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Gebrauchsanweisung fuer Amerika

Gebrauchsanweisung fuer Amerika

Titel: Gebrauchsanweisung fuer Amerika
Autoren: Watzlawick Paul
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dem Maßstab der Karte suchen, und nur, wenn sie besonderes Glück haben, entdecken Sie vielleicht einen kleinen Randvermerk, wie »1 inch equals approx. 17 1/2 miles«. Den einfachen Zentimeter, der, je nach Maßstab der Karte, einem oder zehn Kilometern entspricht, haben Sie in Europa zurückgelassen. Dasselbe gilt für den Reifendruck: Er wird mit pounds per square inch (Pfund pro Quadratzoll) angegeben, und jeder Versuch, dies mit unseren Atmosphären in Bezug zu bringen, ist meines Erachtens verlorene Mühe. 

Amerika hinter dem Steuerrad
    Ja, und damit sind wir fast unversehens schon beim wichtigen Thema Auto. Mit der Soziologie des Autos, seiner Bedeutung als Statussymbol und dergleichen, will ich Sie nicht langweilen. Aber meine Gebrauchsanweisung für Amerika wäre noch unvollständiger, als sie es unvermeidlicherweise ohnedies ist, wenn ich zu diesem Thema nicht mit allem Nachdruck darauf verweisen würde: Der Durchschnittsamerikaner ist der vernünftigste, höflichste und hilfsbereiteste Fahrer, den man sich denken kann, und seine Straßen, vor allem die Durchgangsstraßen, sind vorbildlich. (Diese Tugenden erklären, weshalb der amerikanische Tourist im europäischen Fahrer prinzipiell einen Kamikaze-Piloten und in den europäischen Straßen raffinierte Todesfallen sieht.) Natürlich gibt es auch hier Ausnahmen, vor allem Trunkenheit und Drogeneinfluß, doch ändert dies nichts an der eben erwähnten Haltung der überwiegenden Mehrheit der Verkehrsteilnehmer. Sie werden sich im Gegenteil eher die Haare ausraufen, wenn der Fahrer vor Ihnen »zur Vorsicht« auch bei »Grün« fast stehenbleibt oder vor einem Fußgängerzebra zu einem scharfen Halt kommt, weil es den Anschein hat, daß jemand in den nächsten zehn Sekunden möglicherweise die Straße überqueren wollen wird. Umgekehrt werden Sie aber auch bemerken, daß der amerikanische Fahrer, der weniger Angst als der Europäer um seine Reifen und Bremsen hat, dazu neigt, auf ein Rotlicht zuzupreschen, an dem schon eine Reihe von Wagen wartet, und daß er recht unmutig wird, wenn Sie Ihren Wagen langsam auslaufen lassen und sanft abbremsen.
    Verkehrsregeln sind meist Vernunftsregeln, und die amerikanischen Verkehrsgesetze sind da keine Ausnahme. Die Mehrzahl der Ihnen aus Europa bekannten Vorschriften gilt auch in den meisten amerik anischen Bundesstaaten. Sie sehen, ich drücke mich etwas vorsichtig aus, denn ganz stimmt dies leider nicht, und zu einem einheitlichen Straßenverkehrsgesetz (und vollkommen einheitlichen Verkehrsschildern) haben sich die Amerikaner noch nicht durchgerungen. Es gibt da Unterschiede von einem Staat zum andern, die unter Umständen folgenschwer sein können – so zum Beispiel in Hinblick auf das Vorfahrtsrecht bei Einfahrt in den Kreisverkehr und beim Linksabbiegen. Prinzipiell haben doppelte, ununterbrochene (meist gelbe) Mittellinien dieselbe Bedeutung wie einfache Linien dieser Art in Europa: Ihr Überfahren ist verboten, es sei denn beim Einbiegen in (bzw. beim Herausfahren aus) Hauseinfahrten. Die meisten Verkehrszeichen enthalten schriftliche Anweisungen (zum Beispiel »slow – school« oder »no left turn«}, und die internationalen, auf bildlichen Darstellungen beruhenden Zeichen werden erst langsam eingeführt. Ebenso ist die Vorfahrtsregel für den von rechts kommenden Verkehr zwar Gesetz, hat aber auch nicht annähernd dieselbe Bedeutung wie in Europa und scheint vielen Fahrern unbekannt, da fast jede wichtigere Kreuzung ohnedies irgendwie abgesichert ist; nämlich entweder durch Ampeln (die auch in Amerika in zunehmendem Maße durch in den Straßenbelag eingebettete Fühler reguliert werden) oder durch Millionen von Stopzeichen. Diese für europäische Begriffe schikanösen Stops werden Sie auch dort finden, wo die Querstraße auf Hunderte von Metern in beiden Richtungen übersichtlich ist, und besonders die lokalen Behörden machen kein Hehl aus der Tatsache, daß sie diese Tafeln zur absichtlichen Verlangsamung des Verkehrs in Siedlungsbereichen verwenden. Vorfahrtszeichen gibt es theoretisch zwar auch, doch sieht man sie fast nirgends.
    Die zulässige Höchstgeschwindigkeit ist 65 mph (miles per hour). Für Großraumfahrzeuge ist sie häufig 55 mph und ist auf die rechte Fahrbahn beschränkt. Die linke Fahrbahn findet man oft als »car pool lane« ausgeschildert, was bedeutet, daß in dieser Fahrbahn nur Wagen mit zwei oder mehr Insassen fahren dürfen.
    Sollten Sie in Kalifornien chauffieren, kann ich Ihnen
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