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Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben

Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben

Titel: Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben
Autoren: Hanna Dietz
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Und wenn ich zurückkomme, ist das Fräulein Sander verschwunden und ich stehe mal wieder da wie der letzte Idiot, weil ich nun mal für die Sicherheit von Fräulein Sander verantwortlich bin.«
    Ich warf ihm einen wütenden Blick zu und wischte mir den kalten Schweiß von der Stirn. Normalerweise hätte ich ihm deutlich zu verstehen gegeben, dass ich dieses Fräulein-Gelaber hasste. Aber ich war viel zu erschöpft, um mich jetzt darüber aufzuregen. Ich hatte gerade eine Leiche gesehen, da war ein missmutiger Bodyguard nichts dagegen. Bei dem Gedanken an das tote Mädchen überkam mich erneut ein Würgereiz.
    »Obwohl, ich muss sagen, diesmal hat deine Inszenierung wirklich etwas Überzeugendes«, kommentierte Enzo mein erneutes Abtauchen in den Mülleimer. »Und ich würde dir vielleicht sogar glauben, wenn du mir nicht schon dreimal abgehauen wärst. Aber jetzt ist Schluss mit dem Theater. Komm jetzt, lass uns gehen.«
    Ich hatte gute Lust, ihn zu schlagen. Das konnte doch nicht wahr sein, oder? Jetzt hatte Paps mir schon diesen Typen auf den Hals gehetzt, der mich keinen Moment aus den Augen ließ, aber wenn man ihn wirklich einmal gebrauchen könnte, stellte er sich ja so was von dermaßen dämlich an.
    »Da ist wirklich eine Leiche drin«, sagte ich mit bebender Stimme. »Über so was würde ich niemals Witze machen.« Ich holte ein Taschentuch aus meiner Tasche und wischte mir über den Mund. »Ehrlich, Enzo.«
    Ich schaute ihm in die hellgrünen Augen. Er war irritiert, das merkte ich. Ich hatte ihn bisher noch nie mit seinem Vornamen angesprochen. Er strich sich nachdenklich über seine Meckifrisur. Er trug wie immer einen schwarzen Anzug und ein eng anliegendes weißes Hemd darunter, das sich über seiner muskulösen Brust spannte. Dann fiel sein Blick auf das Haustelefon, das an der Wand des Flurs hing. Er schaute wieder zu mir. »Also dort im Biolabor ist wirklich eine Mädchenleiche?«
    »Ja. Sie hat ein Messer in der Brust und ist eindeutig total tot.«
    »Na gut«, sagte Enzo. »Wenn du dir sicher bist.«
    Ich nickte. Er ging zum Telefon, wählte eine Nummer und bekam jemanden an die Strippe. Ohne ein Anzeichen von Nervosität meldete er sich. »Ja, guten Tag, mit wem spreche ich? Gut, Herr Schmitz, mein Name ist Enzo Tremante, ich bin der Bodyguard von Natascha Sander. Meine Klientin hat soeben eine Leiche im Biologielabor entdeckt. Eine Mädchenleiche.«
    Meine Beine zitterten wie Grashalme im Wind und ich konnte mich kaum aufrecht halten. Enzo redete noch drei Sätze mit Herrn Schmitz, dann wurde er weiterverbunden mit der Schulleiterin, der er versicherte, dass sie richtig gehört hätte. Es dauerte vielleicht zwei Minuten, bis wir Schritte hörten. Da kam sie herangeeilt, die Schulleiterin Meinhilde von Cappeln, in ihrem Kielwasser ein Mann, den ich aufgrund seines rustikalen Aussehens inklusive Jeanshemd, Schnurrbart und klimperndem Monster-Schlüsselbund, aber vor allem an seiner hoheitsvollen Miene als Hausmeister identifizierte.
    »Was ist los?«, schallte uns die Stimme der Schulleiterin entgegen. »Was behauptet Natascha gefunden zu haben?«
    Ich verbiss mir den Kommentar, dass ich es nicht nur behauptete, und zeigte stumm auf die Tür. Der Hausmeister wechselte einen kurzen Blick mit der Direktorin, dann steckte er den Schlüssel ins Schloss, die andere Hand ruhte auf dem Knauf. Enzo trat einen Schritt vor und stellte sich neben Frau von Cappeln. Ich lehnte an der kühlen Wand im Flur. Das noch einmal anzusehen, würde ich mir ersparen. Der Hausmeister stieß die Tür auf.
    Für einen Moment standen sie da wie erstarrt – die Schulleiterin, der Hausmeister, mein Bodyguard.
    »Das ist ja Sally«, sagte der Hausmeister.
    Sally hieß sie also. Arme Sally. Die Schulleiterin warf mir einen entsetzten Blick zu. Ja, dachte ich, so ging es mir auch.
    »Die ist wirklich ziemlich tot, die Leiche«, stellte der Hausmeister fest. Laut seufzend betrat er den Raum, Frau von Cappeln folgte ihm mit zusammengekniffenen Lippen. Enzo schaute verwirrt zu mir.
    »Na Sally«, sagte der Hausmeister plötzlich im Plauderton. »Musstest du auf deine alten Tage mal wieder dran glauben? Jaja, so ist die Jugend. Kein Respekt vor der älteren Generation.«
    Hä? Was redete er denn da für wirres Zeug? Ich taumelte zum Eingang des Biolabors und blieb fassungslos stehen. Dort, wo eben noch die Mädchenleiche gewesen war, saß jetzt ein Skelett. Ein waschechtes Skelett, ein Knochengerüst, ein Gerippe, mit jeder Menge
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