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Gefaehrliche Maskerade einer Lady

Titel: Gefaehrliche Maskerade einer Lady
Autoren: Anne Gracie
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mitgenommen, als er Ägypten in Richtung China verließ. Sie war zu schüchtern gewesen, um ihn darum zu bitten.
    Wie sollte diese Zeichnung in die Hände dieses Fremden dort geraten sein? Warum zeigte er das Bild herum? Und warum bot er Geld für das Mädchen auf dem Bild?
    Es könnte deine kleine Schwester sein.
    Diese Zeichnung konnte ihr ganzes Leben ruinieren.
    Sie hielt den Blick auf den hochgewachsenen Ausländer gerichtet und versuchte die Antworten auf ihre Fragen in seinem Gesicht abzulesen.
    Im Souk hinter ihr röstete gerade ein Gewürzhändler Sesam, Koriander und Kreuzkümmel mit Haselnuss- und Cashew-Kernen, um Dukkah herzustellen. Ayishas Magen knurrte, als ihr das köstliche Aroma in die Nase stieg. Dennoch konnte sie den Blick nicht von dem Fremden wenden. Als ob er ihr Interesse spürte, änderte er plötzlich seine Richtung und schlenderte auf die Gasse zu, in der sie sich versteckte. Die Menge teilte sich wie selbstverständlich vor ihm, doch das lag nicht allein daran, dass er so groß und fremd war. Es lag an dem Mann selbst. Er bewegte sich so selbstbewusst und herrschaftlich wie ein Sultan und die Menge reagierte instinktiv.
    Dieser Mann war es gewohnt, dorthin zu gehen, wo er wollte.
    Dieser Mann war es gewohnt, zu bekommen, was er wollte.
    Diesmal wird er es nicht bekommen. Mich bekommt er nicht, schwor sie sich im Stillen.
    „Es heißt, er sei ein angesehener englischer Lord“, wisperte Ali. „Er soll so viel Gold besitzen, dass er sich alles kaufen kann, was er will. Aber wieso macht sich einer wie er auf so eine weite Reise zu uns, nur um ein Mädchen zu kaufen? Gibt es in England keine Mädchen? “
    Ayisha schnaufte verächtlich. „Natürlich gibt es dort Mädchen. Nur ein Narr schmeißt sein Gold so in den Staub.“ Ein kühles Grummeln in ihrem Magen strafte diese selbstsicheren Worte Lügen.
    „Gadi sagt, wenn du jünger wärst, würde er dich als Mädchen verkleiden und dich an diesen Ramses verkaufen. Dann wäre er ein gemachter Mann.“ Ali lachte herzlich über diesen heimlichen Scherz. In ganz Kairo wussten nur er und Laila, dass Azhar das Mädchen Ayisha war.
    Ayishas schnürte es die Kehle zu. Sie musste unbedingt an dieses Bild kommen und es vernichten. Gadi dachte, sie ähnle dem Mädchen auf der Zeichnung, doch er war ein dummer junger Mann. Er verstand gar nichts. Aber wenn er es weiterhin so leichtfertig dahinerzählte, könnten es schnell die falschen Leute hören.
    Bittere Erinnerungen stiegen in ihr hoch.
    Gadis Onkel war einer der Männer, die vor Jahren hinter ihr her gewesen waren. Wenn er das Bild jetzt sehen, wenn Gadi ihm im Scherz von seinem Plan erzählen würde.
    Gadis Onkel war klug. Er wusste, wie sie früher ausgesehen hatte.
    Sobald die Leute anfingen, sich Azhar, wenn auch zum Spaß, als Mädchen vorzustellen, würde die Wahrheit sehr bald herauskommen.
    Gadis Onkel war nicht der Einzige, der ihr vor Jahren nachgestellt hatte.
    „Gadi redet einen Haufen Unsinn“, sagte sie zu Ali.
    Ali schüttelte den Kopf. „Nein, Gadi weiß viel über die Welt.“
    Ayisha schwieg. Ihr kleiner Freund war zehn Jahre alt und Waise. Er neigte dazu, selbst im größten Taugenichts einen Helden zu sehen. Wieso nahm er sich keinen rechtschaffenden Mann zum Vorbild? Allerdings blieb Ali keine große Wahl. In den engen Gassen von Kairo traf man höchst selten rechtschaffende Männer. Wer anständig und redlich war, hatte es schwer, in der bitteren Armut der Elendsvierteln zu überleben. Wer wusste das besser als sie?
    Ayisha drückte sich tiefer in den Schatten und wartete darauf, dass der Engländer näher kam. Sie wollte ihn aus der Nähe sehen, wollte ihm in die Augen schauen. Das war gefährlich, aber sie musste wissen, was für ein Mann er war.
    Erkenne deinen Feind.
    Der Fremde schlenderte gelassen durch das Gedränge. Der Lärm, das dichte Gedränge, die schubsenden Menschen und sogar der ganze Schmutz schienen ihn nichts anzuhaben. Nie zuvor hatte Ayisha einen Mann für schön gehalten. Aber dieser Mann vor ihr war atemberaubend männlich, markant und schön. Sie konnte den Blick nicht von ihm wenden.
    Er war wie einer jener Männer aus den schaurig-schönen Geschichten, die ihre Mutter ihr früher immer erzählt hatte. Ihre Mutter hatte ihr viele wunderbare, aber auch Gruselgeschichten erzählt, von denen einige wahr, andere aber frei erfunden waren. Die Kunst bestand darin, den Unterschied zu erkennen.
    Aber Ayisha war kein großäugiges staunendes Kind mehr
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