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Gebrauchsanweisung für Südengland

Gebrauchsanweisung für Südengland

Titel: Gebrauchsanweisung für Südengland
Autoren: Elke Kößling
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unbedingt auf einem Friedhof beerdigt werden. Im Falle der Erdbestattung auf privatem Boden sollte man nur das Einverständnis des Grundstückeigentümers haben und mit der örtlichen Umweltbehörde sprechen. Die Bestattung sollte auf irgendeine Weise dokumentiert werden – diese Unterlagen sollten, so rät die Verbraucherzentrale Office for Fair Trading, in der Nähe von anderen wichtigen Grundstückspapieren aufbewahrt werden. Ist der Leichnam erst einmal beerdigt, darf er allerdings nicht mehr ohne das Einverständnis des Home Office (Innenministeriums) wieder ausgegraben werden.
    Im Prinzip können die Hinterbliebenen auch mit der Asche machen, was sie wollen oder was der Verstorbene verfügt hat. Henry Pulling, zum Beispiel, Hauptperson in Graham Greenes Roman »Die Reisen mit meiner Tante« stellt die Urne mit der Asche seiner Mutter auf eine schöne Säulenplatte mitten zwischen seine Dahlienzucht. Der Autor Graham Swift hat dem letzten Wunsch eines Verstorbenen einen ganzen Roman, »Letzte Runde«, gewidmet: Jack Dodd hatte sich gewünscht, daß seine Freunde einen Ausflug nach Margate machen, um von der Landungsbrücke aus die Asche ins Meer zu verstreuen. Ohne Trauerfeier und großes Brimborium.
    Das ist im richtigen Leben wie in der Literatur: Der Ethnologe Nigel Barley zitiert in seinem Buch »Traurige Insulaner« ein Gespräch mit dem undertaker (Bestattungsunternehmer) Don Moar. Dieser berichtet, daß die meisten Hinterbliebenen die Asche im sogenannten »Garten der Erinnerung« des Krematoriums verstreuen lassen. Andere stellen sie in modernen Urnen auf den Kaminsims oder tragen sie zum Cricketfeld, Fußballplatz oder an andere Lieblingsplätze des Verstorbenen. Es sei aber auch schon vorgekommen, daß jemand für die Asche zwölf Streichholzschachteln mitgebracht habe, um sie an Familienangehörige zu verteilen. Douglas Peacock, ein lieber alter Bekannter, hat seine Asche um eine Bank streuen lassen, die er oberhalb von St. Audreys Bay in den Quantocks in Gedenken an seine bereits lange vor ihm verstorbene Frau Audrey hatte aufstellen lassen. Hier hatten die Beiden einst glückliche Zeiten verlebt – was sollten seine Überreste auf einem Friedhof, wo seine Kinder zur Grabpflege verpflichtet waren. Die englischen Gräber bieten ohnehin einen bescheideneren Anblick als die bei uns: Meistens stehen nur windschiefe Gedenksteine und Kreuze auf einer Wiese, in der im Frühling Osterglocken, Wiesenschaumkraut und wilde Primeln für Farbtupfer sorgen. Die Gräber selbst sind in der Regel unbepflanzt.
    Ab Ende Oktober, Anfang November sprießt auf einmal blutroter Pappmohn auf den Gräbern und an den Revers der Menschen: Red poppies (roter Mohn) aus dickem Papier erinnern an die Gefallenen der Kriege und gedenken aller Verstorbenen. Am 11. November ist Remembrance Day, der zurückgeht auf den 11. November 1918, als um 11 Uhr der Waffenstillstand den Ersten Weltkrieg beendete.
    Noch heute beginnen die Gedenkfeiern dieses Tages, der bis 1945 Armistice Day (Waffenstillstandstag) hieß und unter dem Motto »Lest we forget« (damit wir nicht vergessen) steht, um 11 Uhr mit den Worten »We have come together on the 11th day of the 11th month in the 11th hour«.
    Der rote Mohn ist ein Sinnbild für die Felder in Flandern, wo tausende Soldaten im Stellungskrieg ihr Leben verloren. Verewigt wurden diese durch die Blumen und das Blut der Gefallenen tiefrote Landschaft bereits im Mai 1915 durch Oberstleutnant John McCrae vom Royal Canadian Army Medical Corps, der als Arzt an der Front bei Ieper in Belgien im Einsatz war, durch das Gedicht »In Flanders Fields«. Er widmete es den gefallenen Kameraden:
     
     
In Flanders fields the poppies grow
Between the crosses, row on row
That mark our place; and in the sky
the larks, still bravely singing, fly
Scarce heard amid the guns below. [ … ]
     
     
In den Feldern Flanderns wächst der Mohn
zwischen den Kreuzen, Reih’ um Reih’, die unseren Platz markieren; und hoch am Firmament
die Lerchen, mutig singend, fliegen, kaum gehört im Lärm der Gewehre. [ … ]
     
     
     
     
    Poppies wurden in England erstmals am 11. November 1921 von Mitgliedern der Royal British Legion verkauft, um mit dem Erlös den Kriegsheimkehrern zu helfen. Noch heute hat jeder Ort in England eine Royal British Legion. Das ist ein Verein für ehemalige Soldaten und ihre Angehörigen, der abends auch als Pub fungiert. Hier wird Bingo gespielt und Geld gesammelt. Denn noch immer gibt es in England
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