Schwert umzuwenden. »Lasst mich los!«, rief eine Frau, eine schwarzhaarige Schönheit in einem blutroten Gewand, die sich im Griff zweier Wächter wand, die sie den Mittelgang hinabzerrten. »Was hat das zu bedeuten?«, fragte sie, als sich die Menge vor ihnen teilte und ihr Blick Simons Blick kaum einen Moment begegnete, während sie vorüberging. »Was hast du getan?«, wollte sie wissen, als sie das Podium erreichten.
    »Euer Gnaden, ich präsentiere Euch Eure Braut«, sagte der Kalif mit schmalem, amüsiertem Lächeln.
    »Nein«, sagte das Mädchen kopfschüttelnd. »Dem habe ich niemals zugestimmt.« Sie sah sich zu den englischen Rittern um, und Entsetzen erschien in ihren dunkelbraunen Augen. »Ich will nicht. Ich kann nicht.«
    »Du wirst«, unterbrach Kivar sie. Er blickte zu einer Nische auf einer Seite, und Simon bemerkte zum ersten Mal, dass dort ein kleiner, in weißen Satin
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