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Gefaehrtin Der Daemonen

Titel: Gefaehrtin Der Daemonen
Autoren: Marjorie M. Liu
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Gehstock. Er saß neben der Tür im Zimmer und hielt meinen Blick wie ein Rettungsanker, mein Leben, sein Leben, verschmolzen in seiner Musik.
    Ahsen stieß ein gutturales Stöhnen aus. Ihr Blick zuckte von dem Schwert zu Grant. Ich hatte gedacht, ihre Miene könnte nicht mehr Entsetzen ausdrücken als beim Anblick des Schwertes, aber der Blick, den sie ihm zuwarf, kündete von mehr als nur Entsetzen. Es war ein solcher Horror, dass ihr kleiner Körper wie von einer gewaltigen Faust geschüttelt wurde.
    »Lichtbringer!«, flüsterte Ahsen, und ihre Miene verzerrte sich, spiegelte eine so verzweifelte Qual, als hätte man ihre Essenz vernichtet. Sie löste sich auf, aber ich hörte Suchers heisere Warnung. Die Abtrünnige schwebte über Jacks Körper, der am Boden ausgestreckt lag.

    »Du wusstest es!«, kreischte Ahsen. »Wenn die anderen herausfinden, was diese Welt beherbergt …«
    Jack unterbrach sie mit einem atemlosen Knurren. »Sie werden es niemals erfahren. Denn du wirst es Ihnen nicht verraten.«
    »Das muss ich aber!«, fauchte sie. »Du dummer …«
    Ich rammte ihr das Schwert zwischen die Schulterblätter. Macht strömte zwischen dem Ring und dem Schwert, und Ahsen bog den Rücken, wand sich.
    Jack packte ihre Knöchel. Seine Finger glitten durch ihr Fleisch, als bestünde es aus Rauch. »Ich habe noch nie bereut, was ich dir angetan habe«, knurrte er. »Ich habe dich gerne eingesperrt. Und Sarai auch.«
    Ahsen kreischte, riss sich von dem Schwert los. Sucher wollte sie schlagen, aber seine Faust drang ebenso wirkungslos durch ihren Körper wie meine. Oturu tat gar nichts. Er beobachtete nur. Mich. Ausschließlich mich, und ich spürte die Frage in der schmalen Linie seines Mundes, der Ruhe seines Umhangs.
    Grants Melodie veränderte sich. Ahsen schrie erneut auf, peitschte herum, starrte ihn an und rammte dabei einen Fuß in Jacks Kopf. Der alte Mann rührte sich nicht mehr.
    Ich schwankte, bekam keine Luft, aber ich hatte auch keine Zeit, mich um ihn zu kümmern. Ahsen verschwand, tauchte einen Herzschlag später wieder auf, fast unmittelbar über Grant. Er hatte die Augen geschlossen, seine Finger zuckten wie Blitze über die Flöte. Seine Musik drang durch das Apartment, sammelte die Dämonen, als wären sie Papierfetzen, die von einem schrecklichen Sturm erfasst würden. Grant hatte die Schultern zusammengezogen, den Rücken gebogen, war leichenblass.
    Und er war nicht allein. Vor ihm stand Rex, der einen Baseballschläger schwang. Hinter den beiden, auf den Stufen der Treppe, stand Mary mit einer Bratpfanne. Hass glühte in ihren Augen, als sie Ahsen anblickte.

    Ich rannte so schnell ich konnte. Ahsen würde Grant töten, ich spürte es. Alle Wut war aus ihr gewichen, und an ihre Stelle war eine grauenvolle Verzweiflung getreten, die noch weit furchteinflößender war als Zorn.
    Meine Haut prickelte, dehnte sich. Macht strömte durch meine Adern. In meinem Herzen öffnete sich ein Abgrund, tiefer als Oturus Umhang oder die Ödnis des Samenrings; ich versank darin, während ich Ahsen anstarrte. Ich hörte zwar, wie Sucher meinen Namen schrie, aber ich ließ die Wut nicht los, die mich erfüllte. Ich konnte es nicht. Ich hatte den Geschmack des Todes in meinem Mund.
    Vollkommen geräuschlos griff ich Ahsen an, schwang das Schwert. Sie wirbelte im letzten Moment herum, riss die Augen vor Entsetzen auf und verschwand wieder, bevor ich sie berührte. Jetzt, jetzt kreischte ich ihren Namen, dann war Oturu da, sein Haar und sein Umhang umfingen mich, und Sucher packte meine Hand.
    Wir glitten in die Finsternis, tanzten im Dazwischen, sprangen vom Licht ins Dunkel. In meinem Herzen regte sich etwas. Ein Wasserfall rauschte hinter meinen Rippen, in meiner Kehle. Ein gewundener Körper drehte sich unter meiner Haut. Fänge öffneten sich hinter meinem Mund. Die Empfindung war so stark, dass ich mir vorstellte, wie sich meine Kiefer aushakten, zu einem Schlund dehnten, der eine Sonne verschlingen konnte. Hunger, ein wahnsinnig brennender Hunger. Ich erinnerte mich. Schwärze und Sternenlicht.
    In meiner Hand glühte das Schwert. In meinem Leib glühte etwas anderes, heiß und pulsierend.
    Sucher stahl uns aus dem Dazwischen. Ich wusste nicht, wo wir waren. Ich sah Wasser, ich sah eine Stadt, wogend vor Lichtern. Hier war es Nacht, die Luft war kühl in meinen Lungen, auf meiner heißen Haut. Tief atmete ich ein. Sucher stand links
von mir. Zee und die Jungs schälten sich von meiner Haut, aber ich fühlte
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