Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben

Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben

Titel: Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben
Autoren: Hanna Dietz
Vom Netzwerk:
grünen Augen, die Falte auf seiner Stirn, die kleine Narbe unter dem Mundwinkel. Und ein Wort drängte sich tief aus meinem Inneren nach oben. »Danke«, sagte ich. »Danke, dass du mich gerettet hast.«
    Er stutzte. Dann sagte er überrascht: »Gern geschehen.«
    »Und entschuldige bitte, dass ich dich als Nazi beschimpft habe. Es tut mir wirklich leid. Ich hatte nicht richtig nachgedacht und habe einen Riesenfehler gemacht.«
    »Schon vergessen«, sagte er und lächelte.
    Jetzt war es an mir, mich zu wundern. »Aber du hast doch so einen Aufstand gemacht und warst die ganze Zeit total eingeschnappt. Und jetzt ist auf einmal alles vergessen? So einfach?«
    »Klar«, sagte er. »Ich fand einfach nur, dass ich eine Entschuldigung verdient hatte.« Er grinste jetzt wie ein Honigkuchenpferd.
    »Was ist?«, fragte ich ärgerlich.
    »Dass ich das noch erleben darf. Dass du dich entschuldigst. Und bedankst. In einem Atemzug.«
    »Ich kann es auch wieder zurücknehmen.«
    »Kannst du nicht.«
    »Kann ich wohl.«
    »Nein.«
    »Doch. Ich kann und ich werde. Und zwar jetzt, genau in diesem Mome…« Er beugte sich vor und küsste mich. In meinem Kopf explodierte eine Feuerkugel und ließ sprühende Funken in meinem ganzen Körper regnen, mein Herz blieb für eine Sekunde stehen und dann fing es an, in einem neuen Takt zu schlagen. Nach einer halben Minute oder einer Stunde, das wusste ich nicht mehr, lösten wir uns voneinander und sahen uns an. »Aber…«, brachte ich verwirrt hervor, denn mehr gab mein Hirn nicht her.
    »Weißt du«, sagte Enzo lächelnd. »Es gibt eben zwei Wörter, die das Leben ungemein erleichtern.«
    Aha. War ja klar. Auch in so einer Situation hörte er nicht damit auf. Besserwisserei mit Enzo, Lektion 61. »Und die wären?«
    »Danke und Entschuldigung.« Er schaute zufrieden.
    »Weißt du, was?«, entgegnete ich. »Ich kenne aber drei Wörter, die das Leben noch mehr erleichtern.«
    »Ach ja?« Er verdrehte die Augen und schob das Kinn einen Millimeter vor. »Und die wären?«
    »Du. Hast. Recht.«
    Er schmunzelte. »Natascha«, sagte er mit dieser Stimme. Mit dieser dunklen Ich-spann-ein-Band-zwischen-uns-Stimme. »Natascha.« Mir wurde noch etwas wärmer. »Man kann über dich sagen, was man will. Aber mit dir wird das Leben wohl niemals langweilig.«
    »Probier’s aus«, sagte ich. »Ich werde nicht abhauen.« Und ich meinte es ernst. Wir machten uns auf den Weg zurück zur Straße. Er legte den Arm um mich und es war ein Gefühl wie eine kuschelige Decke an einem kalten Wintertag, wie ein warmes Bad, wie eine Tasse heiße Schokolade nach einem Regenspaziergang. Es fühlte sich einfach richtig an. Obwohl es so falsch war.

41
    Enzo brachte mich nach Hause und ich konnte die ganze Fahrt über nicht den Blick von ihm abwenden, so erstaunt war ich über das, was passiert war. Enzo, dachte ich. Es ist Enzo. Ich bin verliebt in Enzo. Er lächelte mir von seinem Fahrersitz immer wieder zu, nahm meine Hand oder streichelte mir über die Wange. Die Suppe in meinem Magen brodelte und strahlte warm bis in meine Zehenspitzen aus. Als wir zu Hause angekommen waren, legte ich ihm noch einmal die Hand auf den Arm, zog sie aber schnell wieder zurück, denn meine Mutter riss die Beifahrertür auf. »Natascha«, rief sie erleichtert, drückte mich an sich und bugsierte mich ins Haus. Es herrschte ein ziemliches Durcheinander. Mein Vater schien um Jahre gealtert, meine Mutter weinte und kochte mir Ingwertee und rief die Hausärztin an. Justus umarmte mich und setzte sich neben mich auf das Sofa. Mein Vater erzählte, dass Justus es gewesen war, der als Erster unruhig geworden war. Weil Merle anstatt Milena aufgetreten war, obwohl ich ihm lang und breit erklärt hatte, warum das eher ungünstig wäre. Da hatte er gedacht, dass da was nicht stimmt. Und er war losgegangen, um mich zu suchen. Aber niemand hatte mich gesehen und keiner wusste, wo ich war. Daraufhin hatte mein Vater Enzo losgeschickt, der mein Handy geortet hatte.
    »Nicht eine Sekunde zu früh, würde ich mal behaupten«, sagte ich und atmete noch einmal tief durch. So etwas würde mir nicht noch einmal passieren. Ich habe zwar eine Menge Fehler, aber ich bin ja nicht lernresistent. Ich lerne aus meinen Fehlern. Und wenn ich jemals wieder in einen Mordfall verwickelt sein würde, dann würde ich es auf jeden Fall besser machen. Und mich nicht mehr so blöde überrumpeln lassen. Also echt. Mörderjagd war ganz schön kompliziert. Und nervenaufreibend.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher