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Gebannt - Unter Fremdem Himmel

Gebannt - Unter Fremdem Himmel

Titel: Gebannt - Unter Fremdem Himmel
Autoren: Veronica Rossi
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Ich glaube, sie ist krank.«
    Rose lachte. Sie stand mit Aria und Marron am Tor und ließ eine Hand auf ihrem kugelrunden Bauch ruhen. Ihr Kind konnte nun jeden Tag zur Welt kommen. Aria hoffte, dass sie bei der Geburt noch hier sein würde.
    Roar verschränkte die Arme. »Glaubst du wirklich, er wird früher oder später nicht doch erfahren, dass du hier bist?«
    »Na ja, du musst es ihm ja nicht gerade auf die Nase binden.«
    »Wenn er fragt, werde ich ihn nicht anlügen. Es würde ja doch nichts bringen, wenn ich es täte.«
    Aria seufzte. Sie hatte schon seit Wochen über diesen Moment nachgedacht und wusste noch immer nicht, was sie tun sollte. Sie kannte Perrys Ängste. Sie war keine Witterin. Sie unterschied sich in nichts von Rose oder diesem anderen Mädchen in seinem Stamm. Möglicherweise war er längst wieder mit ihr zusammen. Allein der Gedanke daran versetzte ihr einen Stich ins Herz.
    »Roar!«, knurrte Cinder, der am Tor wartete.
    Roar lächelte. »Ich gehe dann mal lieber, bevor er wütend wird.«
    Aria umarmte ihn. Da seine Stirn ihre Wange berührte, schickte sie ihm mittels ihrer Gedanken eine geheime Nachricht. Du wirst mir fehlen, Roar.
    »Du mir auch, Halbblut«, flüsterte er so leise, dass nur sie es hören konnte. Dann zwinkerte er ihr zu und schlenderte zum Tor.
    Plötzlich nahm Aria aus den Augenwinkeln die Wildblumen an der Mauer wahr. »Warte mal, Roar!«
    Roar drehte sich um. »Ja?«, fragte er und zog erstaunt eine Augenbraue hoch.
    Aria rannte zur Mauer und suchte nach einer bestimmten Blume. Schließlich fand sie die gesuchte Blüte und pflückte sie. Sie nahm ihren Duft in sich auf und stellte sich vor, Perry ginge an ihrer Seite, den Bogen auf dem Rücken, und schaute sie mit seinem schiefen Grinsen an.
    Rasch lief sie zu Roar und überreichte ihm die Blume. »Ich habe meine Meinung geändert«, sagte sie. »Gib ihm die hier.«
    Verwirrt blickte Roar von ihr zu der Blüte. »Ich dachte, du magst Rosen. Was ist das?«
    »Ein Veilchen.«
    Zwei Wochen später kauerte Aria vor einem Feuer und drehte ein Kaninchen über einem Holzspieß. Zwar konnte sie jenseits des warmen Lichtscheins der Flammen nicht viel erkennen, aber ihre Ohren verrieten ihr, dass sie in diesem Wald, in dem nur kleine Tiere durchs Unterholz huschten, sicher war.
    Sie hatte Marron schon einige Tage früher als ursprünglich geplant verlassen. Sie vermisste Roar weit mehr, als sie gedacht hatte. Sie vermisste sogar Cinders mürrische Art. Sie ertrug es nicht, ohne die beiden noch länger hierzubleiben, und darum packte sie ihr Bündel, verabschiedete sich tränenreich von Marron und machte sich allein auf den Weg.
    Während sie dem Brutzeln des Fleisches lauschte, erinnerte sie sich an die Nacht, in der sie zum ersten Mal echtes Feuer gesehen hatte. Wie erschreckend und aufregend ihr die Flammen damals in Ag 6 erschienen waren. Und daran hatte sich im Grunde nichts geändert – sie empfand noch immer so. Sie hatte gesehen, wie der Äther ganze Teile ­ihrer Welt in Schutt und Asche gelegt hatte. Sie hatte gesehen, wie Flammen die Haut auf dem Rücken einer breiten Hand in ein knotiges Narbengebirge verwandelt hatten. Aller­dings liebte sie das Feuer inzwischen auch und ließ jeden Tag auf diese Weise ausklingen, wärmte sich die Hände an seiner Glut und hing dem süßen Schmerz ihrer Erinnerungen nach.
    Plötzlich hörte Aria zwischen den nächtlichen Geräuschen Schritte – weit entfernt und leise, doch sie erkannte sie sofort.
    Sie stürmte in die Dunkelheit hinein, ließ sich von ihren Ohren leiten. Sie folgte dem Knirschen, das seine Schritte auf Steinen und kleinen Zweigen verursachten und das immer schneller und lauter wurde, bis er irgendwann trabte und schließlich rannte. Sie jagte auf die Geräusche zu, bis sie nur noch seinen Herzschlag und dann seinen Atem und seine Stimme hörte, direkt an ihrem Ohr. Und in Tönen, die so warm waren wie Feuer, sagte er ihr genau die Worte, die sie hören wollte.

Veronica Rossi , in Rio de Janeiro/Brasilien geboren, zog in ihrer Kindheit oft um und lebte in Mexiko, Venezuela, an der Ostküste der USA und schließlich in Kalifornien. Hier besuchte sie die Universität und studierte Schöne Künste am Californian College of the Arts in San Francisco. Heute lebt sie mit ihrer Familie im Norden Kaliforniens und arbeitet als freie Autorin. Sie schreibt vor allem futuristische Romane für junge Erwachsene. Erste Ehren erwarb sie mit bisher unveröffentlichten
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