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Gefährliche Ideen

Gefährliche Ideen

Titel: Gefährliche Ideen
Autoren: Alf Rehn
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wieder eingesetzt wird, ist schon faszinierend.

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    Wenn man darüber nachdenkt, was einem die Bücher mit derlei Übungen eigentlich sagen wollen, erkennt man schnell, dass sie aus einem einzigen Grund aufgenommen werden: um den Leser davon zu überzeugen, dass Kreativität eine Art Geheimkunst ist, eine mythische Form des Wissens, die der schon etwas erleuchtete Autor an eine leicht begriffsstutzige Leserschaft weitergeben sollte. Tatsächlich scheint in vielem, was über das Themageschrieben wird, ein spürbarer religiöser Eifer durch, der mir sogar ein wenig Angst macht. Auch die größtenteils herablassende Haltung kann ich gar nicht leiden: »Hier hast du ein Rätsel. Kannst du es lösen? Nein? Das dachte ich mir schon. Komm her, mein beschränkter Freund, und ich zeige dir, wie dumm du eigentlich bist …« (Später werde ich genau dasselbe tun, jedoch unter der Annahme, dass ich kein bisschen intelligenter bin und womöglich sogar viel dümmer.)
    Diese Übungen kurbeln das Ego des Autors an, verraten im Grunde aber nichts Interessantes über Kreativität. Das wird umso deutlicher, wenn man erkennt, dass dieselben Übungen in einem Buch nach dem anderen auftauchen! Als ich diesen Satz zu Ende geschrieben hatte, rief ich meinen Sohn und bat ihn, mir aus meinem Regal drei beliebige Bücher mit dem Wort »Kreativität« im Titel herauszusuchen, nur um meine Theorie zu überprüfen. Zwei enthielten die unsägliche Abbildung mit den neun Punkten. Das dritte Buch,
Creativity
von Mihaly Czikszentmihalyi, enthielt sie nicht – aber es enthält ohnehin weder Bilder noch Übungen. Diesen Umstand macht es immerhin wieder dadurch wett, dass es verschiedene Dinge wiederholt, die in Büchern dieser Art für gewöhnlich endlos wiedergekäut werden.
    Schreiben Sie Ihr eigenes Buch über Kreativität!
    Wenn es sich nur um eine einzige Übung handelte, die ständig wiederholt würde, könnte man ja noch großzügig darüber hinwegsehen. Tatsache ist jedoch, dass die meisten Bücher über Kreativität sich mehr oder weniger gleichen, wenn auch mit einigen Einschränkungen. Man könnte auch sagen, dass sie alle ein ganz bestimmtes Modell wiederholen, das im Jahr 1926 entwickelt worden ist. Damals erfand ein Herr namens Graham Wallas(1858 –1932) ein Grundmodell für den kreativen Prozess, welches vier einfache Phasen umfasst:
Präparation,
Inkubation,
Illumination,
Verifikation.
    Seitdem ist dieses Modell von Hunderten von Autoren modifiziert worden – durch Permutation nach Permutation nach Permutation. Manche fügen eine oder zwei Phasen hinzu, meist durch Unterteilung einer der oben genannten, und die meisten verpassen den Phasen schicke neue Bezeichnungen. Und natürlich werden hier und da ein paar zusätzliche Elemente eingebracht, die Teil der Präparation sein sollten, oder man betont die Bedeutung aktiven Handelns bei der Verifikation. Vielleicht werden die Phasen sogar in Kreisform angeordnet, sodass auf die Verifikation eine neue Runde der Präparation folgt. Dennoch weicht man im Grunde nicht vom Drehbuch ab.
    Also, wenn die das können,
dann können Sie das doch auch!
Verwenden Sie einfach das obige Grundmodell, verpassen Sie den Phasen spritzige neue Namen, fügen Sie eine weitere Phase hinzu (welcher Art ist im Grunde völlig egal), und basteln Sie daraus ein hübsches und buntes neues Modell. Warum nicht in Form eines Hais? Sehen Sie,
auch Sie können ein kreativer Kopf sein!
Warum auch nicht? Es ist doch schon vielen gelungen … Sobald Ihr Modell steht, können Sie es mit einer Reihe von Beispielen und Übungen aufpeppen. Sollten Ihnen keine neuen einfallen, dann verwenden Sie einfach dieselben, die Sie in anderen Büchern vorfinden – das macht schließlich jeder. Simsalabim, fertig! Jetzt müssen Sie Ihr Werk nur noch mit einem Buch vergleichen, das vielleicht schon in Ihrem Bücherregal steht.
    Haben Sie eins gefunden? Lassen Sie mich raten: Zunächst füllt der Autor einige Seiten mit der These, dass Kreativität ungeheuer wichtig sei. Dann folgen mehrere Kapitel, in denen er einige Dinge skizziert, die Sie tun müssen: das Problem definieren, möglichst unter verschiedenen Aspekten, und dabei unzählige Ideen und Inputs sammeln. Mit anderen Worten: Genau das, was Wallas als Präparation bezeichnet hat. Dann sollen Sie begreifen, dass Kreativität nach Raum verlangt, nicht erzwungen werden kann und durch kleine Nickerchen unterstützt wird – Inkubation nach Wallas’ Definition.
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