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Garou

Garou

Titel: Garou
Autoren: Leonie Swann
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geheult und geheult.
    Dann hatten die Mützenmänner Dinge in Erics Haus gefunden. Vor allem Bilder, schön und künstlerisch und mit viel Rot, aber auch Schlafpulver und Tagebücher, den Wolfhund und Vidocq, die sich angefreundet hatten. Hortense hatte mit dem Heulen wieder aufgehört und versprochen, sich um die beiden Hunde zu kümmern.
    Kurz darauf hatten die Mützenmänner auch noch den Ziegenhirten mitgenommen. Der Ziegenhirt hatte dabei ausgesprochen glücklich ausgesehen. Die Ziegen wurden von nun an von der Fronsac gefüttert, und sie kamen nicht schlecht weg dabei.
    Mama hatte dem kleineren der beiden Jungmenschen und seinem Rüsseltier die Karten gelegt, ganz ohne Teufel, mit Gerechtigkeit und Mäßigung.
    Es waren stressige Tage für die Schafe gewesen, ohne Fernsehen und Vorlesen, aber jetzt stand die Abreise kurz bevor.
    Diesmal ging es auf einen Pferdegnadenhof. Die Schafe waren gespannt.
     
    Die große Schere schnappte in die Luft wie eine aggressive Krähe, und die Schafe schauderten.
    »Okay«, sagte Rebecca. »Dann wollen wir mal!«
    Gemeinsam mit Zach und Mama hatte sie den Ungeschorenen in den Pferch getrieben, und nun ging es ihm an die Wolle. Schur! Mitten im Winter! Der Tierarzt war auch da.
    Nur ein bisschen, hatte Rebecca den Schafen versprochen, damit er wieder aus den Augen sehen konnte. Hufe schneiden. Augentropfen. Kalziumtablette. Wurmkur. Das volle Programm.
    Aber erst einmal mussten sie ihn kriegen. Der Ungeschorene war nicht der Schnellste, aber er war ein geübter Ducker, Wender und Haken-Schlager. Und er war stark. Rebecca schnaufte. Zach verlor seine Sonnenbrille und blinzelte.
    Die Schafe standen draußen am Zaun und gaben gute Ratschläge.
    »Nicht in die Ecke!«, blökte Cloud. »Ein bisschen nach links!«, blökte Heide. »Mehr nach rechts!«, blökte Maude. »Vorsicht, hinter dir!«, blökte Heathcliff. »Vorwärts!«, blökte Sir Ritchfield.
    Der Ungeschorene blieb stehen und guckte verwirrt. Zach sprang und erwischte ihn an den Hinterbeinen.
    »Am besten, du hältst jetzt einfach still und wartest, bis alles vorbei ist!«, erklärte Lane. Es war einer jener guten Ratschläge, die jeder gerne zum Besten gab und die nie jemand befolgte.
    Die Schere klapperte, und viel verfilzte Wolle fiel zu Boden.
    Kräftige Schafsbeine kamen zum Vorschein und breite, zersplitterte Hufe. Rebecca stöhnte, als sie die Hufe sah. Mehr Wolle fiel: ein Rücken, ein Hals, ein Schafskopf. Wachsame Schafsohren. Selbst die größten Skeptiker mussten nun zugeben, dass der Ungeschorene - der Halbgeschorene? - eindeutig ein Schaf war, ein kräftiger Widder mit runden, bernsteinfarbenen Hörnern und verträumten Augen. Er kickte ein bisschen und blökte ein bisschen, aber im Großen und Ganzen ließ er die Sache mit Würde über sich ergehen. Ganz im Gegensatz zu Rebecca. Sie hatten ihre Schäferin noch nie ein Schaf scheren sehen - wahrscheinlich, weil sie noch nie in ihrem Leben ein Schaf geschoren hatte. Sie fluchte und schnaufte, verlor ihre Brotmütze und schnitt Zach fast ein Ohr ab.
    Anschließend gab es auf der Weide beinahe zwei neue Schafe: den Fremden - und Zach, dessen schwarzer Anzug so sehr mit weißen Wollzusseln übersät war, dass er einem Schaf zum Verwechseln ähnlich sah. Der Frischgeschorene selbst sah ein bisschen wie eine Wolke aus - eine von den eher unregelmäßigen -, und schon bald machte das Gerücht die Runde, dass es sich vielleicht um ein Wolkenschaf handeln könnte.
    »Das wäre geschafft!«, sagte Rebecca zufrieden.
    Mama sagte nichts und zupfte sich mit spitzen Fingern Wollfäden von der Jacke.
    »Ich brauche eine Maniküre«, seufzte sie.
    Rebecca grinste und klickte drohend mit der Hufschneideschere.
     
    Anschließend saßen die beiden Frauen rauchend auf den Stufen des Schäferwagens und sahen dem Schnee beim Tauen zu. Schweigend.
    »Den Mafioso haben sie noch immer nicht«, sagte Rebecca schließlich. »Er muss wichtig sein. International. Maurice sollte ihm nach einer Schießerei ein neues Gesicht geben, und anschließend musste er natürlich selbst dran glauben - damit niemand das neue Gesicht beschreiben konnte. Das hätte ich ihm vorher sagen können. Wie konnte er sich nur auf so was einlassen?«
    »Gier«, sagte Mama und blies Rauch in die Luft.
    »Schulden.« Rebecca seufzte. »Kannst du glauben, dass diese komischen Wintergäste wirklich Auftragskiller waren? Die sahen so harmlos aus!«
    »Ich hatte gleich ein komisches Gefühl«, sagte Mama. »Wer so viel
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