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Gefaehrliche Maskerade einer Lady

Titel: Gefaehrliche Maskerade einer Lady
Autoren: Anne Gracie
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und erst recht keine leichte Beute für Männer. Sechs Jahre lebte sie nun schon auf der Straße. Die Zeit hatte sie verändert. Sie war geschickt, gerissen, schlau wie ein Fuchs.
    Der Engländer blieb stehen, schob den Hut in den Nacken und hob den Kopf so, als suche er einen Windhauch in der stickigen staubigen Luft. Er war ihr nun so nah, dass sie sein Gesicht deutlich erkennen konnte. Ayisha bestaunte die markant geschnittenen Linien seiner Wangenknochen, seine gerade kühne Nase und seine breite hohe Stirn.
    Seine Haut war makellos glatt und leicht gebräunt, nur neben seinem Mund schimmerte eine kleine helle Narbe. Seine Lippen waren so geschwungen, dass sie wie zusammengepresst wirkten. Sie waren so faszinierend, dass Ayisha zu gerne mit dem Finger darüberstreichen würde, um zu prüfen, ob sie weich wurden.
    Doch seine mandelförmigen Augen faszinierten sie noch mehr. Sie blitzten unter müden Lidern hervor, was ihnen einen leicht verschlafenen Ausdruck verlieh.
    Doch der Fremde war alles andere als schläfrig. Ayisha überlief eine Gänsehaut. Er wirkte auf sie wie eine Kobra. Seinen Augen entging nichts. Und nun blickte er direkt in ihre Richtung.
    Er konnte sie unmöglich sehen, denn die Sonne schien ihm direkt ins Gesicht. Ayisha drückte sich in den dunkelsten Schatten der Gasse. Sie hatte ihr Versteck mit Bedacht gewählt. Die Gewürzgasse war die dunkelste auf dem Markt. Gewürze vertrugen keine Sonne.
    Er stand immer noch da und schien mit seinen Augen den Schatten zu durchbohren. Ayisha hatte das Gefühl, als würde er sie mit seinem Blick aufspießen. Sie erstarrte regungslos wie eine Maus vor einem Python und blickte ihm in die Augen. Ein eiskalter Schauer lief ihren Rücken entlang.
    Noch niemals in ihrem Leben hatte sie solche Augen gesehen. Ihr kaltes helles Blau erinnerte sie an den Himmel kurz vor Tagesanbruch, wenn die Hoffnung am größten war und die Seelen die Erde verließen. In diesen Augen lag keine Wärme, keine Hoffnung und kein Mitleid. Dieser Fremde hier vor ihr war ein Mann, für den Leben und Tod keine Bedeutung hatten. Es wunderte sie nicht, dass die Menschen ihm eilig den Weg frei machten.
    Sie drückte sich noch stärker gegen die Lehmziegel der Mauer. Sie war sich sicher, dass er sie nicht sehen konnte und dennoch war sein Blick zermürbend.
    Der Gewürzhändler in ihrer Nähe begann die Dukkah -Mischung mit Salz zu vermengen.
    Bei der geringsten Bewegung des Fremden würde sie fliehen. Ayisha kannte jede Gasse in der Stadt, jeden Souk und jeden Schlupfwinkel. Sie wartete angespannt.
    Der Geruch der Gewürze zog in ihre Nase und raubte ihr den Atem.
    Der Engländer zog seine dunklen Augenbrauen zusammen und blickte verkniffen. Seine Nasenflügel bebten so, als wittere er Beute. Englische Lords jagten Füchse. Ihr Vater hatte ihr davon erzählt und ihr versprochen, eines Tages mit ihr nach England zu reisen und sie zur Fuchsjagd mitzunehmen.
    Auch ihr Vater war ein großartiger Geschichtenerzähler gewesen. Ayisha hatte ihm alle Geschichten geglaubt. Welches Kind zweifelte schon an dem, was sein Vater ihm sagte?
    Doch dann war er gestorben und seine Geschichten hatten sich als Lügen entpuppt. Ayisha würde niemals dieses schöne grüne England aus den Erzählungen ihres Vaters sehen.
    Und selbst wenn, würde auch der mächtigste englische Lord sie nicht dazu zwingen können, Füchse zu jagen.
    Sie selbst war zu oft gejagt worden, um an so etwas jemals Gefallen finden zu können.
    Allerdings sah sie zum ersten Mal in ihrem Leben einen englischen Lord. Waren ihm die Fuchsjagden so langweilig geworden, dass er die weite Reise übers Meer antrat, um nun in Ägypten Jagd auf Mädchen zu machen?
    Von der anderen Seite des Marktes drang Lärm und Geschrei zu ihnen herüber. Es gab Streit bei einem Orangenverkäufer. Der Engländer blickte für einen kurzen Moment in die Richtung. Ayisha nutzte die Gelegenheit und verkroch sich blitzschnell hinter den Decken eines Verkaufsstands.
    Durch die Ritzen in den Stoffbahnen hindurch sah sie, wie der Fremde nach einem flüchtigen Blick auf das Handgemenge am Orangenstand wieder auf die Stelle starrte, wo sie zuvor im Schatten gekauert hatte.
    Stirnrunzelnd suchte er mit seinen Augen die Umgebung ab. Dann heftete sich sein Blick auf den Verkaufstand. Der Fremde kniff die Augen zusammen, als wisse er, dass sie sich unter den rot-weiß gestreiften Stoffbahnen versteckte. Dabei konnte er sie unmöglich sehen. Immerhin war er kein Dschinn und auch
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