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Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben

Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben

Titel: Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben
Autoren: Hanna Dietz
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Vater und hielt die Zeitung hoch. Die Schlagzeile lautete: »Nach wilder Verfolgungsjagd gefasst – Mörderische Schülerin verhaftet«. In dem Artikel wurde Ralf Söderberg als Held dargestellt, weil er den vermeintlichen Selbstmord aufgeklärt hatte. »Ich habe nie an diese Theorie geglaubt«, wurde er zitiert. Nee, ist klar. Aber was soll’s. Mir reichte, dass ich recht gehabt hatte. Ich stopfte die größte Menge Pfannkuchen in mich hinein, die jemals ein Mensch gegessen hatte – außer meinem Vater, der aß nämlich noch zwei mehr.
    »Papp«, sagte ich.
    »Satt«, vollendete mein Vater und wir lachten.
    »Ich würde gerne heute Nachmittag zu Justus fahren. Wäre das in Ordnung?« Normalerweise hätte ich natürlich nicht um Erlaubnis gefragt, aber an dem Tag, nachdem ich einer Mörderin entkommen war, konnte ich auch mal besonders brav sein.
    »Enzo fährt mich, okay?« Ich hatte das Gefühl, dass sie mir anmerken mussten, dass ich Enzos Namen ganz anders aussprach als gestern noch. Aber niemand merkte was. Glaubte ich. Meine Mutter schaute mich zwar neugierig an, sagte aber nur: »Ja, natürlich.« Und dann zwinkerte sie mir zu. Hoffentlich hatte sie nicht doch was gemerkt. Um halb fünf war ich mit Justus verabredet. Das war unsere übliche Samstagszeit, weil er vorher immer noch Handballtraining hatte. Aber da meine Eltern sich so was nicht merken konnten, sagte ich, ich müsse um drei los. Enzo und ich gondelten durch die Gegend, unterhielten uns, hörten Musik und dann suchten wir einen einsamen Parkplatz und ich küsste ihn wieder und konnte gar nicht mehr aufhören. Ich hatte ja keine Ahnung, wie toll das ist. Besser als toll! Knutschen kann echt süchtig machen. Aber so was von! Irgendwann erinnerte Enzo daran, dass ich eine Verabredung hatte. Es dämmerte schon, als wir bei Justus vor dem Haus ankamen. Ich gab Enzo noch einen Kuss, dann stieg ich aus. Zupfte meinen Mantel zurecht. Wischte mir über den Mund. Und hoffte, dass Justus das Glühen, das ich in mir spürte, nicht bemerken würde. Langsam ging ich die Auffahrt hinauf. Mit jedem Schritt wurde mir schwerer ums Herz. Was sollte ich ihm nur sagen? Ich würde ihm das Herz brechen. Und das wollte ich nicht. Aber ich musste, denn ich wollte vor allem ehrlich zu ihm sein und ihm keine falschen Hoffnungen machen. Ich drehte mich noch einmal zum Auto um. Enzo nickte mir aufmunternd zu. Ich seufzte, nahm allen Mut zusammen und bog um die Ecke, um die letzten Meter zur Haustür zu gehen. Sie war von dichten Hecken und Bäumen umsäumt, sodass man sie von der Straße aus nicht sehen konnte. Zwei Meter vor der Haustür blieb ich stehen. Ging im Kopf meine Gesprächseröffnung durch. Und dann kamen urplötzlich zwei Hände aus dem Nichts von hinten und zerrten mich rücklings ins Gebüsch. Alles ging so schnell, dass ich mich nicht wehren konnte.
    »Enzo«, wollte ich schreien, doch mein Schrei wurde erstickt von einer Hand, die mir der Angreifer auf den Mund presste. Ich fing an, um mich zu schlagen und zu treten. Da hörte ich eine bekannte Stimme. »Hey Nats, ganz ruhig. Ich bin’s.« Er ließ mich los.
    »Bastian!« Ich schnappte panisch nach Luft.
    »Psst! Nicht so laut.«
    »Spinnst du jetzt total? Was fällt dir ein, mich so zu überfallen?«, zischte ich.
    »Ich wollte dich nicht erschrecken.« Sein erschöpfter Tonfall ließ mich aufhorchen.
    »Was ist denn los?«, fragte ich, immer noch aufgewühlt und zitternd. Er warf hektische Blicke nach links und rechts, als ob irgendwo im Gestrüpp einer auf ihn lauerte. »Du musst mir helfen. Ich sitze echt in der Scheiße.«
    Ich schaute ihn verstört an. »Was ist denn passiert?«
    »Nicht jetzt«, sagte er. »Ich erzähle dir alles morgen.«
    »Komm doch mit nach Hause«, sagte ich. »Da vorne ist unser Auto…«
    »Nein, ich kann nicht«, unterbrach er und schüttelte heftig den Kopf. »Und du darfst niemandem erzählen, dass du mich gesehen hast, okay? Niemandem. Auch nicht Paps und Mama.«
    »Aber warum denn?«, fragte ich verständnislos.
    »Schwöre«, sagte er, »dass du es niemandem erzählst.«
    »Aber Paps wird dir helfen. Und mein Bodyguard. Er wird dir auch helfen.«
    »Niemand kann mir helfen«, sagte mein Bruder mit verzweifelter Stimme. »Niemand außer dir.«
    »Hör auf mit dem Drama«, protestierte ich. »Hast du gesehen, wie leicht du mich überwältigt hast? Zack, bumm, aus die Maus. Ich kann gar nichts, okay?«
    »Du musst«, sagte er und sah sich wieder um wie ein gehetztes Tier.
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