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Gefährliche Ideen

Gefährliche Ideen

Titel: Gefährliche Ideen
Autoren: Alf Rehn
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Geländes, aber auch davon, wie man der Täuschung anheim fällt, eine Grenze überschritten zu haben.
    Das Ziel dieser Ausführungen wird es nicht sein, Kreativität zu verurteilen, ganz im Gegenteil. Vielmehr müssen wir so vorgehen, um Kreativität ernst zu nehmen und die auf Motivation getrimmten Fotobuch- und Posterfantasien zu überwinden. Tatsächlich halte ich sehr viel von Kreativität und den Möglichkeiten, die sie eröffnet. Wie gerne lebte ich in einer Welt, in der Kreativität – die echte, ernst zu nehmende Variante – leichter Gehör findet und wo die Freude am Erschaffen besser gefördert wird und auf breiteres Verständnis stößt.
    Doch gleichzeitig bin ich Realist und weiß, dass der Pfad hin zu einer solchen Welt viel steiniger und gewundener ist, als wir gemeinhin glauben. Wenn wir eine derartige Welt erschaffen wollen, selbst in einem beschränkten Rahmen wie einem Unternehmen, müssen wir verschiedene Grenzen ausloten und sie unzählige Male überwinden. Um diese Bewegungen zu ermöglichen, erscheint es mir ungeheuer wichtig, unser Denken infrage zu stellen, insbesondere in Bezug auf unsere Vorstellungen von Kreativität. Wir müssen sogar die Notwendigkeit von Grenzüberschreitungen infrage stellen, damit wir nicht Gefahr laufen, diese zum Selbstzweck zu erheben. Diese Herangehensweise ist Bestandteil gefährlichen Denkens, und um sie richtig zu verstehen,müssen wir sie als Doppelbewegung begreifen – eine Bewegung, die gleichzeitig liebend und herausfordernd gemeint ist.
    Ist Ihnen schon unwohl? Klasse!
    Jeder Mensch ist in seinem Denken und in seiner Vorstellungskraft beschränkt. Wer etwas anderes glaubt, ist schlicht naiv. Natürlich können wir Grenzen infrage stellen, aber wenn es heißt, man solle Rahmen sprengen und über den Tellerrand blicken, handelt es sich zumeist um leeres Gerede. Wir benötigen Bezugsrahmen, um denken zu können. Ohne gedankliche Rahmen sind wir verloren, da alle Gedanken auf Bezugssystemen, Annahmen, allgemein akzeptierten Konventionen und Definitionen fußen.
    Ohne gedankliche Rahmen sind wir verloren, da alle Gedanken auf Bezugssystemen, Annahmen, allgemein akzeptierten Konventionen und Definitionen fußen.
    Das Problem ist nicht unser begrenztes Denken, sondern vielmehr, dass wir die wirklichen Grenzen meist nicht wahrnehmen. Und der einzige Weg, um sie zu erkennen und in den Griff zu bekommen, liegt darin, sie zu durchbrechen. Natürlich behaupten Kreativitätsgurus gern, in ihren Workshops und mit ihren trivialen Kreativitätsübungen genau dies zu erzielen, aber im Allgemeinen liegen sie damit völlig falsch.
    Elementare Kreativitätsübungen – das übliche Gerede, wonach Kreativität wichtig/amüsant/wertvoll/was auch immer sei – funktionieren nicht, denn das Gehirn (ein hinterlistiges Wesen, das wir noch eingehend untersuchen werden) erkennt sie sofort als das, was sie sind. Unser Gehirn ist erstaunlich geschickt darin, solcherart Bedrohungen und Herausforderungen abzuwehren, und zwar auf eine Art und Weise, die dafür sorgt, dass die wirklichen Hindernisse für kreatives Denken nicht infrage gestellt oderauch nur berührt werden. In gleicher Weise, wie man dem Gehirn mithilfe bestimmter Anreize vortäuschen kann, dass es unabhängige Entscheidungen fällt (siehe dazu beispielsweise
Yes! Andere überzeugen – 50 wissenschaftlich gesicherte Geheimrezepte
von Goldstein, Martin & Cialdini), können Kreativitätsübungen uns weismachen, dass wir kreativer geworden sind, obwohl in Wirklichkeit nur unserer Psyche geschmeichelt wurde. Um ernsthaft mit Kreativität zu arbeiten, benötigen wir etwas Schlagkräftigeres. Wir müssen die schweren Geschütze auffahren. Kreativität soll nicht bequem oder angenehm sein, und sie ist oft regelrecht verstörend. Wenn eine Kreativitätsübung in Ihnen ein Wohlgefühl auslöst, beweist das nicht ihre Wirksamkeit: Es zeigt nur, dass Ihr Gehirn Endorphine ausschüttet, um Sie dafür zu belohnen, dass Sie es nicht herausgefordert haben. Kreativität zu genießen heißt, sie in ein sicheres, komfortables Wesen zu verwandeln, und Ihr Gehirn beteiligt sich nur allzu gern an dieser Täuschung.
    Wir müssen in Bereiche vordringen, in denen es ungemütlich und sogar gruselig wird und unsere althergebrachten Techniken der gedanklichen Steuerung nicht mehr funktionieren.
    Im Gegensatz dazu stellt wirkliche Kreativität eine Transformation von Denkmustern dar, die Ihre Weltsicht tiefgreifend verändert, und wie jede ernst
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