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Garou

Garou

Titel: Garou
Autoren: Leonie Swann
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duscht, ist nicht normal.«
    »Du hast immer ein komisches Gefühl«, sagte Rebecca.
    »Und? Hatte ich vielleicht nicht Recht? Dieser Hirt! Und dieser schreckliche Eric!«
    »Ich ... ich kann ihn irgendwie verstehen«, murmelte Rebecca. »Natürlich nicht das, was er getan hat, aber... ich war eine Nacht in diesem furchtbaren Zimmer. Und er war da ein halbes Jahr und hat jede Nacht zu diesem Wolf hinaufgestarrt. Und das während eines Drogenentzugs. Und wer weiß, was ihm dieser kranke alte Nervenarzt so alles erzählt hat. Der hat ihm doch ganz bewusst... und Erics Wappentier war auch noch ein Wolf. Der Alte hat das wahrscheinlich für einen wahnsinnig guten Witz gehalten. Dort oben ist alles so blass und starr, weißt du, und man bekommt so einen Hunger nach Farbe und Bewegung.«
    »Er hätte wenigstens die Menschen in Frieden lassen sollen«, sagte Mama und schnippte ihren Zigarettenstummel in den Schnee. »Und die Schafe«, fügte sie dann gönnerhaft hinzu.
    »Der Polizeipsychologe sagt, er hat wahrscheinlich versucht, sich auf Rehe zu beschränken. Aber nach den Jagden konnte er keine Rehe betäuben, weil die viel zu scheu waren, drum...« Rebecca brach ab. »Ich hoffe, der Polizeipsychologe lässt mich jetzt in Frieden. Ich möchte eigentlich nur weg von hier und die ganze Sache vergessen.«
    »Unsinn«, sagte Mama und zündete sich eine zweite Zigarette an. »Du solltest ein Buch schreiben. Oder wenigstens ein Interview geben. >Im Rachen des Werwolfs< oder so. Glaub mir, das zieht.«
    »Aber eingesperrt hat mich doch der Ziegenhirt.«
    »Details.« Mama wedelte geringschätzig mit der Zigarette. »Dann gibst du später eben noch ein zweites Interview, >In den Fängen des Werwolfsrächers<. Was meinst du? Wie haben sie den eigentlich erwischt?«
    »Er hat sich selbst gestellt und alles gestanden. Seit er weiß, dass der Garou tot ist, ist das ein vollkommen anderer Mensch. Er hat sich sogar bei mir entschuldigt, weil er mir eine übergezogen hat.«
    »Das verzeih ich ihm«, sagte Mama.
    »Du?«, fragte Rebecca.
    »Das und Yves obendrein«, sagte Mama. »Seine Frau und sein Kind, stell dir das vor. Ich sage dir, wenn dir etwas passiert wäre, säße ich jetzt auch mit Silberkugeln bewaffnet im Wald.«
    »Tess«, sagte Rebecca nach einer Weile. »Tess verzeihe ich ihm nicht so einfach.«
    »Das war auch er?«
    Rebecca nickte. »Damit sie seine Werwolfsfalle nicht stört. Eric hätte Tess nie etwas getan. Er mochte sie so sehr. Komisch, nicht?«
    »Komisch«, sagte Mama und stand auf. »Ich geh rein. Mir ist kalt.«
    Und als Rebecca nicht hinsah, schnippte sie auch ihre zweite Zigarette in den Schnee.
     
    Das Schloss schrumpfte wie Schnee in der Sonne, nur schneller, und die Schafe sahen ihm aus dem Hinterteil des Autos dabei zu. Der Abschied von dem roten Apfel im Obstgarten war ihnen überraschend schwergefallen. Aber eigentlich waren sie froh, dass es weiterging. Vielleicht würden sie jetzt doch noch Georges Europa entdecken, das Europa der Apfelbäume, der grünen Wiesen und der langen Brote! Ein Europa ohne Wölfe und Ziegen jedenfalls!
    »Da ist Madouc!«, sagte Heide plötzlich.
    Und tatsächlich: eine kleine schwarze Ziege rannte hinter ihrem Auto her. Rannte wie verrückt.
    »Ich glaube, sie will mit«, sagte Cloud.
    Die Schafe sahen sich einen Moment lang schweigend an, dann löste Lane mit ihrer geschickten Schnauze die Klappe am Hinterteil des Autos.
    Die Klappe schleifte. Das Auto wurde langsamer.
    Madouc rannte schneller.
    Schließlich schaffte sie es und landete mit einem bewundernswert weiten Ziegensprung zwischen den Schafen. Die Schafe guckten ein wenig verlegen.
    »Ich glaube, das ist ein Schaf!«, blökte Sir Ritchfield plötzlich.
    »Ein Schaf! Ein Schaf!«, blökten auch die anderen erleichtert. Wenn Madouc ein Schaf war, würde ihr Leben in Zukunft um einiges leichter sein!
    »Keine Sorge«, raunte Heathcliff Madouc ins Ohr. »Es ist nicht so schwer, ein Schaf zu sein. Ich zeige dir, wie es geht!«
    »Wir sind jetzt ein Schaf«, sagte Madouc zu der kleinen schwarzen Ziege, die immer dabei war. Die kleine schwarze Ziege sah stolz aus.
    Das Auto hielt an, und der haarige Fahrer kam nach hinten und klappte das Hinterteil des Autos wieder zu.
    Die Schafe äugten neugierig nach draußen, in den Wald hinein.
    »Guckt mal!«, sagte Ramses.
    Die Schafe guckten. Wenn Ramses etwas sagte, hörten sie ihm jetzt immer sehr genau zu.
    »Was ist?«, fragte Heide, aber dann sah sie es auch. Alle Schafe
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