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Gefaehrliche Maskerade einer Lady

Titel: Gefaehrliche Maskerade einer Lady
Autoren: Anne Gracie
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jagen.
    Jemand wie dieser Engländer.
    Aber er konnte unmöglich nur durch einen Blick hinter ihr Geheimnis gekommen sein. Es war lediglich unvorsichtig von ihr gewesen, dass sie so kurz vor ihm zum Stehen gekommen war und dass sie so offen ihr Interesse an ihn gezeigt hatte. Normalerweise würde sie diesem kurzen Moment keine Bedeutung beimessen. Doch seine durchdringenden blauen Augen schienen einfach alles zu sehen.
    In Zukunft musste sie besser aufpassen.
    Wenig später entdeckte sie ihn wieder. Mittlerweile hatte sie den staubigen blauen Turban gegen ein weißes Stück Stoff getauscht, in den ein roter Streifen eingewebt war. Sie trug stets einen andersfarbigen Stoff bei sich, den sie sich um die Mitte band. Im Gedränge der Souks suchten die Menschen einander anhand ihrer Kopfbedeckungen. Wer den Turban wechselte, wurde ein anderer Mensch.
    Sie beschattete den Fremden den ganzen Tag über, hielt sich dabei aber wohlweislich im Schatten oder in Hauseingängen verborgen oder sie versteckte sich hinter anderen Passanten. Der Engländer drehte sich immer wieder um und ließ seinen Blick über die Gassen schweifen, so als spüre er seine Beobachterin, doch zum Glück war Ayisha klein und schäbig und zu geschickt darin, nicht aufzufallen.
    Unermüdlich suchte er nahezu alle ehemaligen Bediensteten ihres Vaters auf. Er ging dabei ausgesprochen sorgsam vor, wesentlich sorgfältiger jedenfalls als die anderen vor ihm.
    Jedes Mal zog er die Ledermappe mit ihrem Bild aus der Innentasche seiner Jacke hervor und zeigte es herum. Jeder, dem er das Bild zeigte, nickte wissend mit dem Kopf. Anschließend aber schüttelten sie den Kopf oder zuckten ratlos mit den Schultern.
    Für Ayisha ergab sich nicht die geringste Chance, das Bild zu stehlen. Eine dicht gedrängte Menschenmenge wie auf dem Markt wäre das ideale Umfeld für sie, doch der Engländer mied die Souks.
    Den ganzen Nachmittag klapperte er die kleinen Häuser in den engen Gängen und Sackgassen ab. Es ergab sich keine günstige Gelegenheit für einen Dieb wie sei, der aus der Übung gekommen war, obwohl der Fremde nur von wenigen Neugierigen und Bettlern verfolgt wurde. Einige von ihnen kannten Azhar und würden natürlich weitertratschen, dass er Interesse an der Zeichnung hatte.
    Nun stand der Engländer vor der Haustür eines Mannes, der früher einmal Gelegenheitsarbeiten für ihren Vater verrichtet hatte. Der Angestellte war mittlerweile dick geworden, aber sie erinnerte sich noch ganz genau an Gamal. Sie hatte ihn nie leiden können. Es wäre höflich gewesen, den Ausländer ins Haus zu bitten, so wie alle anderen es vor ihm getan hatten, doch Gamal wollte, dass alle Nachbarn seinen vornehmen Besucher sahen und ließ ihn deshalb in der prallen Sonne stehen.
    Ayisha wollte sich Gamals Unhöflichkeit zunutze machen. Wie nicht anders zu erwarten, hatte sich eine kleine Gruppe Neugieriger um ihn und seinen Gast gebildet. Sie drängte sich näher.
    „Ha! Ich wusste doch, dass du gelogen hast. Du interessierst dich ja doch für ihn“, flüsterte eine Stimme an ihrem Ellbogen.
    „Ali! Was suchst du hier?“ Leise fluchend zerrte sie den Jungen von der Menge weg. „Du solltest doch Laila beim Backen helfen.“
    „Hab ich auch“, entgegnete Ali trotzig, „aber jetzt soll ich Grünzeug für die morgigen Fladen pflücken.“ Er hielt einen kleinen Jutesack hoch.
    „Das Grünzeug dazu wächst unten am Flussufer und nicht hier. Also geh! Ich habe dir gesagt, du sollst dich von diesem Mann fernhalten.“
    „Ach Ayisha, Grünzeug pflücken ist Frauenarbeit.“
    Sie hatte keine Geduld, sich sein ständiges Nörgeln anzuhören. „Und essen und ungehorsam sein ist die Aufgabe eines Jungen? Willst du etwa mal werden wie Omar?“
    Ali verzog genervt das Gesicht. Er hasste es, mit Omar verglichen zu werden.
    Denn Lailas Bruder Omar war ein Nichtsnutz. Laila arbeitete, um Geld für den Lebensunterhalt zu verdienen. Sie buk Brot und Gebäck in dem kleinen Lehmofen auf ihrem winzigen Innenhof und fertigte Füllungen für ihre Pasteten aus Wildkräutern und einem kleinen bisschen Käse. Sie sammelte Holz, Reisig und getrockneten Tierdung als Brennmaterial. Sie war eine geborene Köchin, und ihre Backwaren fanden reißenden Absatz.
    Obwohl sie selbst keine Kinder hatte, war sie eine echte Mutter. Das Elend der Straßenkinder zerriss ihr das Herz. Zu gerne würde sie jedes von ihnen durchfüttern, doch Omar hatte es ihr verboten. Er nahm Laila jede Münze ab, die sie
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