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Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben

Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben

Titel: Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben
Autoren: Hanna Dietz
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habe ich Laura nicht alles gezeigt! Und beigebracht. Über Kultur und Anstand und Haltung. Ich war ein Vorbild für sie. Zu mir konnte sie aufschauen! Ich bin jemand! Ich stelle was dar!«
    Ja, die lange Hand des Gendefekts durch Inzucht, waberte es durch mein Hirn. War ja in den europäischen Königshäusern früher total angesagt. »Aber du warst auch mit Naomi zusammen«, fragte ich lallend.
    »Ach, das war doch nur, um es Laura heimzuzahlen. Um ihr zu zeigen, wie das ist. Wie man sich fühlt, wenn sich alle von einem abwenden. Wenn man ausgeschlossen wird.«
    »Aber Naomi hat sofort mit dir Schluss gemacht, als Laura wieder mit ihr zusammen sein wollte.«
    »Ja, das hat sie, diese undankbare Schlampe.« Es war mir nicht klar, wen von beiden sie meinte. Milena schaute abwesend in die Ferne, als ob sie diese Szene der Vergangenheit dort sehen konnte.
    »Laura hat dich also ein zweites Mal verraten«, stellte ich fest.
    »Das kann man so sagen«, sagte Milena.
    »Und die Tätowierung?«, keuchte ich.
    »Ach, diese alberne Geschichte von wegen, die beiden gehören zusammen, blablabla. Total melodramatisch. Niemand wendet sich einfach von mir ab.« Milena begutachtete gelangweilt ihre Fingernägel. »Und da habe ich ihr die Tätowierung verpasst. Dieses lächerliche kleine P, meine Güte. Das Mädchen hatte ja nun wirklich überhaupt keinen Stil. Aber zum Glück kann man ja Tätowiersets überall kaufen.«
    Sie stellte ihre Tasche mit der Pistole auf das Regal, holte einen kleinen silbernen Koffer aus einer Schublade und klappte ihn auf. Darin lagen verschiedene Farbtuben, ein Netzteil und ein dicker Metallstift mit Elektrokabel. Milena betrachtete für einen Moment das Tattoo-Equipment, dann klappte sie die Box zu. »Zu Lauras Glück bin ich ja nun wirklich begabt. Jetzt hat sie ein schönes Tattoo mit in die Ewigkeit genommen.« Sie brachte den Koffer zum Wasser und ließ ihn hineinfallen. Mit einem unheimlichen Blubbern ging er unter.
    »Du hast Laura hierhergebracht?«, fragte ich benebelt.
    »Ich weiß, es ist nicht gerade ein Fünf-Sterne-Haus. Aber wenigstens ist man ungestört. Außerdem ist es von hier nicht weit zu einer uneinsehbaren Stelle am Rheinufer, zu der man mit dem Auto fahren kann.«
    Ich versuchte, die neuen Informationen zu verarbeiten, aber ich konnte kaum noch die Augen aufhalten. Milena stieg die Stufen hoch in den Nebenraum. Dort klapperte sie mit Schranktüren. Ich würde die Augen nur für eine Minute zumachen. Dann ginge es mir bestimmt besser. Ich spürte einen Tritt am Bein. Rike hatte sich in meine Nähe gerobbt und versuchte, mich wach zu halten. Sie deutete mit dem Kopf auf die Tasche, die immer noch auf dem Regal stand. Die Tasche mit der Pistole. Ich musste sie mir holen. Rike trat mich wieder. »Jaja«, nuschelte ich und versuchte, auf die Beine zu kommen. Aber ich wusste leider nicht, welcher mein rechter und welcher mein linker Fuß war. Und da kam auch schon Milena wieder rein. In der Hand eine Flasche dunkelbraune Flüssigkeit.
    »Was hast du vor?«, schaffte ich zu fragen.
    »Tja, liebe Natascha. Wir werden gleich eine Spritztour machen, die du leider nicht überlebst. Und die liebe Rike hier wird ein Bad nehmen. So liebeskranke Verrückte springen ja um diese Jahreszeit dauernd in den Rhein.«
    »Mmmhhh«, machte Rike wieder und versuchte, mit ihren zusammengebundenen Beinen Milena zu treten. Die lachte nur und sprang einen Schritt zurück. Dann näherte sie sich Rike von der Seite, packte ihre Nase und zog sie daran in eine Sitzposition hoch. Dann hielt sie ihr die Nase zu. Da Rike immer noch geknebelt war, bekam sie natürlich keine Luft mehr. Ich wollte ihr helfen, aber meine Muskeln gehorchten mir nicht. Rike fing an zu zappeln. Milena ließ Rikes Nase los und sie sog hektisch Luft ein.
    »Aha«, sagte Milena. »Das Prinzip hast du anscheinend verstanden.« Sie klemmte sich erneut Rikes Nase zwischen die Finger, riss mit der anderen Hand das Klebeband vom Mund, schob das Tuch hoch und setzte ihr die Flasche an die Lippen. Rike blieb nichts anderes übrig als zu schlucken. Nachdem sie ein Drittel der Flasche getrunken hatte, ließ Milena sie los. Rike stöhnte und würgte und ächzte nach Luft. »Und jetzt zu dir«, sagte Milena und kam auf mich zu.
    »Mag keinen Schnaps«, sagte ich.
    »Das ist ein Brandy von 1976«, sagte Milena. »Eine Delikatesse. Sagt mein Opa.«
    »Will nicht«, sagte ich. Milena hockte sich neben mich, nahm meine Nase zwischen ihre Finger und
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