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Garou

Garou

Titel: Garou
Autoren: Leonie Swann
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Fenster, und drehte Zach den Rücken zu. Es war das Anstrengendste, was sie je in ihrem Leben getan hatte.
    »Ein schöner Ausblick!« Wie ruhig ihre Stimme klang! Rebecca fühlte auf einmal, wie verzweifelt sie war.
    Zach nickte und trat neben sie ans Fenster.
    »Das war mein Zimmer. Früher, als ich noch in der Ausbildung war. Mein erstes Zimmer. Ich komme manchmal hierher zurück. Bist du auch in der Ausbildung, Rebecca?«
    »Nein«, sagte Rebecca und hoffte, dass es die richtige Antwort war.
    »Gut.« Zach nickte zufrieden. »Die Ausbildung ist hart. Du solltest nicht hier sein, Rebecca. Hast du den Wolf an der Decke gesehen?«
    Rebecca sah, wie draußen der Horizont rosig wurde.
    »Es ist nur ein Bild«, sagte Zach beruhigend. »Egal, was Eric sagt. Viele Dinge, die man sieht, sind nur Bilder. Wichtig ist, die Dinge hinter den Bildern zu sehen, hat der Alte gesagt. Das macht einen guten Agenten aus.«
    Rebecca hielt es nicht mehr aus. »Kann ich... gehen?«, fragte sie und war geschockt davon, wie sehr ihre Stimme zitterte.
    »Natürlich«, sagte Zach. »Wenn du nicht in der Ausbildung bist, ist das kein Problem. Du solltest sogar gehen.« Er lächelte. Ein echtes Zach-Lächeln.
    Rebecca verstand auf einmal, dass Zach weiterhin nur Zach war.
    Kein Wolf Kein Monster.
    Ein freundlicher Kerl, der in einer Geschichte lebte. Einer Agentengeschichte. Schräg und komisch, aber auch klug und mutig und rührend. Er hatte sie nicht hier eingeschlossen. Er hatte sie nur gefunden. Rebecca hatte auf einmal sehr viel Respekt vor Zach. Für jemanden, der viel Zeit im dritten Stock verbracht hatte, war er geradezu erschreckend stabil.
    Das brachte sie auf einen Gedanken.
    »War noch jemand hier in der Ausbildung?«, fragte sie. »Nach dir? In diesem Zimmer? Jemand von hier?«
    Zach nickte. »Der Alte hat immer gesagt, dass er der Beste war. Sein interessantester Fall. Wahrscheinlich waren wir alle ein wenig eifersüchtig.«
    »Wer?«
    »Der Sohn des früheren Schlossbesitzers. Alter Adel, hat der Alte gesagt, und... anfällig. Er hatte damals versucht, sich umzubringen, wegen irgendeiner Dummheit mit Drogen, und dann kam er hierher in Behandlung. Wie gerufen, sagte der Alte.«
    »Eric?«, fragte Rebecca.
    Zach nickte.
    »Wir sollten gehen. Ich bring dich zurück, ja?«
    Zach hielt ihr höflich die Tür auf, und Rebecca stürzte nach draußen. Der dunkle staubige Gang, in den sie trat, war einer der schönsten Orte, die sie je gesehen hatte.
    »Da entlang?« Sie musste sich beeilen. Da unten waren ihre Schafe und ihre Mutter, und sie wussten von nichts.
    »Kann ich dich etwas fragen?«, fragte Rebecca, als sie eine steile Wendeltreppe hinabstiegen, langsam, weil sich ihr der Kopf drehte. Ihr Kopf tat weh. Irgendjemand musste ihr auf den Kopf gehauen haben.
    »Natürlich, Rebecca.«
    »Was war vorher? Vor deiner Ausbildung?«
    Ein verlorener Ausdruck trat in Zachs Augen. »Vorher? Ich weiß nicht. Man sagt, ich kam aus einer guten Familie.«
    Zach sah Rebecca Hilfe suchend an.
     
    Die Schafe waren früh auf den Beinen - fast vor dem ersten Licht. Sie hatten wenig geschlafen. Der Mond hatte sie nicht schlafen lassen. Der Mond - und das Heulen. Jetzt war alles still.
    Das Schloss, der Hof, der Schäferwagen. Die grünen Männer waren längst verschwunden, von Mama war nichts zu sehen. Trotzdem war schon Futter im Trog, nicht das übliche Kraftfutter, aber schmackhaftes Getreide - vielleicht einen Hauch zu bitter.
    Die Schafe kauten verschlafen darauf herum, bis plötzlich Madouc zu ihnen in den Trog sprang und nach ihren Nasen kickte.
    »Fresst das nicht! Fresst das bloß nicht!«, meckerte sie. Die Schafe sahen die kleine Ziege empört an. »Warum denn nicht?«, blökte Heide.
    »Das ist unser Trog«, sagte Maude, die morgens meistens schlechte Laune hatte. »Verschwinde!«
    »Aber es riecht wie das Pulver!«, meckerte Madouc. »In der Hütte! Mit den Ratten! Schlafende Ratten! Schlafende Rehe! Schlafende Schafe! Das Werwolfspulver - versteht ihr nicht?«
    »Es riecht ein bisschen bitter«, gab Maude zu.
    Lane blickte hinunter auf Madouc, die noch immer den leuchtenden Hut trug. Den Hut, der sie beide gerettet hatte. »Ich glaube ihr!«, sagte sie.
    Die Schafe hörten auf zu fressen, und Madouc erzählte von der Hütte im Wald, von dem Futter auf dem Tisch und von dem Pulver, von den Ratten und dem bitteren Geruch.
    »Ich bin mir ganz sicher, dass das der Grund war, warum die Ratten geschlafen haben. Und warum Mopple ein
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