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Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben

Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben

Titel: Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben
Autoren: Hanna Dietz
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Beifahrertür und ließ erst mich, dann Rike aussteigen. Dann drückte sie den Pincode an der Türsicherung und das Tor öffnete sich. »Macht keinen Mist«, sagte Milena und bugsierte uns auf ein weißes Holzgebäude zu. Es entpuppte sich als Bootsgarage, in der eine etwa acht Meter lange Jacht festgemacht war. Hinter der Tür war ein großer Raum, maritim dekoriert mit Rettungsringen, Rudern, Steuerrädern und Bildern von Möwen und Wellen. Rechts ging es zwei Stufen hoch zu einem weiteren Zimmer, links hingen säuberlich aufgereiht verschiedene Werkzeuge über einer Werkbank. Die eine Hälfte des Bodens war aus breiten Holzdielen. Die andere Hälfte war Wasser. Da schwamm regungslos die Jacht. Die großen Flügeltüren der Bootsgarage auf der Rheinseite waren geschlossen. Das Wasser um das Boot war dunkel und ruhig und schwer wie Schlamm. Milena bedeutete uns, uns auf den Holzboden zu setzen. Ich folgte ihrem Befehl, weil mein Kopf jede eigenständige Arbeit verweigerte. Aber Rike drehte durch und wollte abhauen, sie zappelte hin und her, rannte dann auf die Tür zu und versuchte, mit dem Fuß die Klinke runterzudrücken. Milena ging ihr hinterher und trat ihr in die Kniekehle des anderen Beins. Rike heulte auf, als sie krachend zu Boden fiel. Mit schnellen Bewegungen band Milena ihr auch die Beine mit Klebeband zusammen. In meinem Dämmerzustand wurde mir langsam klar, dass ich mal wieder komplett falschgelegen hatte. Rike war nur bescheuert, aber nicht gefährlich. Wer aber wirklich gefährlich war, das war meine Klassenkameradin Milena, die Prinzessin, Fräulein Hochwohlgeboren, die in ihrem seltsamen braunen Tweed-Kostüm so selbstverständlich mit der Walter P38 hantierte, als wäre sie eine kaltblütige russische Agentin mit fürchterlichem Modegeschmack.
    »Was hast du mit Laura gemacht?«, lallte ich.
    »Mmmhhh«, fiepte Rike auf dem Boden. »Mmhhhaaaa.«
    »Du hast sie umgebracht, nicht wahr?«
    »Mann, Natascha«, sagte Milena. »Warum hast du die Sache nicht ruhen lassen? Warum musst du allen hinterherschnüffeln?«
    Ich zuckte benommen mit den Achseln.
    »Wenn du Ruhe gegeben hättest, dann wäre alles in Ordnung gewesen. Dann hätten alle an den Selbstmord geglaubt.«
    »Mnnmmoooo«, machte Rike.
    »Und niemand wäre zu Schaden gekommen«, vollendete Milena ihren Satz.
    »Außer Laura«, ächzte ich. Mittlerweile sah ich alles doppelt, ich versuchte zu erkennen, was Milena gerade machte. Sie legte die Pistole in ihre Handtasche und zog ein Apothekenfläschchen heraus. Sie musterte es, aber es schien unbrauchbar zu sein, denn sie ließ es wieder in die Tasche fallen.
    »Miss Nerz«, keuchte ich. »Sie besorgt die Medikamente, stimmt’s?«
    »Wer?«
    »Deine Cousine mit dem Nerzmantel. Die hat doch eine Apotheke. Die hat dir die Schlafmittel gegeben. Mit denen du auch Laura betäubt hast.«
    »Ach«, sagte Milena und musterte mich amüsiert. »Da habe ich mich also doch nicht getäuscht, dass du das warst im Wellness-Hotel.«
    Irgendwo durch meinen Kopf geisterte ein Wort, das ich versuchte zu erhaschen. Mit einigem Anlauf schaffte ich es: »Dein Alibi!«, rief ich. »Du warst in dem Wellness-Hotel, an dem Tag, als Laura ermordet wurde.«
    »Aber sicher«, sagte Milena und kicherte. »Aber meinen Massagetermin habe ich meiner Cousine abgetreten. Und bin mal eben in die Stadt gedüst.« Sie lachte. »Du hast ja wohl gesehen, wie gut ich fahren kann.«
    Mich überkam das dringende Bedürfnis, die Augen zu schließen und eine Runde zu schlafen. Schade, dass ich keine sauren Erdbeerspaghetti dabeihatte, die mich wach halten konnten. »Ja«, nuschelte ich. »Du hast Laura also betäubt und in den Rhein geschmissen.«
    »Ja, gut«, sagte Milena und hob gleichmütig die Hände, als wäre das unvermeidlich gewesen. »Sie hatte es nicht anders verdient. Sie war so egoistisch. Sie wollte alles für sich. Nur für sich. Sie hat unsere Freundschaft verraten. Sie hatte mir ewige Freundschaft geschworen. Und was war dann? Sie hat sie weggeschmissen. Mir die Gefolgschaft gekündigt.« Milena öffnete den Dutt und schüttelte die Haare, mit hochgerecktem Kinn. Aus ihren dunklen Augen blitzte es. Und ich begann zu ahnen, dass eine lange Reihe von blaublütigen Ahnen vielleicht auch Nachteile mit sich brachte. Zum Beispiel einen gehörigen Dachschaden.
    »Sie hat mich verraten! Und wofür? Für diese dahergelaufene Kreatur. Naomi. Oder Pepe, wie sie sich ja nachher nannte. Phhh. Was für eine erbärmliche Gestalt! Was
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