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Gefaehrtin Der Daemonen

Titel: Gefaehrtin Der Daemonen
Autoren: Marjorie M. Liu
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Alter Wolf? Das ist alles, was mir von dem Körper geblieben ist, den ich an dem Tag trug, als du mich eingekerkert hast. Es ist alles, was mir von der Menschlichkeit geblieben ist, die ich kultiviert hatte.«
    Jack antwortete nicht, aber ich spürte seine Anspannung. Seine Hand zitterte.
    Ahsen sah sich um, musterte die schwarzen Körper der atemlos wartenden Dämonen. »Mir wurde ein Junge versprochen«, sagte sie.
    »Er ist weg«, erwiderte Jack. »In Sicherheit.«
    »Aber er ist immer noch der deine.« Ihre Lippen wurden schmal. »Das ewige Kind. Dein größter Fehler in der organischen Schöpfung. Verdammt zu einem ewigen Leben als Junge, zu ewigem Vergessen, zu ewigem Wandern. Du hättest ihn töten sollen, Jack. Ich hätte es getan. Er ist deine Schwäche, dein gescheitertes Experiment, das einen Teil von dir in sich trägt. Wenn ich den Jungen ermorde …«
    Ich sah Sucher an, dessen Miene verschlossen wirkte, hart. »Byron ist unsterblich?«
    Jack warf mir einen langen Blick zu. »Er ist ein besonderes Kind. Du hättest ihn niemals treffen sollen. Das Schicksal hat sich verschworen.«
    Ahsen schnippte mit den Fingern. Der alte Mann schwankte, sank auf die Knie, atmete rasselnd. Er umklammerte seine Brust.
    Ich fuhr herum und rammte Ahsen die Faust ins Gesicht. Meine Hand glitt durch sie hindurch. Sie lachte, kurz und laut wie ein Donnerschlag. Mir war übel vor Verzweiflung. Ich versuchte erneut, sie zu schlagen, und jedes Mal, wenn ich es tat, zerbrach etwas in mir. Der Schatten hinter meinen Rippen flatterte heftiger, fester. Jack stöhnte.
    »Du kannst mich nicht verletzen«, flüsterte Ahsen. »Und
wenn ich mit der menschlichen Hülle des Alten Wolfs fertig bin, dann kümmere ich mich um dich. Ich werde dich jagen, bis du mir gibst, was ich will. Und dann werde ich dich töten, oder neu erschaffen, Jägerin. Vielleicht mache ich dich zu meiner Haut - und deine Jungs zu meinen Sklaven.«
    Heiße Wut durchströmte mich. Das eiserne Band um meinen Finger wurde enger.
    Eine Waffe , dachte ich. Gib mir eine Waffe.
    Das Eisen glühte noch heißer. Ich erinnerte mich an den Fluss, an mich als lebenden Sarkophag, der gegen die Strömung kämpfte, an das Gefühl, das Schwert in der Hand zu halten, kalt und lebendig. An das Flüstern, das mich dorthin geführt hatte. Ich erinnerte mich, ich konnte es schmecken.
    Ahsen blinzelte, sah auf meine Hand. Ich folgte ihrem Blick.
    Meine Hand glühte. Weiß. Bis das Licht schlagartig erlosch.
    Und ich ein Schwert hielt.
    Eine solche Waffe hätte ich mir niemals vorstellen können. Sie schien eher ein Kunstwerk zu sein, aber für einen Krieg war sie wohl nicht zu gebrauchen. Eine schlanke Klinge, glänzend und funkelnd, als wären Bruchstücke von Sternen in ihren Stahl eingearbeitet worden. Gezackt und mit Runen graviert, die wie Rosen aussahen. Eine dünne Kette führte vom Griff zu meinem Ringfinger, der immer noch von dem Eisenring umschlossen war.
    Hinter mir fing Jack an zu lachen. Es war ein heiseres, hässliches Geräusch. Als er den Kopf hob, sah ich seine blutunterlaufenen Augen. Blutiger Schaum bedeckte seine Mundwinkel.
    »Nein«, flüsterte Ahsen. Ich wusste nicht, ob Gier oder Entsetzen in ihren Augen leuchtete, und es kümmerte mich auch nicht. Meine Hand fühlte sich an, als wäre sie von einem leuchtenden Blitz umhüllt. Meine Haut kribbelte, eine elektrische Strömung rauschte - sie rührte von dem Schwert und dem Ring in meinen Körper her.

    Eine solche Waffe hatte ich noch nie benutzt, es sei denn es zählten auch die Male, die ich mit Zee gekämpft hatte, mit einem Stock. Aber ich schwang das Schwert, als spielte ich in einem alten Mantel-und-Degen-Film, und versenkte es mit einem heiseren Schrei in meinem achtjährigen Körper. Das Schwert schnitt durch Ahsens Bauch, als wäre er Luft. Aber sie schrie auf, wand sich. Zum ersten Mal schien sie von einer Waffe getroffen zu sein.
    Als sie schrie, griffen die Dämonen an.
    Es war, als würde ich erneut von der Dunkelheit geschluckt werden. Blindlings schlug ich um mich. Das Schwert glühte vor dem Dämonenfleisch, aber es waren zu viele. Sucher schrie. Ich versuchte, Jack zu finden. Oturus Schritte klickten in meinen Ohren, obwohl ich ihn nicht sehen konnte.
    Und noch etwas hörte ich. Eine Flöte.
    Die Musik schnitt wie ein Messer, erfüllte mich, glitt über meine Haut wie hundert kleine Rasierklingen. Die Dämonen, die Dunkelheit, sie wanden sich, schälten sich ab, und ich sah Grant, ohne seinen
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