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Gefährliche Freiheit

Gefährliche Freiheit

Titel: Gefährliche Freiheit
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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Seite.«
    »Wenn du das wärst, dann wüsstest du, dass sie kein Festmahl zu bieten haben«, fauchte der Junge. »Sie können froh sein, ein bisschen Getreide zu haben, und nicht mal das wird für den Winter reichen.«
    »Vor allem dann nicht, wenn du es aufisst«, erwiderte Luke und irgendwie klang das wie sein letztes Wort.
    Der Junge räusperte sich nervös. Und dann begann er zu erzählen.

 
8. Kapitel
     
    »Ich hab getan, was Officer Houk mir aufgetragen hat«, erzählte der Junge kleinlaut. »Ich habe an jede Tür geklopft. Als ich zurückkam, um mir die nächste Straße zuweisen zu lassen, sah ich Officer Houk vor der großen Menge stehen und die Pistole auf eine Frau richten. Ich habe ihn irgendwas von Hochverrat rufen hören, dann hat er dir die Pistole in die Hand gedrückt und befohlen, sie zu erschießen. Aber du hast die Waffe fallen lassen und bist weggerannt. Warum hast du nicht getan, was er dir gesagt hat? Warum hast du seinen Befehl nicht befolgt?«
    Jetzt wünschte Luke, er hätte bei ihrem Tauschhandel weniger schwere Geschütze aufgefahren. Warum hatte er sich mit dem Jungen nicht einfach darauf verständigt, ihre Geschichten auszutauschen?
    Doch das war ein gefährlicher Gedanke. Es war zu riskant, irgendetwas von sich preiszugeben.
    »Weil – weil ich nicht fand, dass diese Frau den Tod verdient hatte«, sagte er und wählte seine Worte mit Bedacht.
    »Na und?«, sagte der Junge. »Es sterben viele, die den Tod nicht verdient haben.«
    Luke seufzte und überlegte, wie er es erklären sollte.
    »Ich wollte nicht derjenige sein, der sie erschießt«, sagte er schließlich. Er meinte, den anderen im Dunkeln mit den Schultern zucken zu sehen.
    »Was hat sie überhaupt angestellt?«, fragte der Junge.
    »Sie hat sich geweigert, an der Versammlung teilzunehmen«, erklärte Luke. »Sie meinte, nach allem, was passiert ist, wären ihr die neuen Ausweise egal.« Das Gesicht des anderen war für ihn so gut wie nicht erkennbar, dennoch konnte er den ungläubigen Blick des Jungen förmlich spüren. Luke hatte das Gefühl, der Frau nicht gerecht geworden zu sein, die Würde ihres Widerstands nicht richtig geschildert zu haben. »Sie war sehr mutig«, fügte er hinzu.
    »Das nennst du mutig?«, sagte der Junge. »Für mich klingt das eher nach Dummheit.«
    »Du hast sie nicht gesehen«, erwiderte Luke leise.
    »Ich habe sie vor dem falschen Ende einer Pistole gesehen. Zum Tode verurteilt«, sagte der Junge. »Wenn es das ist, was Mut einem einbringt, dann verzichte ich lieber darauf.«
    Luke musste schlucken. Es war, als befänden sie sich in einer Art Wettstreit und der andere hatte gerade den ersten Punkt gemacht.
    »Aber danach?«, fragte Luke. »Wer hat Officer Houk erschossen?«
    »Genau konnte ich es nicht sehen«, berichtete der Junge. »Nachdem du die Waffe fallen gelassen hast, sind ein paar Leute vorgestürmt. Jemand hat sich die Pistole geschnappt und ich sah, wie sie auf Officer Houk gerichtet wurde. Dann hörte ich Schüsse und Officer Houk fiel um und bewegte sich nicht mehr. Der Fahrer fuhr davon … und ich hab mich versteckt. Ich glaube nicht, dass noch jemand an mich gedacht hat. Niemand hat nach mir gesucht.« Er wirkte fast verzweifelt darüber, vergessen worden zu sein.
    »Und seitdem hast du dich die ganze Zeit versteckt?«, fragte Luke.
    »Ja. Na und?«
    Er selbst hatte auch keine sonderlich dramatischen oder entscheidenden Schritte unternommen, besann sich Luke.
    »Willst du versuchen, ins Hauptquartier zurückzukommen?«, fragte er den Jungen.
    »Was geht dich das an? Hast du Schiss, ich könnte dich melden? Verraten, dass du den Befehl verweigert hast? Oder behaupten, dass du schuld bist am Tod von Officer Houk?«
    »Nein«, erwiderte Luke und merkte, dass dies der Wahrheit entsprach. Aus irgendeinem Grund hatte er keine Angst vor dieser Möglichkeit. Das Hauptquartier erschien ihm jetzt sehr fern und unbedeutend. »Du kennst nicht einmal meinen Namen.«
    »Sie haben notiert, wer mit Officer Houk gefahren ist«, erwiderte der Junge. »Sie werden wissen, dass nicht ich den Befehl verweigert habe. Vielleicht würden sie mir sogar eine Belohnung dafür geben, dass ich dich melde.« Hoffnung lag in seiner Stimme.
    Luke erinnerte sich an einen Mann, der auf einem Klemmbrett Namen notiert hatte, während alle anderen an ihm vorbei zu den Jeeps gerannt waren. Aber es war ohnehin nicht Lukes richtiger Name gewesen; er hatte schon zum zweiten Mal eine falsche Identität angenommen, seit
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